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Die Braut des Vagabunden

Die Braut des Vagabunden

Titel: Die Braut des Vagabunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CLAIRE THORNTON
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fühlte, wie sie seine Finger drückte.
    „Für so etwas ist dies kaum die richtige Gelegenheit“, sagte der König.
    „Ich bitte Euch um einen Augenblick Eurer Zeit“, sagte der Earl. „Nur um Euch die echte Duchess of Kilverdale vorzustellen.“
    Mit einer schwungvollen Handbewegung winkte er Vivien vor, und ein Raunen ging durch die Menge.
    „Und den Duke of Kilverdale als Bigamisten und Lügner zu zeigen, der Euch absichtlich zu täuschen versuchte, als er Euch heute Abend seine falsche Braut präsentierte.“
    Zwei oder drei Herzschläge lang fühlte Temperance sich wie betäubt. Dann packte sie das Entsetzen. Die Höflinge verschmolzen zu einer gesichtslosen Menge. Ihr Blickfeld verengte sich auf einen schmalen Lichtstreifen, in dessen Mitte sich Vivien befand. Die ganze Zeit über hatte sie befürchtet, ihre Ehe mit Jack würde in Frage gestellt werden, aber dies hatte sie nicht erwartet.
    Jacks Gemahlin? Wie konnte diese Frau Jacks Gemahlin sein?
    Der erste Schrecken ging erstaunlich rasch vorüber. Allmählich kam sie wieder zu Bewusstsein. Sie fühlte den schnellen Schlag ihres Herzens, die Starre ihrer Muskeln und Jacks eisernen Griff an ihrem Arm.
    Sie drehte sich um und sah ihn an. Sein Gesicht war wie aus Pergament, die Haut über dem raubvogelhaften Gesicht gespannt. Er betrachtete Viviens Gesicht mit einem Ausdruck, der an Hass erinnerte. Danach blickte er Temperance an, und seine Miene veränderte sich. Die Gefühle spiegelten sich so schnell hintereinander in seinen Augen wider, dass sie sie kaum erkennen konnte. Eine Bitte um Entschuldigung. Ärger. Verlegenheit. Verzweiflung.
    Es dauerte nur einen Moment, bevor er sich wieder Vivien und Lord Windle zuwandte. Auch Temperance blickte zu ihnen hinüber. Zuerst war sie so schockiert über Jacks frühere Mätresse, dass sie Windle kaum beachtet hatte. Jetzt starrte sie ihn an, entgeistert von seiner offensichtlichen Entschlossenheit, Jack zu schaden. Erst als der Earl sie mit offenem Hass ansah, wurde ihr klar, dass er sie erkannte. Obwohl sie ihm zuvor schon einmal begegnet war, hatte sie vermutet, sie wäre zu unbedeutend und ihre Begegnung zu kurz gewesen, um sich seinem Gedächtnis eingeprägt zu haben. Sie hatte sich geirrt. Offensichtlich erkannte er in ihr nicht nur die unbekannte Braut, die Jack seiner Tochter gestohlen hatte, sondern auch die Frau, die seine Versuche, Agnes Cruikshank einzuschüchtern, zunichtegemacht hatte. Sein Zorn musste jedes Maß überschreiten, weil ihn zweimal eine gewöhnliche Ladenbesitzerin bezwungen hatte.
    In diesem Moment wurde sie sich der Blicke der anderen Höflinge unangenehm bewusst. Viele Ausrufe der Empörung oder des Erstaunens wurden laut, und man starrte Jack und sie an. Für die meisten der Anwesenden war der Abend plötzlich sehr unterhaltsam geworden.
    Nur der König wirkte eher verärgert als amüsiert.
    „Kilverdale ist ein Mann von Ehre und Integrität“, erklärte er kühl. „Der Ruf von Lady Lacy ist weder das eine noch das andere. Schluss mit dem Unsinn.“
    „Ich habe Beweise.“ Vivien sprach jetzt zum ersten Mal. „Majestät.“ Sie knickste vor dem König. „Ich bedaure, Euren Abend zu stören, aber oft ist es schwer für eine Frau, der ein Unrecht widerfuhr, ihre Angelegenheiten vorzubringen.“
    „Welchen Beweis?“ Der König wirkte nicht überzeugt. „Macht schnell.“
    „Zeugen. Der Priester, der uns in Paris im Dezember 1658 traute, sowie die Hochzeitsgäste. Ich habe auch die Heiratsurkunde. Der Duke versprach mir den Platz an seiner Seite, wenn er wieder nach England zurückkehren sollte. Er hat sein Versprechen gebrochen.“ Sie sah Jack hasserfüllt an. „Er nahm mir mein Kind und wies mich ab. Und jetzt hat er eine andere Frau gefunden, die meinen rechtmäßigen Platz …“
    „Lügen. Das sind alles Lügen!“
    Temperance zuckte zusammen, als Jack Viviens Worte so grob unterbrach. Heftiger, wenn auch beherrschter Zorn lag in seiner Stimme. Er ging nach vorn, um Vivien direkt gegenüberzutreten.
    Überrascht stolperte Temperance zuerst, dann folgte sie ihm. Er hielt sie immer noch an der Hand, aber selbst wenn das nicht der Fall gewesen wäre, sie hätte ihn nicht verlassen.
    „Weder in Paris noch sonst irgendwo hat eine Heirat stattgefunden“, Jack sah Vivien von oben herab an. „Das ist eine Lüge.“
    „Kaum, Kilverdale“, sagte Windle. „Ihr habt Euch heimliche Hochzeiten zur Gewohnheit gemacht.“ Sein Gesicht war gerötet, und er bebte vor Zorn, doch

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