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Die Braut des Vagabunden

Die Braut des Vagabunden

Titel: Die Braut des Vagabunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CLAIRE THORNTON
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wird die Kathedrale vernichten. Ich hatte Glück, dass ich meine Waren rechtzeitig dort hineinbekommen habe. Jeder ist gestern dorthin geeilt. Ich wusste nicht, dass Ihr jemanden in Covent Garden kennt“, fügte sie misstrauisch hinzu.
    „Nicht ich, Jack kennt jemanden. Wo sind Ned und Eliza?“, fragte Temperance und meinte damit Agnes’ Lehrjungen und ihr Hausmädchen.
    „Sie sind schon vorgegangen“, sagte Agnes. „Ich werde auch gleich aufbrechen. Ich bin nur zurückgekommen, um …“ Sie schluckte, als sie ihre Hand auf den Riegel der Tür legte, die vierzig Jahre lang zu ihrem Zuhause gehört hatte. „Ich kann hier nicht stehen und plaudern, Mädchen“, sagte sie. „Ich habe zu tun.“ Sie ging wieder hinein, ohne einen Blick zurückzuwerfen.
    Temperance ging zu Jack hinüber. Er hielt inne, eine Hand auf die Seite des Karrens gelegt.
    „Ist das alles?“, fragte er.
    „Ich denke schon.“
    „Gut.“ Er warf einen Blick über ihre Schulter hinweg, und sie sah, wie seine Miene sich veränderte. Sie fuhr herum und schlug sich dann erschrocken die Hand vor den Mund.
    Das Feuer hatte Cornhill erreicht. Zum ersten Mal konnte sie die Flammen von ihrem Standort vor dem Laden aus sehen.
    „Oh mein Gott“, flüsterte sie. „Es ist schon fast bei uns.“
    Einen Moment stand sie wie angewurzelt da. Dann kehrte das Leben in ihren Körper zurück. Sie stürmte ins Haus zurück und die Treppe hinauf. Als Jack sie einholte, zog sie Schubladen aus dem alten Schrank und riss dessen Türen auf.
    „Wonach sucht Ihr?“
    „Nach allem, nach nichts. Was ist, wenn ich etwas Wichtiges vergessen habe?“ Voller Panik sah sie sich um, dann lief sie eine weitere Treppe hinauf in ihre Schlafkammer. „Wenn ich etwas vergessen habe?“, wiederholte sie immer wieder.
    Von hinten legte Jack die Arme um sie herum. „Alles außer dem Leben ist ersetzbar“, sagte er sanft. „Es ist besser, zu überleben und sich einem neuen Tag zu stellen. Jetzt beruhigt Euch und denkt nach. Eine kleine geschnitzte Schachtel habt Ihr schon mitgenommen. Ich weiß, dass sie Euch wichtig ist, weil Ihr sie gerade in die Rocktasche geschoben habt. Gibt es noch etwas, das Euch so viel bedeutet?“
    „Mein Bruder hat die Schachtel gemacht“, sagte sie.
    „Wo ist er jetzt?“ Sie fühlte Jacks Atem an ihrer Wange, als er sie weiterhin festhielt.
    „Er starb, als ich dreizehn war.“
    „Das tut mir leid. Dann müsst Ihr sie natürlich behalten. Gibt es noch etwas, das Euch so wichtig ist? Schließt die Augen und denkt einen Moment lang nach.“
    Seine Stimme klang beruhigend, und er sprach so ohne Hast, dass sie gehorchte. Eine kleine Weile entspannte sie sich so weit, dass sie im Geiste ihren Besitz und die vergangenen Jahre durchging, um festzustellen, ob sie etwas vergessen hatte.
    „Den Nähkasten meiner Mutter.“ Sofort wollte sie losgehen, um ihn zu holen, verärgert, dass sie bisher nicht daran gedacht hatte. Was hatte sie sonst noch vergessen?
    Jack hielt sie fest.
    „Noch etwas?“
    „Ich weiß es nicht.“ Wieder begann Panik in ihr aufzusteigen, und Tränen liefen ihr über die Wangen. „Ich weiß es nicht.“
    „Holt den Nähkasten“, sagte er sanft. „Es ist Zeit zu gehen.“ Er ließ sie los und trat zurück.
    Dann gingen sie hinunter bis zur Ladenetage, Temperance voller Angst, dass sie zu lange verweilen und das Feuer sie einholen würde. Zu ihrer Erleichterung schienen die Flammen nicht näher zu kommen. Das Feuer fraß sich unerbittlich durch die alten Holzgebäude, doch nicht so schnell, dass ein gesunder Mann nicht schneller sein konnte.
    Das hinderte den Fuhrmann nicht daran, sie für ihre Verspätung zu verfluchen.
    „Seid still und fahrt“, fuhr Temperance ihn an. Er hatte keinen Finger gerührt, um den Wagen zu beladen, trotz des Vermögens, das ihm vermutlich bezahlt wurde.
    Zusammen mit Jack und Isaac ging sie nebenher, während das Gefährt über das Pflaster ratterte. Beim Umsehen fiel ihr auf, dass sie die Letzten waren, die diesen Teil von Cheapside verließen. Das Feuer hinter ihnen übertönte die Geräusche der Wagenräder. Funken und Asche regneten auf sie herunter. Hoch über ihnen schirmte der dichte schwarze Qualm das Sonnenlicht ab.
    Sie waren schon auf halbem Weg zu St. Paul’s, als Temperance sich an Agnes erinnerte.
    „Isaac! Hast du gesehen, wie Agnes wegging?“
    „Ich …“ Er atmete tief ein und hustete. „Ich habe sie nicht gesehen.“ Er sah Temperance an. „Aber ich habe nicht

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