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Die Braut im Schnee

Die Braut im Schnee

Titel: Die Braut im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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Haus, wo mit der Nachbarschaft gekuschelt wird.»

ACHT
    «Wo warst du, Tobi? Ich bin nach der Schule bei dir gewesen. Dann hab ich den ganzen Nachmittag versucht, dich anzurufen. Ich habe mir Sorgen gemacht.»
    Mara saß auf der Bettkante und drückte das Telefon an ihr Ohr. Sie hatte die Zimmertür geschlossen und sprach so leise wie möglich. Sie hatte in letzter Zeit den Verdacht, dass ihr kleiner Bruder auf dem Flur herumschlich und sie belauschte.
    «Ich bin mit dem Rad rumgefahren. Ich hatte mein Handy nicht dabei», sagte Tobi.
    «Ich war bei der Polizei. Sie haben mich gefunden. Als ich heute Morgen aus dem Haus kam, standen sie beim Kiosk. Sie haben mich einfach mitgenommen.»
    «Ich weiß.»
    «Du weißt?»
    «Ich war da. Ich saß auf der Mauer, als sie kamen.»
    «Tobi, du musst mit ihnen reden. Sie müssen den Mann mit der Pistole finden. Sie müssen ihn kriegen, bevor er dich findet. Bevor noch mehr passiert. Sprich mit ihnen.»
    «Nein. Hast du ihnen etwas gesagt? Wissen sie, wer ich bin?»
    «Ich habe nichts gesagt. Aber sie kannten deinen Vornamen. Ich habe versprochen, nochmal mit dir zu reden. Das ist alles. Einer der Polizisten hat mir seine Visitenkarte gegeben. Ich habe sie bei euch in den Briefkasten geworfen.»
    Tobi war jetzt ans Fenster getreten. Er schob die Gardine ein wenig zur Seite und schaute hinaus. Sofort winkte die dicke Frau vom anderen Block ihm zu.
    «Ja», sagte er. «Hauptkommissar Robert Marthaler. Ich habe die Karte in der Hand.»
    «Der Mann war freundlich, Tobi. Er wartet darauf, dass du ihn anrufst. Er hat mir versprochen, dass niemand mir folgen wird.»
    «Er hat dich belogen, Mara.»
    «Was soll das heißen: Er hat mich belogen?»
    Tobi schaute auf die Straße. Zum dritten Mal in der letzten Viertelstunde fuhr ein Streifenwagen langsam an ihrem Haus vorbei. Jetzt blieb das Auto auf der gegenüberliegenden Straßenseite stehen. Der Fahrer trug Uniform und hatte eine Sonnenbrille auf. Er hatte die Scheibe heruntergelassen und schaute in Tobis Richtung.
    «Sie sind dir gefolgt, Mara. Sie wissen, wo ich wohne. Auf der Straße steht ein Polizeiwagen.»
    «Das kann nicht sein, Tobi.»
    «Es ist aber so.»
    «Dann geh runter. Geh hin und sprich einfach mit ihnen. Das ist das Beste, was du tun kannst.»
    «Nein. Wenn sie mich gefunden haben, wird auch der Mann mit der Pistole mich finden. Hast du’s nicht im Fernsehen gesehen? Was er mit der Frau in den Schwanheimer Dünen gemacht hat? Was meinst du wohl, was er mit mir machen wird, wenn er mich findet?»
    Tobi merkte, wie er innerlich zu zappeln begann. Er hatte Angst. Aber er gab sich Mühe, so normal wie immer zu klingen. Er wollte nicht, dass Mara sich von seiner Panik anstecken ließ.
    «Was willst du tun?»
    «Ich muss abhauen, Mara. Ich muss verschwinden. Jetzt. Sofort.»
    «Und was ist mit deinem Großvater? Er kann doch nicht allein bleiben?»
    «Du musst dich um ihn kümmern. Ich werde den Wohnungsschlüssel im Haus gegenüber abgeben. Dort wohnt eine Frau. Sie ist ziemlich dick, sie heißt Hofmeister. Hol den Schlüssel bei ihr ab und schau nach Opi, ja? Ich muss jetzt Schluss machen. Der Polizist ist ausgestiegen, er kommt auf unser Haus zu. Ich melde mich bei dir.»
    Kurz darauf klingelte es an der Tür. Einmal, zweimal. Dann ein drittes Mal.
    Tobi wartete. Er hörte seinen Großvater, der aus dem Nebenzimmer nach ihm rief.
    «Es hat geklingelt», sagte der alte Mann mit leiser Stimme, als Tobi neben sein Bett trat.
    «Ja, Opi, kümmer dich nicht drum. Ich habe die Klingel schon abgestellt. Schlaf einfach weiter.»
    «Ich bin nicht müde, Tobi.»
    «Ich weiß, das sagst du immer   … Opi, ich muss weg. Vielleicht für ein paar Tage. Mara wird sich um dich kümmern. Hast du gehört? Ich gebe ihr unseren Schlüssel. Sie wird gut zu dir sein.»
    Tobis Großvater nickte, aber der Junge war sich nicht sicher, ob der alte Mann ihn verstanden hatte. Das Schmerzmittel, das er ihm vor einer Stunde gegeben hatte, war stark, und sicher würde er gleich wieder in seinem Dämmer versinken.
    Tobi ging zurück in sein Zimmer und schaute aus dem Fenster. Das Polizeiauto war verschwunden. Er ging zum Kleiderschrank, zog die große Schublade auf und nahm den Rucksack heraus. Er packte Unterhosen und Socken ein, einen Pullover, zwei T-Shirts und eine frische Jeans. Seinen Ausweis und einen 5 0-Euro -Schein steckte er in den ledernen Brustbeutel, den er sich um den Hals hängte. Dann zog er seine Regenjacke über und verstaute das

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