Die Braut des Spuks
nicht mehr zu erkennen. Den hellen Fleck bildete ich mir ein. Gefangen!
Das Gefühl, hier im Berg gefangen zu sein, überkam mich urplötzlich. Ich dachte auch daran, daß alles einstürzen könnte und ich elendig begraben wurde.
Möglicherweise drohte mir auch ein Erstickungsanfall. Ob die Luft tatsächlich so schlecht geworden war oder ich mir das nur einbildete, konnte ich mit Sicherheit nicht sagen.
War ich weit genug gegangen, ohne etwas herausgefunden zu haben, oder sollte ich meinen Weg bis zum Ende des Tunnels fortsetzen. Ich drehte mich wieder, leuchtete nach vorn - und bekam einen heißen Schreck.
Der Lampenstrahl wurde verschluckt!
Zwei, drei Schritte vor mir hörte er auf, nicht weil ich eine Wand getroffen hatte, dann hätte sich ein Kreis abbilden müssen, nein, vor mir befand sich eine Schwärze, wie sie tiefer und unheimlicher nicht sein konnte. Wenn es überhaupt eine Erklärung gab, dann nur die, daß der Spuk gekommen war.
Einen Moment später sah ich überhaupt kein Licht mehr, da umfing mich sein amorpher Körper…
***
Es hatte Brett Hawkins überhaupt nicht gepaßt, daß John Sinclair verschwunden war. Dabei dachte er nicht nur an ihn, auch an sich und an die Unterredung mit Hadam Esra. Dieser Mann hatte ihn nicht nur gewarnt, sondern ihn auch indirekt den Tod ›ersprochen‹, wenn er sich nicht so schnell wie möglich zurückzog.
Das würde er jetzt nicht mehr schaffen. Er hatte mit Sinclair abgesprochen, auf ihn zu warten, und er war ein Mensch, der sich daran hielt.
In der rechten Seitentasche fand er Zigaretten, zündete sich ein Stäbchen an und ging rauchend an den mächtigen Baggern und Bohrern vorbei, bis zum Wagen, der zwischen den geplünderten Containern stand und wo er noch Tee in der Flasche fand.
Er trank einen mächtigen Schluck, rauchte die zweite Zigarrette und lauschte in die Stille hinein.
Sie war ungewöhnlich, eine Wüstenstille. Selbst vom nahen Dorf hörte er nichts.
Dies hier war das Tal der Schatten. Selbst eine hochstehende Sonne füllte es mit ihrem Licht nicht aus.
Trotz der Stille fühlte sich Brett beobachtet und gleichzeitig bedroht. Er faßte sein Gewehr fester. Auf dem blanken Metall lag eine dünne Staubschicht. Die Waffe roch noch nach Öl. Sie war gut gepflegt worden. Warten oder ins Dorf gehen und den Stier somit bei den Hörnern packen. Diese Alternativen besaß er.
Oft war der Angriff die beste Art der Verteidigung. Brett kannte die arabische Mentalität. Oft wollten diese Menschen reden, handeln und dann zu einem Kompromiß kommen, mit dem sich beide Parteien zufrieden zeigten und niemand sein Gesicht verlor. Ja, er würde gehen!
Noch einmal schaute er sich um. Sein Blick glitt dabei an der Flanke des Berges hoch, die schon fast einer steilen Wand glich und in der Spitze endete, über der ein sonniger Himmel lag, der trotzdem auf ihn einen düsteren Findruck machte.
Die Sonne würde nicht mehr lange scheinen. Danach trat eine kurze Zeit der Dämmerung ein, dann fiel sofort die Finsternis über dieses schmale Wüstenland.
Brett Hawkins trat die Zigarette mit dem Stiefelabsatz aus, bevor er den Bereich der Container verließ und auf Anat zuschlenderte. Daß er dort nicht willkommen war, wußte er genau, aber er konnte es wenigstens versuchen und um Verständnis bitten. Er wollte noch einmal mit Hadam Fsra reden, denn dieser Mann besaß ziemlich viel Einfluß, den er zu seinen Gunsten ausüben konnte.
Der Weg kam ihm jetzt schon wie ein Spießrutenlaufen vor. Die Häuser warfen bereits die ersten Schatten. In den schmalen Gassen würde es jetzt dämmrig sein.
Eigentlich wäre es Zeit zum Gebet gewesen, aber das Minarett der kleinen Moschee blieb unbesetzt. Kein Muezzin rief die Gläubigen zum Gebet.
Wieso nicht?
Hawkins hatte einige Zeit im Dienste seiner Firma hier ausgehalten. Jeden Tag war zum Gebet aufgerufen worden, warum ausgerechnet heute nicht?
Hing es mit seinem und John Sinclairs Erscheinen zusammen? Das wollte er nicht so recht glauben, denn vor kurzer Zeit hatte es hier von Fremden gewimmelt.
Es mußte andere Gründe haben, daß nicht zum Gebet gerufen wurde, und über seinen Rücken rieselte eine Gänsehaut, als er daran dachte. Alles war plötzlich anders geworden, die Ruhe vordem Sturm, die dumpfe Luft, die Häuser vor ihm, die jetzt aussahen, als hätten sie sich vor dem hereinbrechenden Abend geduckt. Aus dem Schatten einer Mauer löste sich ein Hund mit staubbedecktem und struppigem Fell. Er lief knurrend auf den
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