Die Braut des Vagabunden
aufbrach. Es war ganz einfach.“
„Du hattest da schon den Entschluss gefasst? Ehe du überhaupt mit mir gesprochen hattest?“ Temperance sah ihn an.
„Natürlich nicht. Bis heute Morgen hatte ich keinen festen Entschluss gefasst.“ Er sah sie nicht an. „Aber es zahlt sich aus, auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Schreib deinen Namen und alles andere hierhin.“ Er zeigte auf eine leere Stelle. Nach einem Moment der Verwirrung begriff sie, dass er offensichtlich plante, die Information später auf das offizielle Dokument zu übertragen. „Zuerst war mir nicht klar, dass ich deinen Nachnamen nicht weiß. Ich unterbrach dich, ehe du ihn mir in jener Nacht in Cheapside nennen konntest …“
„Challinor.“ Sie griff nach der Feder und zögerte dann. „Bist du sicher?“, fragte sie. „Bist du ganz sicher, dass du das wirklich willst?“
„Die Sache ist bereits entschieden“, erwiderte er schroff. „Schreib alles auf und unterschreibe dann.“
Sein Ton ließ keine Widerrede zu. Er hatte recht, sie hatten die Sache am Morgen geklärt – ein etwas herzlicherer Tonfall wäre ihr indes lieber gewesen. Es war nicht gerade ein ermutigender Anfang für ihr offizielles Eheleben.
Sie nahm die Feder und schrieb ihren Namen hin, ihr Alter und die Adresse ihres Ladens in Cheapside. Schließlich hatten sie diesem Dokument zufolge vor dem Feuer geheiratet, und ihr Laden stellte einen Besitz dar, der in jedem Heiratsdokument aufgeführt werden würde. Sie fügte auch den Namen ihres Vaters hinzu. Obwohl er schon seit zwei Jahren tot war und seine Anwesenheit sich nur mit ein paar Worten auf dem Pergament bemerkbar machen würde, wollte sie, dass er dabei war. Endlich schrieb sie ihren Namen an die Stelle, die Jack ihr gezeigt hatte, dann lachte sie, als sie auf die feuchte Tinte blickte, die im Licht der Kerze glänzte.
„Wenigstens kann ich lesen, schreiben und rechnen“, sagte sie. „Ich hatte keine Ahnung, dass eine Duchess so etwas können muss.“
„Ja.“
Jacks Antwort fiel so knapp aus, dass Temperance zu ihm aufsah. Er betrachtete die Dokumente, seine Miene war undurchdringlich.
Es fiel Temperance schwer zu atmen. Sie hatte nur deshalb genug Vertrauen gehabt, um Jacks Antrag anzunehmen, weil er so entschlossen gewesen war, sie zu seiner Gemahlin zu machen. Seine offensichtlichen Zweifel erschreckten sie jetzt. Sie versuchte zu sprechen, aber ihre Kehle war wie zugeschnürt. Schweigend sahen sie zu, wie die Tinte trocknete.
Schließlich nahm Jack die Dokumente und schob sie zurück in seine Tasche. Temperance war fest davon überzeugt, dass seine Finger gezittert hatten.
„Wir können sie zerreißen“, platzte sie heraus. „Es ist noch nicht zu spät dazu. Wir können sie zerreißen. Gib sie mir.“ Gebieterisch streckte sie die Hand aus. Nur mit seiner vollen Unterstützung konnte sie als Jacks Duchess überleben. Wenn er Bedenken hatte, mussten sie handeln, bevor es zu spät war.
„Nein. Nein, es ist getan. Du bist meine Gemahlin.“ Sie hörte den festen Entschluss in seinen Worten, und doch konnte er ihr nicht in die Augen sehen. Temperance presste die Hände fest zusammen und wünschte, sie wüsste, wie sie die Mauer durchdringen könnte, die er um sich errichtet hatte. Sie fragte sich, wie lange es wohl dauern würde, bis sie mit seinen wechselnden Stimmungen vertraut war und wusste, wie sie damit umzugehen hatte.
Er räusperte sich.
„Ich weiß, du musst müde sein“, sagte er. „Es tut mir leid, dass ich dich geweckt habe, aber ich brauchte deine Unterschrift auf diesen Dokumenten. Jetzt werde ich dich nicht länger vom Schlafen abhalten.“
„Du wirst nicht …“ Temperance begriff, dass er sie entließ, damit sie in ihr eigenes Gemach zurückkehrte. Sie wollte widersprechen, ihn schütteln, bis er ihr sagte, warum er auf einmal so abweisend geworden war, aber das wäre würdelos. „Gute Nacht, Euer Gnaden“, sagte sie. „Ich hoffe, Ihr werdet gut schlafen.“
Er schwieg, bis sie an der Tür war.
„Jack“, sagte er. „Nenn mich Jack.“
Sie wandte sich um und sah ihn mitten auf dem Teppich stehen. Er beobachtete sie immer noch mit derselben ausdruckslosen Miene. Trotz seiner zweifellos aristokratischen Haltung wirkte er einsam, beinahe so, als wäre er derjenige, der sich hier fremd fühlte. Nur war diese Idee so lächerlich, dass Temperance sie gleich verwarf.
„Gute Nacht, Jack“, sagte sie und schloss die Tür.
Ihre Knie zitterten. Sie ging zum Bett
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