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Die Braut im Schnee

Die Braut im Schnee

Titel: Die Braut im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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eine ganze Liste mit Kandidaten, die wegen unterschiedlicher Sexualdelikte verurteilt worden sind, die zurzeit auf freiem Fuß sind und außerdem in Frankfurt oder Umgebung ihren Wohnsitz haben. Ich denke, wir sollten ihnenallen in den nächsten Tagen einen Besuch abstatten. Außerdem habe ich versucht, eine möglichst genaue Beschreibung unseres Falls zu erstellen. Diese Darstellung habe ich heute Morgen ans BKA weitergeleitet, um zu hören, ob ihnen dazu etwas einfällt. Fehlanzeige. Etwas Vergleichbares ist ihnen in den letzten zwanzig Jahren nicht untergekommen. Allerdings waren die Kollegen dort sehr interessiert. Sie bieten jegliche Unterstützung an und bitten darum, umgehend mit allen neuen Informationen gefüttert zu werden.»
    Marthaler nickte. «Das kann ich mir denken», sagte er. «Und ich fürchte, dass wir ihre Hilfe trotzdem brauchen werden.»
    Sven Liebmann war aufgestanden und schaute aus dem Fenster. Jetzt drehte er sich zu den anderen um. Sein schmales Gesicht war blass. «Irgendwas machen wir falsch», sagte er. «Ich habe das Gefühl, wir stecken mit den Füßen in feuchtem Zement, und dieser Zement wird langsam trocken. Wir sind in den letzten zwei Tagen nicht einen Millimeter weitergekommen. Wir arbeiten wie die Wilden. Aber wir arbeiten nur, um etwas zu tun, um nicht tatenlos herumzusitzen. Habt ihr gesehen, was die Presse schreibt. Sie fragen sich, warum wir noch keine Ergebnisse haben. Ein brutaler Mörder läuft frei herum, und wir haben nicht den Hauch einer Ahnung, nach wem wir suchen sollen. Die Leute in der Stadt haben Angst, vor allem die Frauen. Und diese Angst wird weiter wachsen. Wir tappen im Dunkeln. Genauso gut könnten wir abwarten, bis wieder etwas passiert.»
    Liebmann hatte ausgesprochen, was sie alle dachten. Sie hatten den Eindruck, dass ihre Ermittlungen ins Leere liefen. Aber Marthaler wusste, dass sie nicht nachlassen durften. Sie konnten es sich nicht erlauben, dass ihnen ihre eigene Arbeit vergeblich vorkam. Nichts war schädlicher als eine solche Stimmung.
    «Nein, nein, nein», sagte er. «Noch nie war unsere Arbeit umsonst. Es stimmt: Wir sind ratlos. Umso beharrlicher müssen wir sein. Wir müssen weiter im Nebel stochern. Irgendwann werden wir auf etwas stoßen, das uns einen Schritt weiterbringt. Vielleicht merken wir es nicht sofort, aber es wird so sein. Wir haben keine andere Wahl.»
    Marthaler schaute in die Gesichter seiner Kollegen. Er merkte, dass sie ihm seine Entschlossenheit nicht abnahmen. Deshalb war er dankbar, als er sah, dass Kerstin Henschel nickte.
    «Robert hat Recht», sagte sie. «Was schlagt ihr vor? Was sollen wir tun?»
    Marthaler ergriff noch einmal das Wort: «Ich war gestern im Zentrum der Rechtsmedizin. Am Leichnam unseres Opfers sind alte Narben entdeckt worden. Gabriele Hasler ist schon früher gefoltert und gefesselt worden. Und zwar auf dieselbe Weise, wie es auch jetzt wieder geschehen ist. Das heißt, unser Fall hat eine Vorgeschichte. Überprüft, ob es damals eine Anzeige in dieser Sache gegeben hat! Wenn sie sich von einem Arzt hat behandeln lassen, müssen wir diesen Arzt finden. Und noch etwas: In dem Zeitungsbericht, den Kai erwähnte, ist von einer Studienfreundin die Rede gewesen. Wer ist diese Freundin? Wir müssen mit ihr sprechen. Wir werden sie finden, und wenn wir dafür die ganze Republik absuchen müssen. Und wir werden das tun, was Manfred vorgeschlagen hat: Wir werden alle Sexualstraftäter abklappern, wir werden die gesamte Szene aufmischen. Vielleicht brauchen wir Verstärkung, um das alles leisten zu können. Aber dann werden wir diese Verstärkung bekommen.»
    Als Marthaler geendet hatte, herrschte einen Moment lang Schweigen. Dann wurde die Tür geöffnet. Elvira streckte den Kopf herein: «Was ist denn hier los? Jemand gestorben?»
    «Was gibt’s?», fragte Marthaler.
    «Herrmann ist schon wieder am Apparat. Er will, dass du umgehend ins Präsidium kommst.»
    «Herrmann geht mir auf die Nerven. Ich kann nicht unentwegt Rapport erstatten. Wir haben zu arbeiten.»
    Elvira grinste. «Wenn du möchtest, werde ich ihm das so ausrichten.»
    Marthaler atmete durch. «Sag ihm, ich bin in einer Viertelstunde da. Was ist mit den Fernsehleuten vor dem Haus?»
    «Die sind weg», sagte Elvira. «Ich habe behauptet, du seiest krank.»
    «Gut. Und hast du beim ‹City-Express› etwas herausbekommen?»
    «Sie erklären, nicht zu wissen, wer der Fotograf ist.»
    «Was soll das heißen? Entweder war es einer ihrer

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