Die Braut des Silberfinders - historischer Roman
Zweck, ich muss ihn
überraschen, sonst bin ich bald erledigt, dachte Robert, schleuderte Gottfried
kurzerhand seinen verbeulten Schild entgegen und nahm das Schwert in beide
Hände. Erstmalig wirkte Gottfried überrascht, und als der Schlag auf ihn
niederging, war es diesmal sein Schild, der in der Mitte einknickte. Gottfried wankte
und Robert konnte sein Glück kaum fassen. »Wollt Ihr Nachschlag?«
»Rede nicht, Kerl, kämpfe lieber!«,
schnaufte Gottfried.
»Wie Ihr wünscht, Herr!«
Robert holte erneut aus, doch diesmal hielt
ihm Gottfried sein Schwert entgegen. Die Erschütterung war gewaltig. Hätte
Robert sein Schwert nicht beidhändig gehalten, wäre es ihm in hohem Bogen aus
der Faust geflogen. Gottfried war wieder obenauf, nun, da sich Roberts Arme wie
taub anfühlten.
»Du willst also ohne Schild kämpfen, kannst
du haben!« Auch Gottfried hielt sein Schwert nun beidhändig. Er schlug einige
Finten in die Luft, bevor er wieder auf seinen Gegner eindrosch.
Zweimal konnte Robert noch abwehren, der
dritte Schlag jedoch erwischte ihn an genau der Stelle des Helmes, an der auch
bereits der erste Treffer gelandet war. Ein Stück Metall verbog sich derart,
dass es sich in seine Schläfe bohrte. Blut spritzte und lief ihm in die Augen.
Robert warf sein Schwert weit von sich.
»Haltet ein, Herr Junker – ich geb auf!«
Gottfried schien nichts gehört zu haben,
oder wollte er nichts hören? Weiterhin hielt er auf Robert zu, das Schwert
bedrohlich erhoben.
»Junker Gottfried, ich bitt Euch, Euer
Gegner hat seine Waffe fortgeworfen. Er gibt auf! Lasst auch Ihr nun das
Schwert ruhen!«, sprang der Knappe dazwischen.
»Du hast mich angelogen, verdammter
Himmelhund! Das Schwert scheint dir ebenso fremd wie die Wahrheit!«, brauste
Gottfried auf. »Sprich, bevor ich dich aufspieße!«
»Das Schwert ist mir nicht fremd, bloß ein
Ritter als Gegner! Unsere Gegner kämpften mit kurzen Krummschwertern und
Spießen, nicht zu vergleichen mit dem Langschwert, das Ihr führt. Auch war
meines, mit Verlaub, bedeutend besser am Heft gewickelt. Mit dem, was Ihr mir
die Güte hattet zu geben, habe ich bei jedem Hieb das Gefühl, mit einem Klöppel
auf eine Glocke zu schlagen, mein Arm ist schon ganz taub.« Robert schüttelte
demonstrativ seine Hände aus, das leidende Gesicht freilich war durchs Visier
nicht zu erkennen.
»Zugegeben«, fügte er kleinlaut an, »habe
ich schon viele Jahre nicht mehr gekämpft, vielmehr zog mein Herr von Turnier
zu Turnier, um den Unterhalt zu bestreiten. Hier freilich war er der einzige,
der Gelegenheit hatte, seine Klinge zu kreuzen!«
Gottfried wirkte, soweit Robert das durchs
Visier sehen konnte, zwar nicht restlos überzeugt, allerdings zumindest fürs
Erste zufriedengestellt.
»Na gut, komm schon, lass uns bei einem
Humpen Met alles Weitere besprechen. Ich bin schon ganz gespannt, was …«
Robert hörte nicht mehr zu, vielmehr
richtete er seine ganze Aufmerksamkeit auf jenes Unheil, das sich hinter
Gottfrieds Rücken anbahnte. Die Küchenmagd, eben noch wie leblos aus dem
Speisesaal getragen, war inzwischen wieder bei Bewusstsein und redete aufgeregt
auf den Waffenschmied ein. Ein Blick in Roberts Richtung, dann ließ Konrad das
Mädchen stehen und ging zum Knappen. Beide tuschelten, und wieder schauten sie
zu ihm herüber. Als schließlich der Knappe die Knechte zu sich heranwinkte,
wurden Roberts Knie weich. Er war eindeutig in Schwierigkeiten, doch diesmal
hatte er es mit einem Gegner zu tun, der ihm deutlich überlegen war. Robert war
gar nicht wohl in seiner Haut. Hatte ihm der Kerl doch bereits das Fürchten
gelehrt, als es um nichts anderes als bestenfalls die Ehre ging.
Was nur sollte jetzt noch folgen?
*
Die Tür von Leonhardts Heim flog auf. Bevor sich Osman und Adara
auf die Suche nach Paul machen konnten, mussten einige Dinge vorbereitet
werden.
Adara schlüpfte in ihr feinstes Kleid.
Osman bediente sich allerlei Chemikalien und Metallproben, auch eine Schnur
steckte er in den großen Leinensack, ebenso einen Mörser, Buchenspan und
Feuersteine. Er war zufrieden mit dem, was er in der Kürze der Zeit auftreiben
konnte.
*
»Herr Junker, darf ich Euch sprechen – unter vier Augen? Ihr
verzeiht!« Mit einer bedauernden Geste zog der Knappe seinen Herrn beiseite.
Einige Schritte entfernt setzte der
verdutzt dreinschauende Gottfried den Helm ab und sein Leibdiener flüsterte
ihm, auf Zehenspitzen stehend, etwas ins Ohr. Kurz darauf warf Gottfried
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