Die Braut des Scheichs
dass sie, Xenia, ihr buchstäblich jeden Anzug aus dem Laden vorführte, bevor sie diesen für perfekt erklärte. Für Xenia war der Hosenanzug unauflöslich mit dieser fröhlichen Erinnerung an ihre geliebte Mutter verbunden, und manchmal hätte sie schwören können, sogar noch das für ihre Mutter typische, schwere orientalische Parfüm daran zu riechen.
Jetzt blinzelte sie gegen Tränen an. Mochte ihre Mutter jetzt auch nicht bei ihr sein, so hatte sie, Xenia, doch das Gefühl, dass sie im Geist an ihrer Seite sein würde, wenn sie, bekleidet mit diesem Hosenanzug, dem Mann gegenübertreten würde, der ihrer Mutter so viel Leid bereitet hatte.
Fertig umgezogen und dezent geschminkt, fuhr sie schließlich um kurz vor halb fünf hinunter ins Foyer. Einige bewundernde Blicke folgten ihr, als sie gemessenen Schritts dem Ausgang zustrebte. Wieder einmal führte ein roter Teppich zu mehreren schwarzen Limousinen, die mit wehenden Standarten vor dem Eingangsportal des Hotels bereitstanden. Doch Xenia hatte keine Zeit, sie genauer zu betrachten, denn schon fuhr eine große Limousine für sie vor. Die Beifahrertür flog auf, und ihr Cousin Saud sprang jungenhaft lächelnd heraus. Als Xenia ihn umarmte, bemerkte sie aus dem Augenwinkel, wie sich die Chauffeure der schwarzen Limousinen plötzlich regten und aus dem Privateingang des Hotels einige Herren kamen, die mit den traditionellen fließenden Roben bekleidet waren. Und Saud packte sie plötzlich am Arm und sagte aufgeregt: „Da … das ist Rashid mit seinem Großonkel!“
„Wie? Wo?“ Mit pochendem Herzen spähte Xenia in die angegebene Richtung, doch da stieg bereits der letzte der weiß gewandeten Herren in eine der schwarzen Limousinen ein.
„Hast du ihn inzwischen kennen gelernt?“ erkundigte sich Saud, als die dunklen Limousinen davonfuhren. „Er ist cool, stimmt’s?“
Xenia nahm sich zusammen. Wie es aussah, betete ihr kleiner Cousin ihren ausgesuchten Bräutigam in spe förmlich an. „Nein, ich hatte noch nicht das Vergnügen“, antwortete sie und stieg in den Wagen ein. Als der Chauffeur mit Saud und ihr losfuhr, kam ihr plötzlich ein Gedanke. „Dann trug Rashid eben auch das traditionelle Gewand?“
„Ja, richtig“, bestätigte Saud.
„Trotz seiner westlichen Erziehung?“
„Ja.“ Saud nickte lächelnd und fügte dann erklärend hinzu: „Rashids Vater und dieser Großonkel – der übrigens ein Mitglied der königlichen Familie ist – standen sich sehr nahe. Und nach dem Tod der Eltern, die bei einem Flugzeugabsturz in der Wüste ums Leben kamen, hat sich der Großonkel Rashids angenommen und ihn gefördert. Das war noch vor meiner Geburt, und Rashid war selber noch sehr jung, aber ich habe gehört, wie mein Vater und Großvater sich darüber unterhalten haben. Rashid war damals in England im Internat, aber sein Großonkel hat ihn wie einen eigenen Sohn in seiner Familie aufgenommen. Es ist eine große Ehre für unsere Familie, dass dieser Großonkel als Mitglied des Königshauses Rashids Heirat mit dir befürwortet. Und es ist gut, dass du ein eher zurückhaltender Mensch bist, liebe Cousine. Ich halte gar nichts davon, wie sich manche Touristen hier in Zuran aufführen.“
„Ach ja?“ meinte Xenia aufhorchend. „Und was ist mit seinem Verhalten? Ist das so makellos?“
„Rashid ist ein Mann von hohen moralischen Prinzipien. Jeder, der ihn kennt, weiß das. Zara, meine Freundin und Cousine zweiten Grades, hat schon oft gesagt, dass sie sich für ihr eigenes Geschlecht schämt, wenn sie sieht, wie schamlos manche Frauen ihm nachstellen. Er ist sehr reich, und viele weibliche Hotelgäste versuchen buchstäblich alles, um seine Aufmerksamkeit zu gewinnen. Aber Rashid ist ein sehr stolzer Mann, und er würde niemals zulassen, dass der Name der Familie in irgendeiner Weise Schaden nimmt“, sagte Saud feierlich.
Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte der jugendliche Eifer ihres kleinen Cousins Xenia sicherlich ein amüsiertes Lächeln entlockt. Nun aber waren seine arglosen Worte dazu angetan, ihre bestehende Abneigung gegen den Mann noch zu schüren, der so großzügig geruhte, sie als seine mögliche zukünftige Frau zu betrachten. Schön, dieser Inbegriff an Moral und Tugend würde hoffentlich sehr bald entdecken, dass sie genau der Typ Frau war, den er offenkundig verachtete! Denn je mehr sie über Sheikh Rashid erfuhr, desto mehr festigte sich ihr Entschluss, ihn auf keinen Fall zu heiraten!
Sie hatten die Familienvilla
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