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Die Braut sagt leider nein

Titel: Die Braut sagt leider nein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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herumtreiben.«
    Die Zelle hatte nur einen halbrunden Plexiglashörschutz, nach den anderen drei Seiten hin war sie offen.Man konnte sich darin nicht besonders sicher fühlen, aber in dieser Nacht war mir wirklich alles egal. Ich setzte mich auf eine einsame Bank und wartete. Es geschähe Alex nur recht, wenn man mich überfallen, beraubt und erwürgt in einer dunklen Ecke fände. Aber keine der dunklen, zwielichtigen Gestalten näherte sich mir mehr als auf zehn Meter, als wäre ich von einer Art Bannkreis umgeben, und die Gestalt, die es schließlich wagte, den Bannkreis zu durchbrechen, war meine Cousine Susanna. Sie hatte wirklich nichts Zwielichtiges an sich. Kräftig, groß, mit breitem Lächeln, die dunklen Locken noch schlafzerzaust, war sie genau die Person, in deren Arme ich mich werfen und trösten lassen wollte.
    »Um Himmels willen«, sagte sie erschrocken und legte ihre Arme um mich. »Was ist denn passiert? Du siehst ja zum Fürchten aus.«
    »Kann ich bei dir übernachten?«
    »Sicher«, sagte Susanna und schob mich zum Ausgang. »Komm, mein Auto steht im absoluten Halteverbot. Auch wenn ich nicht glaube, dass nachts noch Politessen unterwegs sind.«
    »Hat Bruno auch nichts dagegen, dass ich so unangemeldet bei euch auftauche?«
    »Vermutlich schon«, erwiderte Susanna. »Aber noch weiß er ja nichts davon. Er schläft immer so tief, er hat nicht mal gemerkt, dass ich weggefahren bin. Wenn wir nachher daheim sind, könntest du mal mit ins Schlafzimmer kommen, damit du ihn schnarchen hörst. Er behauptet immer, er schnarche nicht, aber das tut er doch. Chchchchchch puh, chchchchch puh, die ganze Nacht durch. Wenn du das als Zeuge bestätigen würdest, könnte er es endlich nicht mehr abstreiten.«
    Im Auto fragte sie noch einmal, was ich mitten in der Nacht auf dem Speyerer Bahnhof verloren hätte.
    »Alex schläft mit seiner Praktikantin«, antwortete ich knapp. Zum ersten Mal seit dieser Entdeckung spürte ich unter der lähmenden Traurigkeit Wut in mir hochsteigen, ganz zaghaft nur, sich allmählich Bahn brechend.
    Susanna wandte abrupt den Kopf zur Seite und starrte mich so entgeistert an, dass ich einfach weiterredete, damit sie wieder auf die Fahrbahn schaute.
    »Ich bin nach Karlsruhe gefahren, um ihm zu sagen, dass ich - um ihm was zu sagen. Und während ich im Bad seines Hotelzimmers auf ihn wartete, hat er nebenan die Praktikantin ge ... - ähm - Geschlechtsverkehr gehabt.«
    »Er hat die Praktikantin gebumst?«, schrie Susanna. Jetzt, wo ich es das erste Mal ausgesprochen hörte, fand ich es noch unglaublicher als vorher. Susanna fand das wohl auch. Sie nahm vor Entsetzen sogar beide Hände vom Steuer.
    »So kurz vor der Hochzeit einfach abspringen!«, rief sie. »Das kann er doch nicht machen!«
    Ich sah sie ärgerlich an. Meine Wut richtete sich aus unerklärlichen Gründen nicht gegen Alex, sondern gegen Susanna, die Hilfsbereite, die mitten in der Nacht ins Auto gestiegen war, um mich aus einer Telefonzelle zu retten. »Alex springt doch nicht ab. Ich springe ab.«
    »Aber er hat doch eine andere«, sagte Susanna und packte das Steuerrad im Würgegriff. Ich wurde noch wütender auf sie.
    »Eben deshalb will ich ihn ja auch nicht mehr heiraten«, knurrte ich ungeduldig. »Ich will doch keinen Mann, der kurz vor der Hochzeit noch mit einer anderen rummacht, oder was denkst du!«
    Susanna starrte schweigend vor sich hin.
    »Warum sagst du denn nichts?«, fragte ich.
    »Du willst es ja doch nicht hören«, erwiderte Susanna.
    »Doch, sag es ruhig!«
    »Ich hab' immer gedacht, du hast es mit deinem Alex im Grunde viel besser als ich. Und du, du hast das auch immer geglaubt.«
    Ich nickte.
    »Siehst du«, sagte Susanna. »Der Bruno ist nicht so schlank wie der Alex, und er hat auch viel weniger Haare - aber wenigstens treu ist er.«
    Ich rieb über die aufgestellten Härchen an meinen Armen.
    »Entschuldige bitte«, sagte ich aggressiv, »aber da bleibt Bruno auch gar nichts anderes übrig. Hand aufs Herz, wer würde den schon wollen?«
    »Ich«, antwortete Susanna. »Ich mach' schließlich seine Buchhaltung!«
    »Geld ist noch nicht alles.«
    »Bei Bruno schon«, sagte Susanna.
    »Das stimmt allerdings«, murmelte ich.
    »Ja, du siehst doch, was du davon hast. Hinter den tollen Männern sind doch alle Frauen her. Und früher oder später kommt eine daher, die ist toller als du, und - schwups! - stehst du ohne Mann da. Das kann mir nicht passieren. Der Bruno muss sich ewig fragen, womit er so

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