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Die Braut sagt leider nein

Titel: Die Braut sagt leider nein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Mädel.«
    »Soll ich gehen?« Tanja klang leicht beleidigt.
    »Bloß nicht! Ich dusche nur zuerst«, sagte Alex. Meine Knie gaben nach. Langsam glitt ich an den Kacheln hinab.
    »Ich war den ganzen Tag unterwegs.« Alex' Stimme kam näher.
    »Zeitverschwendung«, erwiderte Tanja. »Wir duschen nachher zusammen. Miau, miau! Die Wildkatze wartet schon.«
    Ich blieb auf dem Fußboden hocken, schlang die Arme um die Knie und schloss meine Augen. Das passiert alles nicht wirklich, dachte ich.
    Nebenan knirschten die Bettfedern, das glockenhelle Miauen klang jetzt etwas atemlos. Meine Knie fühltensich an wie Pudding, nicht mal die Hände konnte ich heben, um sie mir auf die Ohren zu pressen.
    »Müssen wir nicht aufpassen?«, hörte ich Tanja nach einer Weile fragen. Ich hob lauschend den Kopf.
    »Keine Sorge«, erwiderte Alex. »Heute ist der vierundzwanzigste Tag deines Zyklus.«
    Das gab mir den Rest. Alex wandte Doktor Ratzels natürliche Empfängnisplanung auch bei Tanja an! Ich weiß nicht, warum ich mich ausgerechnet jetzt daran erinnerte, dass ich das Buch damals bezahlt hatte.
    Auf einmal hatte ich wieder Kraft in den Beinen. Lautlos erhob ich mich und schlich zurück an meinen Türspalt. Ich wollte nicht sehen, wie sich Alex' haarige Beine auf den schwarzen Strümpfen ausmachten, ich wollte nur weg hier, ehe mich jemand sah.
    Tanja stieß in regelmäßigen Abständen kleine, spitze Schreie aus, ungefähr so: »Iih, iih, iih«, und Alex stöhnte leise. Das Stöhnen war mir sehr vertraut, er atmete dabei durch die Nase und hielt die Augen geschlossen. Ich wusste genau, was jetzt kam, ich kannte sein Ti-ming im Schlaf.
    Ohne besondere Rücksicht auf eventuelle Geräusche packte ich meine Bürste und das Make-up-Täschchen in den Rucksack, griff nach meiner Handtasche und öffnete die Badezimmertür. Von hier bis zur Zimmertür hinaus auf den Flur waren es ungefähr viereinhalb Meter. Ich wartete auf den richtigen Zeitpunkt, um loszusprin-ten, ohne dass die beiden auf der Paisleydecke mich bemerkten.
    »liihiiiiihiiiihiiiiihiiiih«, schrie Tanja durchdringend, aber Alex war noch nicht so weit.
    Sein Stöhnen musste sich erst zu einem Schnauben steigern, danach in ein rhythmisches Röhren übergehen.Tanja kannte sein Timing offenbar auch schon. Nach dem Dauerschrei begann sie erneut mit ihren kleinen, spitzen Schreien, die klangen aber nicht so echt wie vorher. Hoffentlich behielt sie bei ihren gespielten Orgasmen wenigstens die Augen geschlossen.
    Als Alex' Schnauben in Röhren überging, die spitzen Schreie immer schneller hintereinander ertönten, rannte ich über den roten Teppichboden, riss die Tür auf und zog sie leise hinter mir ins Schloss, ohne einen Blick auf das Bett zu riskieren. Schwer atmend warf ich mich im Flur an die Wand.
    Das schrille »Iiihiiiiihiiiihiiiiihiiiih« mischte sich drinnen mit einem sonoren »Ööööööööööööööh!« Die beiden waren perfekt aufeinander abgestimmt.
    Zur gleichen Zeit kotzte ich auf den dicken flauschigen Teppichboden im Hotelflur. Das Erbrochene zog sofort ein.

VOR DEM PORTAL des Hotels wartete ein Taxi, wie für mich bestellt. Ich öffnete die Tür und ließ mich auf den Beifahrersitz fallen.
    »Müller, nach Landau?«, erkundigte sich der Taxifahrer. Er hatte offensichtlich nicht auf mich gewartet. Ich wollte aber um keinen Preis noch einmal aussteigen.
    »Ja, Müller«, flüsterte ich. »Aber zum Bahnhof. Ich fahre mit dem Zug.«
    Der Taxifahrer gab Gas. Im Außenspiegel sah ich einen Mann mit Koffer vor das Portal treten, der sich suchend umschaute. Herr Müller, dachte ich. Tut mir echt Leid, aber das hier ist ein Notfall. Ich lehnte mich zurück und zählte die vorbeiflitzenden Straßenlaternen, um nicht vor dem Taxifahrer weinen zu müssen. Trotzdem reichte er mir nach einer Weile ein Taschentuch herüber, ohne Worte. Ich schnupfte dankbar hinein, ebenfalls ohne Worte.
    Die Fahrt zum Bahnhof kostete nur vierzehn Mark dreißig.
    »Wieso habe ich auf dem Hinweg dreiundzwanzig Mark bezahlt?«, fragte ich den Taxifahrer, um wenigstens irgendetwas zu sagen.
    Er zuckte mit den Achseln. »Da hat man Sie wohl übers Ohr gehauen.«
    Ich gab ihm einen Zwanzigmarkschein.
    »Hat Ihnen Karlsruhe gefallen?«, fragte er erfreut.
    Ich schüttelte bedauernd den Kopf. »Kommen Sie trotzdem mal wieder. Tut mir echt Leid für Sie.«
    Ich tat mir selber Leid. Kaum war ich aus dem Taxi gestiegen, begannen meine Tränen wieder zu fließen.
    »Einmal Köln«, schluchzte ich

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