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Die Braut im Schnee

Die Braut im Schnee

Titel: Die Braut im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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dabei ihren Angreifer verletzt hatte. Oftmals wurden von den Rechtsmedizinern fremde Hautpartikel oder Haare unter den Fingernägeln des Opfers gefunden, die später halfen, den Täter zu überführen. Thea Hollmann schaute Marthaler an. Dann schüttelte sie den Kopf.
    «Auf den ersten Blick nichts. Leider. Wir müssen die Analysen noch abwarten, aber ich fürchte, der Täter hat keine verwertbaren Gewebespuren hinterlassen. Es scheint, als habe er an alles gedacht.»
    Marthaler nickte. Er hatte genug gehört. Alles Weitere würde er aus dem Obduktionsbericht erfahren. Er verabschiedete sich und verließ den Sektionssaal. Als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, atmete er durch. Er stieg die Treppe hinauf, ging zum Ausgang und nickte dem Pförtner zu. Als er im Freien stand, zündete er sich eine Zigarette an.
    «O Gott, Herr Kommissar, Sie sind ja weiß wie die Wand.»
    Marthaler schaute sich um. Es war niemand zu sehen. Dann tauchte der Kopf eines Mannes unter der Motorhaube des gelben Porsche Targa auf, der ein paar Meter weiter am Bordstein geparkt war. Marthaler erkannte den Hausmeister des Zentrums für Rechtsmedizin, einen schlanken Mann Ende dreißig, der wegen seiner rotbraunen Haare von allen Füchsel genannt wurde. Füchsel grinste ihm entgegen: «Sie waren wohl auf Kundenbesuch? Wie wär’s mit einemSchlückchen Glücklich? Sieht so aus, als könnten Sie was vertragen.»
    Marthaler wollte bereits ablehnen, dann überlegte er es sich anders. Er folgte dem Mann zu dem kleinen Anbau, in dem sich die Werkstatt und das Materiallager befanden. Der Hausmeister verschwand im Nebenraum und kam kurz darauf mit zwei Wassergläsern und einer Flasche Wodka wieder. Während er beide Gläser bis zur Hälfte füllte, zwinkerte er Marthaler verschwörerisch zu.
    «Ich hab was Neues auf Lager. Wollen Sie’s hören?»
    Marthaler nahm einen großen Schluck aus dem Glas und nickte. «Also gut, Füchsel, legen Sie los!»
    Der Hausmeister stellte sich vor ihm in Positur, atmete tief ein und begann zu pfeifen. Er pfiff so traumwandlerisch schön, dass Marthaler unwillkürlich lächeln musste. Er erkannte die Melodie sofort. Es war die Arie der Königin der Nacht aus dem ersten Akt von Mozarts Zauberflöte.
    Marthaler schloss die Augen und ließ den Schnaps und die Musik auf sich wirken. Als die letzten Töne verklungen waren, schaute Füchsel ihn erwartungsvoll an.
    «Das war schön», sagte Marthaler, «schöner als alles, was ich in den letzten Tagen erlebt habe.»
    Füchsel seufzte. «Ja», sagte er, «aber nichts ist so schön wie die schöne Frau Hollmann. Haben Sie sie gesehen?»
    «Ja, sie ist sehr apart.»
    «Apart», erwiderte Füchsel versonnen. «Apart ist das Wort, das ich gesucht habe. Thea Hollmann ist das aparteste Wesen, dem ich je begegnen durfte.»
    Marthaler hob sein Glas und trank es aus. «Füchsel, Sie sind ein Schwerenöter. Aber Sie haben mir gut getan. Und jetzt rufen Sie mir bitte ein Taxi.»
    «Wo wollen Sie hin? Ich habe sowieso seit einer halben Stunde Feierabend. Ich kann Sie fahren. Auf mich wartetnichts als eine leere Wohnung und eine volle Flasche Wodka.»
    Noch so einer, dachte Marthaler, noch so einer, der allein ist wie ein Stein. Er zog den Zettel mit Terezas Adresse aus seiner Manteltasche. «Ich muss in die Lorsbacher Straße», sagte er. «Und ich habe keine Ahnung, wo das ist.»
    «Aber ich», erwiderte Füchsel. «Gleich bei mir um die Ecke. Im Kamerun.»
    Schweigend saßen sie in dem alten gelben Porsche nebeneinander: ein Hauptkommissar der Kriminalpolizei auf dem Weg, alles wieder gutzumachen. Und ein Hausmeister, der sich einer einsamen Nacht entgegentrinken würde. Marthaler lehnte seine Stirn an die kalte Scheibe der Beifahrertür und schaute in die Dunkelheit. Er war erschöpft, trotzdem freute er sich darauf, Tereza wiederzusehen. Aber er hatte auch Angst vor dieser Begegnung. Er fragte sich, wie sie auf seine Erklärungen reagieren würde.
    Kaum zwanzig Minuten später hatten sie das westliche Ende des Gallusviertels erreicht. Warum die Siedlung im Volksmund seit hundert Jahren Kamerun genannt wurde, wusste niemand mehr so genau. Füchsel musste ein paarmal um den Block fahren, bis er einen Parkplatz gefunden hatte. Dann stellte er den Wagen am Straßenrand ab.
    «Die zweite links ist die Lorsbacher», sagte er, als sie auf dem Bürgerstieg nebeneinander standen. «Wenn Sie Lust haben, können Sie ja nachher noch auf einen Schluck zu mir hochkommen.»
    «Danke. Mal sehen. Ich

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