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Die Braut sagt leider nein

Titel: Die Braut sagt leider nein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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sind.«
    Hanna kutschierte mich mit ihrer alten Ente zum Frauenarzt. Sie fuhr, als hätte ich bereits Presswehen.
    »Ist das aufregend«, rief sie.
    »Halt sofort an«, schrie ich, und Hanna bremste mitten auf der Kreuzung. Der nachfolgende Wagen fuhruns um ein Haar hinten drauf. Der Fahrer gestikulierte wild und machte Anstalten, aus dem Wagen zu springen, aber als ich die letzten Reste Zwieback und Kamillentee auf die Fahrbahn kotzte, nahm er davon Abstand.
    »Du kannst weiterfahren«, sagte ich zu Hanna und schloss die Tür wieder. »Jetzt ist alles draußen.«
    Hanna parkte unmittelbar vor der Arztpraxis im absoluten Halteverbot. »Da wären wir.«
    »Den Rest kann ich allein«, sagte ich, aber sie bestand darauf, mich zu begleiten.
    »Stell dir nur mal vor, du bist überhaupt nicht schwanger«, sagte sie. »Dann brauchst du jemanden, der dich tröstet und dir Magentabletten kauft.«
    Ich kicherte matt.
    »Es ist ein Notfall«, sagte Hanna zu der Sprechstundenhilfe. »Meine Freundin ist schwanger.«
    Die Sprechstundenhilfe reichte mir mit verständnisvollem Nicken ein kleines Plastikgefäß mit Deckel. »Füllen Sie bitte Ihren Urin hinein, bevor Sie im Wartezimmer Platz nehmen«, sagte sie, und ich tat wie geheißen.
    »Soll ich mitkommen?«, fragte Hanna noch, aber es gibt Dinge, bei denen möchte man auch die beste Freundin nicht dabeihaben.
    Hanna wartete also brav zwischen schwangeren Frauen und Zeitschriften, bis ich aus dem Behandlungszimmer kam.
    »Und?«
    Das Gleiche hatte ich den Arzt auch gefragt. Er hatte mich mit unbewegten Gesichtszügen angesehen und geantwortet: »Sie sind schwanger, junge Frau.«
    Erst als ich gelächelt hatte, hatten sich seine Gesichtszüge ebenfalls entspannt. Er hatte wohl nicht recht gewusst,ob er ein ernstes oder ein fröhliches Gesicht machen sollte. Aber als ich nicht losheulte, rang er sich sogar zu einem »Gratuliere« durch.
    »Schwanger«, sagte ich zu Hanna. »Vierte Woche.«
    Hanna strahlte. »Habe ich doch gleich gewusst«, rief sie und: »Ach, ich wünschte, ich wäre auch schwanger.«
    Schwanger! Auf dem Ultraschall hatte ich den kleinen Schatten gesehen, von dem der Arzt gesagt hatte, er sei mein Kind. Meine Übelkeit war wie weggeblasen. Ich fühlte mich wie nach zwei Gläsern Champagner, leicht und wie in Watte gepackt.
    »Ich fahre dich lieber direkt nach Hause«, sagte Hanna, als wir wieder in der Ente saßen, die entgegen allen Erwartungen und ohne Knöllchen immer noch an der Bushaltestelle stand. »Du kannst dein Auto bis morgen stehen lassen.«
    Ich nickte. »Liebe, liebe Hanna, möchtest du Patentante werden?«
    Die Ente machte einen fröhlichen Schlenker. »Das müssen wir feiern«, rief Hanna. »Hast du Sekt im Kühlschrank? Ach nein, so was Gutes darfst du ab jetzt nicht mehr trinken. Wir halten am Reformhaus und holen Möhrensaft aus biologischem Anbau.«
    »Ein winzig kleiner Schluck Champagner kann wohl nicht schaden«, sagte ich, und Hanna fuhr auf den Parkplatz des nächsten Supermarktes. Wir kauften alles, wonach uns zu Mute war: zwei Flaschen Champagner, frische Erdbeeren, gesalzene Pistazien und einen Tiegel Trüffeleiscreme. Hanna wollte auch ein Glas Essiggurken für mich in den Einkaufswagen legen, aber ich hasste saure Gurken, und daran hatte sich bis jetzt noch nichts geändert.
    »Das kommt aber hoffentlich noch«, sagte Hanna enttäuschtund stellte die Gurken zurück ins Regal. »Alle Schwangeren haben Heißhunger auf saure Gurken.«
    In Alex' und meiner Wohnung feierten wir eine ausgelassene Party, nur Hanna, das Kätzchen und ich. Wir probierten unsere neuen Kleider an, tranken den Champagner und tanzten zu Eric Clapton unplugged. Gerade als wir uns Sofakissen unter die Klamotten gestopft hatten und den typischen Entengang der Schwangeren übten, huhute Kassandra vor der Tür. Heute war sie ganz in Violett gekleidet, ein dicker Amethyst, von zwei schmalen Lederriemen gehalten, lag auf ihrer Stirn wie ein drittes Auge.
    Wir boten ihr ein Glas Champagner und Erdbeeren an.
    »Was gibt es denn zu feiern?«, fragte sie.
    »Rate mal«, rief ich und drehte mich mit dem Sofakissen unterm Kleid einmal um die eigene Achse.
    »Du bist schwanger«, tippte Kassandra, und ich nickte heftig.
    »Da siehst du mal, was für eine starke Intuition ich habe«, sagte sie.
    Hanna boxte fröhlich auf meinen Kissenbauch. »Und ich erst«, sagte sie. »Du musstest nur mal auf den Boden kotzen, und schon wusste ich Bescheid.«
    Plötzlich fiel mir etwas ein.

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