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Die Braut des Vagabunden

Die Braut des Vagabunden

Titel: Die Braut des Vagabunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CLAIRE THORNTON
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Aristokrat wirklich derselbe Mann, den sie in London gekannt hatte?
    Er sah sich im Raum um und konzentrierte sich schließlich ganz und gar auf sie. Von dem Augenblick an, da ihre Blicke sich begegneten, vermochte sie keinen klaren Gedanken mehr zu fassen.
    Er erwiderte ihren Blick, bis sie kaum noch atmen konnte, so viele Gefühle lagen unausgesprochen zwischen ihnen. Einen Moment später senkte er den Blick. Sie hätte erleichtert sein sollen, doch stattdessen enttäuschte es sie, dass ihr stummer Austausch so abrupt endete. Zitternd holte sie Atem, dann bemerkte sie, dass er seine Aufmerksamkeit nach wie vor auf sie gerichtet hielt. Er betrachtete ihre Hände, mit denen sie die Stuhllehnen umklammert hielt.
    Der Ring! Sein Ring! Er suchte den Beweis für ihre skandalöse Behauptung, seine Gemahlin zu sein!
    Sie begann sich zu erheben, erstarrte dann aber, als er sich abwandte und die Duchess ansprach.
    „Guten Morgen, Mama“, sagte er, mit einer Stimme, so kühl wie ein Wintertag. „Ich hoffe, Ihr erfreut Euch wie immer guter Gesundheit.“
    „Ja, danke.“ Eleanor neigte den Kopf.
    Jack blickte wieder zu Temperance hinüber, und in seinem Blick lag nichts als hoheitsvolles Gebaren.
    „Meine Liebe, Ihr habt auf mich gewartet“, sagte er. „Es tut mir leid, dass ich Euch so lange in London allein ließ.“
    Temperance holte tief Luft. Sie verstand den Adel nicht, aber wie es schien, gab es Regeln der Höflichkeit, die selbst dann galten, wenn ein Mann im Begriff stand, eine Frau als Lügnerin und Abenteurerin zu entlarven. Nun, sie war nicht von Adel. Aber auch sie konnte nach diesen Regeln spielen.
    Sie erhob sich und trat ein paar Schritte vor. Dann sank sie vor ihm in einen tiefen Knicks. „Euer Gnaden“, sagte sie, „ich bin froh, Euch so – wohlauf zu sehen.“
    Sie verweilte in dieser knienden Haltung, während das Schweigen immer länger andauerte und ihre Nerven so angespannt waren wie die Saiten einer Laute. Unwillkürlich stellte sie sich vor, wie er seinen Degen zog und ihr mit einem Hieb den Kopf abschlug. Jack würde sie nicht verfehlen, dessen war sie sicher, aber es würde …
    „Blut auf dem Teppich“, flüsterte sie, und ihr wurde schwindelig.
    Jack trat einen Schritt vor, und sie fühlte seine Hand auf ihrer Schulter. Sie zuckte zusammen, und er hielt sie fester. Hielt er sie, um sie für den Hieb vorzubereiten?
    „Tempest?“, fragte er ruhig.
    Sie holte noch einmal Luft und wagte es dann, ihm ins Gesicht zu sehen. Seine Miene konnte sie nicht erkennen, aber er sah nicht aus wie ein Mann, der sogleich seinen Degen ziehen würde. Tatsächlich streckte er ihr seine freie Hand entgegen.
    Sie hob ihren eigenen Arm, und seine Finger umschlossen ihre Hand. Seine Berührung war warm und fest, genau so, wie sie sie in Erinnerung hatte. Trotz allem waren seine Hände noch die von Jack Bow. Ein Schluchzen stieg in ihrer Kehle auf, doch sie unterdrückte es. Die Duchess war stets würdevoll und beherrscht, wie die Umstände auch immer sein mochten, und Temperance wollte ihr nicht nachstehen.
    Jack zog sanft an ihrem Arm. Offensichtlich sollte sie aufstehen. Sie versuchte es, aber ihre Knie waren steif. Ehe sie ihrem Körper ihren Willen aufzwingen konnte, beugte Jack sich vor, nahm die Hand von ihrer Schulter und schob sie unter ihren Ellenbogen. Mit seiner unerwarteten Hilfe gelang es ihr aufzustehen, sie konnte indes nicht aufhören zu zittern.
    Er zog sie an sich und legte einen Arm um sie. Vor Überraschung spannte sie sämtliche Muskeln an. Sie verstand nicht, warum er sich so verhielt. Eben noch hatte er so kühl geklungen, und jetzt hielt er sie umarmt. Er drückte fester, sodass sie an seiner breiten Brust lehnte. Mit einer Hand hielt er sie, und mit der anderen strich er über ihren Rücken.
    „Still, Liebes“, flüsterte er ihr ins Ohr. „Selbst im Angesicht der Flammen hast du nicht so sehr gezittert. Und ich bin kein Ungeheuer.“
    Etwas in ihr veränderte sich. Wenn er sie so im Arm hielt, fühlte er sich an wie Jack, und jetzt sprach er sogar so. Sie sank an seine Brust und konnte sich dem Trost nicht entziehen, den er ihr bot. Für ein paar Augenblicke glaubte sie fast, wieder im Laden zu sein, während er sie zum ersten Mal küsste. Immer und immer wieder hatte sie sich daran erinnert, wie es sich angefühlt hatte, in seinen Armen zu sein. Hatte davon geträumt und war tränenüberströmt erwacht, weil er tot war.
    Als ihr wieder sein wirklicher Rang einfiel, drehte sie

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