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Die Braut im Schnee

Die Braut im Schnee

Titel: Die Braut im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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Angestellten, oder sie haben den Schnappschuss von einem freien Fotografen gekauft. Irgendwer hat auf den Auslöser gedrückt, und irgendwer bekommt dafür Geld, dass er nachts unbefugt in ein versiegeltes Haus eingedrungen ist und Bilder gemacht hat, die er nicht hätte machen dürfen.»
    «Ja, aber die zuständige Redakteurin sagt, dass sie das Foto von einer Agentur bezogen haben.»
    «Dann rufst du eben bei dieser Agentur an und verlangst Namen und Adresse des Fotografen. Ich will nicht, dass solche Typen ungeschoren davonkommen.»
    Elvira verdrehte die Augen. «Robert, wie lange arbeiten wir zusammen? Warum musst du eigentlich unentwegt so tun, als seiest du von Anfängern umgeben? Natürlich habe ich längst bei der Agentur angerufen. Zuerst haben sie sich geweigert, irgendetwas zu sagen. Als ich ihnen mit einer Hausdurchsuchung gedroht habe, gaben sie mir die Auskunft, dass ihnen ein unbekannter Mann das Foto telefonisch angeboten habe. Das Honorar haben sie angeblich auf ein anonymes Schweizer Konto überwiesen.»
    «Verdammter Mist.»
    «Dasselbe habe ich dem Herrn von der Agentur auch gesagt.»
    «Und? Wie hat er reagiert?»
    «Er hat gelacht.»

ZWÖLF
    Marthaler hatte bereits zweimal geklopft, ohne eine Antwort zu erhalten. Schließlich legte er sein Ohr an die Tür und hörte ein kaum vernehmliches «Herein».
    Nachdem der Wasserschaden den gesamten Westflügel im zweiten Stockwerk des neuen Präsidiums bis auf weiteres unbenutzbar gemacht hatte, war auch Hans-Jürgen Herrmann in ein provisorisches Büro im Erdgeschoss umgezogen. Der Leiter der Mordkommission saß in einem fensterlosen kleinen Raum und bat seinen Hauptkommissar mit leiser Stimme, Platz zu nehmen. Die einzige eingeschaltete Lichtquelle war der Computermonitor auf Herrmanns Schreibtisch. Marthalers Augen brauchten einen Moment, bis sie sich an die Dunkelheit des Zimmers gewöhnt hatten.
    «Was ist denn hier los?», fragte Marthaler. «Soll ich den Hauselektriker rufen?»
    «Nein», flüsterte Herrmann, «ich bin leidend. Ein Migräneanfall. Sie müssen entschuldigen. Ich empfange Sie sozusagen unter erschwerten Bedingungen.»
    Marthaler nickte. Plötzlich fuhr er herum. Erst jetzt bemerkte er, dass sich eine weitere Person in der Dunkelheit des Büros aufhielt. Er erkannte Raimund Toller, der von seinem Stuhl aufgestanden war, um ihn zu begrüßen. Bevor Marthaler seiner Überraschung hatte Herr werden können, schüttelte der andere ihm bereits die Hand.
    «Setzen Sie sich, meine Herren», sagte Herrmann, «setzen Sie sich.»
    Widerstrebend folgte Marthaler der Aufforderung seines Vorgesetzten.
    «Und jetzt berichten Sie uns bitte über den Mord in Oberrad. Wie weit sind Sie mit Ihren Ermittlungen? Welche Fortschritte gibt es?»
    Marthaler zuckte hilflos die Achseln. Bevor er ansetzen konnte, etwas zu sagen, ergriff Herrmann erneut das Wort: «Nichts, nicht wahr?! Wir haben gar nichts.» Er drehte seine beiden Handflächen nach oben und zeigte sie Marthaler. «Ich werde auch morgen wieder vor die Presse treten und sagen müssen: Seht her, das ist alles, was ich habe. Nichts. Leere Hände. Dort draußen läuft ein Killer durch die Gegend, und die Stadt ist ihm schutzlos ausgeliefert. Weil wir, die Polizei, nicht wissen,
wer
er ist,
wo
er ist und wie wir seiner habhaft werden können.»
    Marthaler hatte den Eindruck, dass Herrmanns Stimme mit jedem Satz an Festigkeit gewann. Wahrscheinlich war sein angeblicher Migräneanfall ein Trick, den er auf einem seiner Seminare in Personalführung und Verhandlungstechnik gelernt hatte. Marthaler hatte allerdings keine Ahnung, auf was dieses Gespräch hinauslaufen sollte.
    «Chef, es stimmt, dass wir wenig haben. Es wäre gut, wenn wir uns wenigstens vorübergehend ganz auf den Mord in Oberrad konzentrieren könnten. Uns wäre schon geholfen, wenn die Kollegen vom MK II für eine Weile unsere anderen Fälle übernehmen würden.»
    «Genau das», erwiderte Herrmann, «habe ich vor einer halben Stunde angeordnet.»
    «Außerdem», fuhr Marthaler fort, «könnten wir noch Verstärkung gebrauchen, wenigstens ein, zwei Leute. Die Ermittlungsarbeit wird ziemlich aufwändig werden, und   …»
    Herrmann wechselte einen Blick mit Toller. Dann lächelte er: «Herr Hauptkommissar, Ihrer Bitte wird entsprochen. Der Kollege Raimund Toller wird Ihnen für die Dauer der Ermittlungen mit seiner ganzen Kraft zur Verfügung stehen.»
    Marthaler wurde blass. Erst jetzt merkte er, dass er in eine Falle getappt war. Mit

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