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Die Braut des Shawnee-Kriegers

Die Braut des Shawnee-Kriegers

Titel: Die Braut des Shawnee-Kriegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lane
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gerade noch verhindern, der Länge nach hinzufallen. Als sie merkte, dass sie mit nur einem Schuh nicht rennen konnte, streifte sie auch den anderen ab und rannte barfuß über Stock und Stein weiter. Die Irokesen hatten keinen Laut von sich gegeben, aber sie waren schon so nah, dass Clarissa meinte, ihren Atem hinter sich zu hören. Wäre sie keine Weiße, hätten sie sie wohl längst mit einem Pfeil oder Messer erledigt.
    Die fünf Irokesen hatten sie fast eingeholt, als sie auf eine Lichtung in der Nähe des Dorfs stürmte, wo sie auf drei Shawnee-Krieger traf. Cat Follower war bei ihnen, und sie arbeiteten an einem Kanu. " Mingwe!" schrie sie aus Leibeskräften, denn sie erinnerte sich, dass Swan Feather dieses Wort benutzt hatte. " Mingwe!"
    Der Feind brach aus dem Gebüsch, noch bevor die Shawnee Zeit hatten, sich zu fassen und nach ihren Waffen zu greifen. Doch auch die Irokesen waren in Gedanken weiterhin bei der Hetzjagd und nicht auf diese Begegnung gefasst. Im nächsten Augenblick herrschte das blanke Chaos. In einem unentwirrbaren Knäuel hieben die Krieger wild aufeinander ein. Die Irokesen waren in der Überzahl – fünf gegen drei. Nein, korrigierte Clarissa ohne zu zögern, es waren fünf gegen vier! Sie packte ein herumliegendes Beil und stürzte sich in den Kampf, wobei sie die Waffe mit einer Kraft schwang, die sie sich selbst nie zugetraut hätte.
    Natürlich hatte sie nicht die Kraft eines Kriegers. Ihre Hiebe richteten nicht mehr Schaden an als ein paar Kratzer, aber es gelang ihr, einen der Irokesen lange genug abzulenken, dass Cat Follower ihn durch einen gezielten Schlag mit seinem Lederhammer außer Gefecht setzen konnte. Cat Followers Lausbubengrinsen blitzte auf, als der Irokese blutend und bewusstlos zu Boden ging. "Lauf und hol Hilfe, kleine Schwester!" Lachend ging er in Angriffstellung, um sich von neuem in das Gewühl zu stürzen. "Wenn dir etwas zustößt, zieht Wolf Heart mir bei lebendigem Leibe die Haut ab."
    Clarissa, die fast alles verstanden hatte, errötete und wandte sich dem Dorf zu, doch Rettung war schon zur Hand. Aufgescheucht durch den Lärm, brach ein Trupp halbwüchsiger Jungen aus dem Gebüsch. Sie waren mit Knüppeln, Messern und Pfeilen bewaffnet und stürmten schreiend auf die Lichtung. Ihnen auf den Fersen folgte ein halbes Dutzend Frauen, die wie die Furien kreischten und Hacken und Stöcke über den Köpfen schwangen. Unter ihnen erkannte Clarissa White Moon, die Anführerin der Frauen.
    Die Irokesen hatten genug. Zerschunden und blutend, packten sie ihren am Boden liegenden Stammesbruder und flohen in Richtung des Waldes, verfolgt von mehr als zwanzig schreienden, fluchenden Shawnee.
    Schwach vor Erleichterung ließ Clarissa sich gegen den gefällten Stamm der Ulme sinken, aus dem die Krieger das Kanu machen wollten. Schweiß lief ihr in die Augen, und wie durch einen Schleier sah sie Swan Feather auf die Lichtung taumeln, bewaffnet mit einem dicken Ast. Der Anblick der alten Indianerin wirkte so absurd und gleichzeitig so rührend, dass Clarissa hilflos zu kichern begann. Tränen strömten ihr übers Gesicht, während die aufgestaute Angst und Spannung sich löste. Sie und die Shawnee waren um Haaresbreite einer blutigen Tragödie entgangen. Jetzt war alles vorbei, doch in ihre Freude mischte sich ein seltsames Unbehagen, als führte das Schicksal sie in eine Richtung, die sie freiwillig nicht eingeschlagen hätte.
    White Moon kam mit einem strahlenden Lächeln auf ihrem hübschen Gesicht zu ihr herüber und legte ihr voller Dankbarkeit den Arm um die Schultern. "Meine Schwester", sagte sie auf Shawnee. "Meine gute, tapfere Freundin."
    Nun kamen auch die anderen Frauen herbei. Sie plapperten auf sie ein, berührten ihr Haar und umarmten sie. Durch das Gewirr ihrer Köpfe und Arme erblickte Clarissa Swan Feather. Ihr zahnloser Mund war zu einem breiten, anerkennenden Grinsen verzogen. Dies waren dieselben Frauen, die sie bei ihrer Ankunft im Dorf begafft und gepiesackt hatten. Es waren dieselben Frauen, die sie beim Spießrutenlauf erbarmungslos geschlagen und ihr Gesicht entstellt hatten. Diese Tatsache konnte sie nicht vergessen, auch wenn sie ihr jetzt ihre Freundschaft anboten. Sie konnte nicht vergessen, wer sie war und was sie zu tun beabsichtigte.
    Sie würde von den Shawnee lernen und sich ihr neugewonnenes Vertrauen zu Nutze machen. Aber keine menschliche Bindung, wie eng sie auch sein mochte, würde sie dazu bringen, bei diesen Wilden zu bleiben –

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