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Die Braut des Vagabunden

Die Braut des Vagabunden

Titel: Die Braut des Vagabunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CLAIRE THORNTON
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lustig machte!
    „Auf Englisch.“ Agnes stieß ihn gegen die Brust. „Ich tadle sie auf Englisch. Nicht auf Französisch!“
    Jack ergriff Agnes’ Hand und hielt sie fest. „Als ich drei Jahre alt war, vertrieben die Roundheads meine Mutter aus ihrem Heim“, sagte er und richtete seine ganze Aufmerksamkeit nur auf Agnes. „Sie floh aus Angst um unser Leben nach Frankreich. Ich musste siebzehn Jahre warten, bis ich nach England zurückkehren konnte. Ich bin nicht schuld an dem, was geschah, als ich noch ein kleines Kind war.“
    „Nachdem Ihr so lange in Frankreich gewesen seid, müsst Ihr Sympathien für die Papisten hegen“, meinte Agnes, aber es klang nicht mehr so feindselig.
    „Ich ging an den französischen Hof, als ich fünfzehn Jahre alt war“, sagte Jack und ließ Agnes’ Hand los. „Das ist lange her. Ich bin kein französischer Spion.“
    „Wie lautete der Name Eures Urgroßvaters?“, fragte ein älterer Mann, in dem Temperance Nicholas Farley erkannte. „Ich bin Gemischtwarenhändler, vielleicht kenne ich ihn.“
    „Edmund Beaufleur.“
    „Edmund Beaufleur!“, rief Farley aus. „Er war Lord Mayor unter der Regierung unserer Queen Bess!“
    „Das stimmt“, sagte Jack.
    „Soso.“ Farley nickte interessiert. „Der Urenkel Edmund Beaufleurs. Wer hätte das gedacht.“
    Temperance konnte es nicht glauben. London brannte, aber wie es aussah, würde Farley Jack gleich mit sich nehmen, um die Aufzeichnungen seiner Gilde durchzusehen. Zumindest hatte sich der größte Teil der lynchbereiten Menge zerstreut.
    „Es war mir eine Ehre, Euch zu treffen, Sir“, sagte Jack zu Farley. „Ich freue mich darauf, Euch in glücklicheren Zeiten zu begegnen. Gern würde ich mehr über meinen Urgroßvater erfahren, wenn wir entspannt miteinander plaudern können.“
    „Ja.“ Farley sah auf, und Temperance stellte fest, dass er jetzt nicht mehr finster, sondern heiter wirkte. „Es gibt viel zu tun.“
    „Gehen wir hinein, meine Schöne.“ Jack nahm ihren Arm und geleitete sie zur Tür.
    „Ja.“ Sie fasste sich und nestelte an ihren Schlüsseln. Gleich darauf standen sie in ihrem Laden. Die Fensterläden waren geschlossen, Helligkeit drang nur durch die offene Tür herein. Temperance und Jack standen im Zwielicht.
    „Sie hätten Euch verletzen können“, flüsterte sie und dachte an die gewaltbereite, aufgebrachte Menge, die sie bei ihrer Ankunft vorgefunden hatte. Unwillkürlich begann sie zu zittern und schlang die Arme um ihre Taille. „Sie wollten Euch angreifen – nur weil Agnes Cruikshank ihre Nase immer in die Angelegenheiten anderer Leute stecken muss und nichts richtig versteht.“
    Jack kam zu ihr und umfasste ihre Schultern. Sie hielt still, während er über ihren Rücken rieb, zu erschüttert, um sich zu wehren, und zu groß, um den Kopf an seine Schulter zu legen und so zu tun, als merkte sie nicht, was er da tat. Sie fühlte seinen warmen Atem an ihrer Wange und auch, wie stark sein Körper war.
    „Sie haben mir nichts getan – dank Euch“, sagte er. Seine Stimme klang leise und beruhigend. „Und ich danke Euch dafür.“
    Sie fühlte seine Lippen auf ihrer Haut, dann küsste er sie. Es war ein richtiger Kuss, auch wenn er nur ihre Wange traf und nicht ihre Lippen. Ihr Herz schlug schneller. Einen Moment lang dachte sie nicht mehr an die Katastrophe, die London bedrohte. Ihr wurde warm, sie fühlte sich erregt und unsicher. Im Dunkel der Nacht hatte sie sich vorgestellt, wie er sie küsste – selbst wenn sie nicht gewusst hatte, ob sie ihn je wiedersehen würde. Sie hatte die Arme um sich geschlungen und so getan, als wären es seine Arme, die sie hielten, und sich gefragt, wie es sich wohl anfühlte, wenn er sie wirklich hielt.
    Ein paar Mal war sie schon vorher geküsst worden, allerdings war es immer ein unbeholfenes und peinliches Erlebnis geblieben. Den hoffnungsvollen Bewerber, der ihr den Hof machte, als sie achtzehn war, hatte sie um ein gutes Stück überragt. Hätte er sich wirklich zu ihr hingezogen gefühlt, wäre der Größenunterschied vermutlich unwichtig gewesen. Unglücklicherweise war es ihr Erbe, das ihm gefiel, und es war ihm nicht gelungen, seine wirklichen Wünsche zu verbergen. Temperance hatte ihn ohne Bedauern fortgeschickt.
    Aber Jack war anders. In seinen Armen fühlte sie sich weder unweiblich noch übergroß. Er war so anmutig und so selbstsicher, dass er auch ihr mehr Sicherheit verlieh. Sie umklammerte seinen Überrock und hob den Kopf, wandte

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