Die Braut des Shawnee-Kriegers
sie. Doch als er sich in ihr zu bewegen begann, glitt sie unaufhaltsam in eine Spirale reinster Lust. Sie schloss die Augen und verlor sich in dem Rhythmus der Liebe, in der unendlich süßen, neuen Erfahrung, die ihr ganzes Sein zum Klingen brachte. Während die Leidenschaft sie mit sich forttrug und sie gemeinsam den Höhepunkt erreichten, erkannte Clarissa, dass es keine Flucht mehr geben würde, keine Rückkehr nach Baltimore. Sie gehörte zu diesem Mann, Wolf Heart oder Seth Johnson, oder wie immer er sich nennen mochte. Er war ihre Liebe, ihr Leben.
In seliger Erschöpfung lagen sie beieinander auf dem Blütenteppich, und selbst jetzt noch konnte sie nicht genug von ihm kriegen. Sie schmiegte sich an ihn, genoss die harte Glätte seines Körpers und sog tief den männlichen Duft seiner Haut ein.
Die niederhängenden Weidenzweige wirkten wie eine Laube, durch die die Sonne goldene Muster von Licht und Schatten auf ihre Körper malte. Schläfrig und zufrieden lag Clarissa da und träumte davon, dass sie sich das nächste Mal im Mondschein lieben würden. Kokomthena, die weise Urmutter, die Männer und Frauen geschaffen hatte, damit sie sich aneinander erfreuten, würde sehr zufrieden mit ihnen sein.
Am Nachmittag des folgenden Tages fand Clarissas Adoption statt. Wolf Heart hatte sich geweigert, ihr etwas über die Zeremonie zu verraten. Angeblich war es ihr verboten, die Einzelheiten vor der Zeit zu erfahren. Clarissa war unwillkürlich davon ausgegangen, dass es eine nicht besonders aufwendige Angelegenheit werden würde – ein Austausch von rituellen Worten vielleicht und eventuell auch kleine Geschenke. Sie hätte sich kaum mehr irren können.
Die Speisen für das Festmahl garten über den Kochfeuern, die von dem Holz genährt wurden, das sie zusammen mit den Frauen gesammelt hatte. Plötzlich huben die Trommeln an und riefen die Dorfbewohner in die Ratshütte. Jedermann – Männer, Frauen und Kinder – unterbrach seine Beschäftigung und folgte dem Ruf der Trommeln.
Clarissa war nie zuvor in dem geheimnisvollen Blockhaus gewesen. Während sie neben Swan Feather stand, schaute sie sich in der geräumigen Hütte um. Sie war deutlich größer als die Behausungen der Dorfbewohner. Ihre Wände bestanden aus Baumstämmen und das Dach war aus massiven Balken. An den Wänden hingen Kriegsgerät und Trophäen – Schilde, Lanzen, sogar Skalps. Dies war also das Herz des Dorfs, der Mittelpunkt von Wolf Hearts Welt, die jetzt auch die ihre war.
Die Ratshütte war groß genug, um alle Dorfbewohner aufzunehmen. Obwohl sie lachend und plaudernd durch die große, mit Büffelhäuten verhängte Tür hereingekommen waren, verfielen alle, selbst die Kinder, in respektvolles Schweigen, als sie sich in Reihen auf dem festgestampften Lehmboden niedersetzten. Durch die Fenster strömte Licht herein, das auf dem glatten schwarzen Haar und den kupferfarbenen Körpern schimmerte.
Wolf Heart kam herein und nahm stumm neben ihr Platz. Sein Blick verriet nichts. Sie waren übereingekommen, bis zur Adoption ihre Verlobung zu verschweigen. Danach konnte er Swan Feather um Clarissas Hand bitten, wie es sich gehörte, und der alten Frau Brautgeschenke überreichen. Ob die Leute im Dorf wohl schon wussten, was zwischen ihnen geschehen war? Clarissa blickte sich verstohlen um. War es überhaupt möglich, an diesem Ort ein Geheimnis zu bewahren?
Hunts-at-Night wirkte sehr würdig und erhaben, als er vor die Versammlung trat und zu sprechen begann. Mit seiner volltönenden Stimme erzählte er die Geschichte des Volks der Shawnee, und wie sie als Wanderer hier in das Tal des Schönen Flusses gekommen waren. Es war ein langer Bericht, so lang, dass Clarissa, die wie die anderen mit gekreuzten Beinen auf dem Boden saß, allmählich ganz verkrampft und unruhig wurde.
Ihr Blick glitt zu Wolf Hearts markantem Profil. Wie stattlich er heute wieder aussah mit dem Silberschmuck in den Ohrläppchen und dem schwarzen Haar. In der zusammengedrehten Skalplocke steckten eine kleine Silberspange und zwei Adlerfedern. Heute trug er außerdem noch eine schöne silberne Brustplatte mit einem eingravierten Wolf, seinem persönlichen Symbol. Neben ihm kam Clarissa sich so unscheinbar und zerlumpt vor wie ein altes Bisamrattenfell, das man den Hunden zum Spielen vorgeworfen hatte. Wenn dies ein so großes Ereignis war, wieso hatte ihr dann niemand etwas Anständiges zum Anziehen angeboten?
Clarissa war in Gedanken ganz woanders, als Hunts-at-Night
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