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Die Braut des Vagabunden

Die Braut des Vagabunden

Titel: Die Braut des Vagabunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CLAIRE THORNTON
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entfernt, aber es vernichtete alles, was ihm in die Quere kam. Temperance bahnte sich ihren Weg durch die Menge, bis sie das Feuer auf sich zukommen sah. Selbst aus dieser Entfernung waren die Hitze unerträglich und der Lärm ohrenbetäubend. Sie war so außer sich, dass sie eine Weile in die schrecklichen Flammen starrte und nichts anderes mehr ihre Gedanken erfüllte als blankes Entsetzen.
    Dann seufzte sie, versuchte, sich auf praktischere Dinge zu konzentrieren, und eilte nach Cheapside zurück. Fast war sie wieder zu Hause angelangt, als sie einen schrillen Schrei hörte, der das wirre Fauchen um sie herum übertönte.
    „Er ist es gewesen! Er ist einer der Teufel, der es entfacht hat!“ Die anklagende Stimme war so voller Angst und Zorn, dass Temperance sie nicht gleich erkannte.
    „Gestern habe ich ihn gesehen! Mit meinen eigenen Ohren hörte ich, wie er den Teufel anrief! Er ist kein Engländer! Er hasst England!“
    Endlich erkannte Temperance ihre Nachbarin, Agnes Cruikshank. Zuerst begriff sie nicht, dann erinnerte sie sich an Jack Bows französischen Ausruf und ihre Bemerkungen über sein Haar.
    „Er ist ein papistischer französischer Teufel!“, kreischte Agnes. „Er will, dass wir alle in unseren Betten verbrennen! Ich sah, wie er Feuerbälle warf …“
    Das Entsetzen verlieh Temperance neue Kräfte, als sie sich den Weg durch die zusehends feindlichere Menge bahnte. Schließlich sah sie Jack, der umringt war von wütenden, misstrauischen Männern und Frauen. Gewalt lag in der Luft. Ihre Nachbarn – ruhige, vernünftige Menschen, die sie ihr ganzes Leben lang gekannt hatte – waren kurz davor, sich in einen Mob zu verwandeln, bereit zum Lynchen.

3. KAPITEL
    Temperance stürzte nach vorn. In ihrem Wunsch, vor allen anderen bei ihm zu sein, warf sie sich ihm geradezu in die Arme. Er reagierte auf ihre Anwesenheit schneller als seine Ankläger. An seinem Blick sah sie, dass er sie sofort erkannte, er packte ihre Schultern und hielt sie fest. Sie entzog sich seinem Griff und fuhr herum, damit sie ihre Nachbarn ansehen konnte. Dabei breitete sie die Arme aus, um eine Barriere zwischen ihnen und Jack zu errichten.
    „Er ist kein Franzose! Er ist Engländer!“, rief sie. „Sein Urgroßvater war Gemischtwarenhändler hier in der Stadt. Du bist eine Klatschbase, Agnes Cruikshank! Aber es ist böse, einem unschuldigen Mann ein so sündhaftes Verbrechen vorzuwerfen – was?“, wandte sie sich über die Schulter zurück an Jack. „Warum zerrt Ihr ständig an mir herum?“
    „Weil ich mich normalerweise nicht hinter den Röcken einer Frau verstecke!“, gab er sanft zurück. Dabei gelang es ihm, ihre Positionen zu vertauschen, sodass er der Menge am nächsten stand. „Selbst wenn sie mich so geschickt verteidigt, wie Ihr es tut, Madam Tempest.“
    „Tempest?“, wiederholte jemand aus der Menge halb belustigt, halb ungläubig. „Jedenfalls kann er Mistress Temperance gut einschätzen!“
    „Er sieht wie ein Fremder aus“, meinte ein anderer Mann.
    „Ich bin genauso Engländer wie alle anderen hier“, sagte Jack. „Mein Urgroßvater war ein Gemischtwarenhändler, und ich wurde in Sussex geboren.“
    Wieder versuchte Temperance, sich vor ihn hinzustellen, doch er hielt ihre Arme fest und ließ es nicht zu.
    „Ich hörte ebenfalls von den Gerüchten, dass unsere Feinde das Feuer entzündet haben“, sagte Jack. „Heute Morgen ging ich hinaus, um uns gegen die Holländer zu verteidigen – aber nach allem, was ich hörte, entstand das Feuer durch einen Unfall, im Haus des königlichen Bäckers in Pudding Lane.“
    „Warum habt Ihr gestern in der Sprache der Heiden gesprochen?“ Agnes trat näher und sah ihn aus zusammengekniffenen Augen an. „Ich hörte Euch. Ihr nahmt Eure Perücke ab und rieft den Teufel an.“
    Jack grinste. „Wie lange lebt Ihr schon Tür an Tür mit Mistress Temperance?“
    „Fast dreiundzwanzig Jahre“, erwiderte Agnes, ohne ihn aus den Augen zu lassen. „Ich war bei ihrer Geburt dabei.“
    „Und in all diesen dreiundzwanzig Jahren habt Ihr nie den Wunsch verspürt, Euch die Haare zu raufen und zu fluchen?“, fragte er.
    Einige lachten. Nur die Tatsache, dass die Stimmung der Menge sich zu verbessern schien, hinderte Temperance daran, Jack gegen das Schienbein zu treten. Sie hatte sich in die Bresche geworfen, wild entschlossen, ihn zu retten, trotz seines ärgerlichen Benehmens und seiner fragwürdigen Moral – und er vergalt es ihr, indem er sich über sie

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