Die Braut des Shawnee-Kriegers
Mein Gesicht! Es ist ruiniert! Was soll ich nur machen?"
Langsam erhob sich Wolf Heart, bis er in voller Höhe neben ihr stand. Aus dieser Entfernung konnte Clarissa nicht erkennen, ob aus seinen kobaltblauen Augen Mitleid oder Abscheu sprach. Er wandte sich zum Gehen, zögerte dann jedoch.
"Du wirst ein neues Gesicht haben, Clarissa", sagte er sanft. "Das Gesicht der Tapferkeit."
Wolf Heart durchquerte die Lichtung mit langen Schritten. Er wusste nicht, ob er lachen, fluchen oder sich in den Wasserfall stürzen sollte. Clarissa Rogers – diese Frau würde ihn noch um den Verstand bringen. Wie konnte jemand einerseits so kühn und andererseits so kleinmütig und engstirnig sein? Wie konnte eine halbwegs gescheite Frau so giftig, halsstarrig, eitel – und gleichzeitig so wunderbar sein?
Bei allem, was ihm heilig war, er hätte davonpaddeln und sie dem Fluss überlassen sollen!
Er hatte sie in den vergangenen Tagen beobachtet, sich kaum von ihrer Seite gerührt, während sie halb tot in Swan Feathers dunkler Hütte lag. Unermüdlich hatte er ihr Brühe eingeflößt, die Swan Feather aus dem Fleisch des Rehs gekocht hatte, das er für sie erlegt hatte. Er hatte ihr Haar gestreichelt, wenn sie im Schlaf stöhnte. Mit einer Zärtlichkeit, die ihn selbst überraschte, hatte er ihre Waden massiert, um die verkrampften Muskeln zu beruhigen.
Und während der ganzen Zeit hatte er gespürt, wie ein völlig neues Gefühl in ihm erwachte und unaufhaltsam wuchs.
Dann hatte sie ihre grünen Katzenaugen aufgeschlagen, und ihre scharfe Stimme hatte ihn schmerzhaft daran erinnert, dass sich zwischen ihnen nichts verändert hatte.
Ja, er hätte das kleine Biest nach Fort Pitt zurückschicken sollen, als er noch eine Chance dazu hatte. Dann hätten sich an seiner Stelle die Briten weiter mit dieser unverschämten Göre herumschlagen müssen.
Er erreichte den Fluss und ging am Ufer entlang zu der Stelle, wo er vor ein paar Tagen eine einzeln stehende Ulme entdeckt hatte. Sie hatte genau die richtige Länge und Stärke für ein Kanu. Falls kein anderer Krieger einen Anspruch darauf angemeldet hatte, würde er den Baum nehmen. Er brauchte ein neues Boot, um das zu ersetzen, das bei Clarissas Rettung verloren gegangen war. Vielleicht würde die Arbeit ihn ein wenig besänftigen.
Als er sah, dass die Ulme unberührt war, zog er das Beil aus dem Gürtel und begann, den Baumstamm mit kraftvollen Hieben zu bearbeiten. Weiße Späne flogen umher und verbreiteten den Duft frisch geschlagenen Holzes. Schweißtropfen glitzerten auf Wolf Hearts sonnengebräunter Haut, während sein Zorn sich in der Arbeit entlud.
"Bist du sicher, dass du nur die Ulme meinst?"
Eine lachende Stimme klang vom Uferweg herüber. Wolf Heart fuhr herum und entdeckte Cat Follower, der grinsend auf einem Felsen hockte. "So schwingt nur ein Mann das Beil, der Ärger mit einer Frau hat."
"Wenn ich deine Meinung hören will, du Besserwisser, dann werde ich dich darum bitten." Wolf Heart machte sich wieder an die Arbeit, und das Lachen seines Freundes begleitete jeden Hieb.
"Ich habe sie beim Spießrutenlauf beobachtet", fuhr Cat Follower fort. "Was für eine Wildkatze! Aber du – ich fürchtete schon, eingreifen zu müssen, um dich zurückzuhalten. Du sahst aus wie ein Elchbulle vor dem Angriff. Du hättest uns alle entehrt."
Beim nächsten Schlag bohrte sich die ganze Klinge des Beils in den Baumstamm. Leise vor sich hin fluchend versuchte Wolf Heart, das Werkzeug freizubekommen.
"Keine Frau ist das wert, Bruder." Leichtfüßig sprang Cat Follower von dem Felsen und stand feixend am Flussufer. "Wenn ein Mädchen Ärger macht, geh und such dir ein anderes. Hör zu, ich habe bemerkt, dass Corn Flower dich beobachtet. Sie hat Augen wie ein Reh und Brüste, von denen ein Mann nur träumen kann. Sie …"
"Wenn sie dir so gut gefällt, dann versuch selbst dein Glück, und lass mich damit in Ruhe", fiel Wolf Heart ihm gereizt ins Wort.
"Zu spät. Habe ich längst getan."
Cat Follower johlte vor Vergnügen, als die Ulme unter dem letzten Hieb in den Fluss stürzte. "Dir würde sie auch gefallen, glaube ich, und sie …" Seine scharfen Augen wurden schmal. "Aber ich sehe schon, dir spukt dieser Rotfuchs im Kopf herum und lässt für nichts anderes Raum, nicht mal zum Zeitvertreib. Das ist nicht gut, Bruder."
"Warum hörst du nicht endlich auf mit dem Quatsch und hilfst mir lieber." Wolf Heart sprang in das hüfttiefe Wasser, um den Stamm an Land zu ziehen. Es
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