Die Braut des Vagabunden
Swiftbourne eine Mätresse?
„Windle könnte Euch lästiger fallen als Vivien“, sagte Swiftbourne. „Eure Heirat hat seine Pläne für seine Tochter durchkreuzt.“
„Windle?“ Jack runzelte die Stirn. „Mit ihm würde ich nie verhandeln. Er hat keinen Grund zur Klage.“
„Das sagte ich auch nicht“, erwiderte Swiftbourne. „Nur, dass Ihr Euch einen Feind gemacht habt. Er war schon hoch verschuldet, und die Verluste durch den Brand haben ihn an den Rand des Ruins getrieben. Ein paar Tage ehe ich London verließ, hörte ich ihn über einen Fall sprechen, den er gerade vor dem Brandgericht verloren hatte. Ein Teil des Kilverdale-Vermögens wäre ein nettes Bollwerk gegen den Bankrott gewesen.“
Jack zuckte die Achseln. „Bis ich wieder in London bin, wird er einen anderen möglichen Bräutigam gefunden haben“, sagte er. „Seine Tochter tut mir leid.“
Über Swiftbournes Gesicht zuckte ein Lächeln, so schnell, dass Jack sich fragte, ob er sich das nur eingebildet hatte. „Ich bin erleichtert, dass Ihr es nicht auf Euch genommen habt, sie zu retten“, sagte er. „Windle wäre kein willkommenes Familienmitglied gewesen.“
Während die Fensterläden im Wind klapperten, gingen sie ein Stück weiter. Jack war fest entschlossen, seinen Großvater nicht zu fragen, ob er Temperance als willkommenes Familienmitglied betrachtete. In jedem Fall war er als der Duke of Kilverdale das Oberhaupt seiner eigenen Familie.
„Mit etwas Glück wird der Wind die Wolken vertreiben, und Ihr habt bei der Hochzeit schönes Wetter“, sagte Swiftbourne.
„Außerdem würde das Eure Rückreise nach London angenehmer machen“, sagte Jack abweisend. Diable! Er würde seinen Großvater nicht nach seiner Meinung zu dieser Hochzeit fragen!
„Seid Ihr je auf den Gedanken gekommen, dass Ihr mich deshalb nicht mögt, weil Ihr mir ähnlicher seid, als es Euch lieb ist?“, fragte Swiftbourne.
„Wie bitte?“ Jack blieb stehen.
„Euer Vater war ein Idealist“, sagte Swiftbourne. „Und er war ein Narr. Ihr …“, er warf Jack einen ironischen Blick zu, „… lernt aus Euren Fehlern.“
Damit machte er kehrt, während Jack zurückblieb und ihm nachsah, teils wütend – teils verwirrt.
Auf welche Fehler genau spielte sein Großvater an? Das Durcheinander, das Jack nach seiner ersten Verlobung mit Lady Desirée angerichtet hatte? Er hatte sich sehr bemüht, bei seinen Gesprächen mit Lord Windle keine Missverständnisse aufkommen zu lassen. Sollte das der Fall sein, so konnte er leben mit dem versteckten Lob, das sich hinter Swiftbournes Worten verbarg – aber er wollte verdammt sein, wenn er dem alten Mann ähnlich war.
Am Vormittag des Tages, nachdem die Gäste eingetroffen waren, trat Temperance aus ihrem Salon und stolperte beinahe über Lady Desirée.
„Oh, verzeiht mir!“, rief sie aus.
„Es war mein Fehler“, erwiderte Lady Desirée rasch. „Ich habe nicht auf den Weg geachtet.“
„Ich auch nicht“, bekannte Temperance und fragte sich, was sie zu ihrem vornehmen Gast noch sagen sollte.
Sie hatte bemerkt, wie Jakob am Vortag mehrmals höflich versucht hatte, sie ins Gespräch zu ziehen. Er hatte die falschen Heiratsdokumente unterzeichnet, was bedeutete, dass er als Einziger wusste, dass sie Jack nicht in London geheiratet hatte. Sie war fest davon überzeugt, dass er ihr gegenüber misstrauisch war. Hatte er mit seiner Gemahlin über seine Zweifel gesprochen? Sie spürte, dass Lady Desirée sich in Kilverdale Hall nicht wohlfühlte, aber sie war nicht sicher, ob ihr Gast sich in Jacks Gesellschaft nach wie vor unbehaglich fühlte oder ob es daran lag, dass sie seine niedrig geborene Braut missbilligte.
„Ich freue mich, dass Ihr und Colonel Balston der Zeremonie morgen beiwohnt“, sagte Temperance. „Jack – ich meine, Kilverdale“, verbesserte sie sich, „ist Colonel Balston sehr verbunden.“
Lady Desirée nickte höflich.
Temperance beschloss, geradewegs auf einen der möglichen Gründe für das Unbehagen der anderen Frau loszustürmen.
„Ich hoffe, es ist Euch nicht zu unangenehm, hierher zurückzukehren“, sagte sie. „Jacks Verhalten in Gesellschaft ist zuweilen etwas förmlich, aber er freut sich wirklich, dass Ihr gekommen seid.“
Lady Desirée sah sie erschrocken an und errötete dann.
„Ihr wisst, was geschehen ist?“, fragte sie. „Ich habe nicht damit gerechnet, dass er etwas darüber sagt. Er …“
„Das hat er nicht“, sagte Temperance schnell. „Das heißt,
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