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Die brennende Gasse

Die brennende Gasse

Titel: Die brennende Gasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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Dann bin ich noch mehr beeindruckt! « Marcel wandte sich wieder an Alejandro. » Ist Euch klar, Herr, daß die französische Königsfamilie häufig seinen Rat sucht? Und auch die Heiligen Väter, mögen die Dahingeschiedenen in Frieden ruhen! «
    Diese gutgemeinte Erinnerung an die Ironie des Schicksals rief bei de Chauliac einen etwas verbitterten Gesichtsausdruck hervor, den Marcel nicht übersehen konnte. Sofort änderte sich der Teno r s einer Rede. » Nun, laßt mich Euch nur sagen, daß Ihr Euch in guter und edler Gesellschaft befindet. «
    Durch reine Willenskraft zwang Alejandro sein pochendes Herz, langsamer zu schlagen, damit er seine eigene Erwiderung hören konnte. » In weit edlerer, als meiner Herkunft zukommt, denke ich. «
    Bei dieser Feststellung gewann de Chauliac seine Fassung wieder. » Ich erkläre noch einmal, Ihr leidet unter einem Übermaß an Bescheidenheit, Kollege. Meiner Meinung nach seid Ihr durchaus geeignet, einem König zu dienen. «
    » Und welcher Herkunft seid Ihr, wenn ich so kühn sein darf, Euch diese Frage zu stellen? «
    Nach einem kurzen Augenblick antwortete Alejandro Marcel so wahrheitsgemäß, wie es ihm möglich war. » Ich bin Spanier. «
    » Das schloß ich schon aus Eurem Namen, Herr. Und welcher Familie entstammt Ihr? «
    Jetzt log Alejandro. » Sie sind einfache Leute aus Aragon. «
    » Doch Ihr seid ein gelehrter Mann. «
    Der Moment, den er brauchte, um eine plausible Antwort zu formulieren, kam Alejandro zu lang vor. » Die Stadt benötigte einen Arzt, und ich galt als ein Knabe, der fähig war zu lernen. Als meine Ausbildung beendet war, habe ich Aragon eine Zeitlang gute Dienste geleistet. «
    » Und jetzt erfreut sich Paris Eurer Anwesenheit. Wie lange seid Ihr schon in unserer schönen Stadt? «
    » Ich bin soeben erst angekommen. «
    » Dann müssen die Bürger Eurer Heimat Euch sehr vermissen. «
    » Das wäre zu hoffen. «
    » Es ist gewiß so «, bekräftigte de Chauliac mit einem Lächeln.
    » Was hat Euch zu Eurer Reise veranlaßt? Ich meine, außer der Schönheit von Paris und der Weisheit Eures geschätzten Lehrers? «
    Alejandro vermochte kaum mehr seine Fassung zu bewahren; er wünschte sich nichts sehnlicher, als mit Karle allein reden zu können, um von Kates Verbleib zu erfahren. Doch er zwang sich zur Ruhe. » Das sind Gründe genug «, äußerte er geduldig, » doch sollte es noch einen anderen geben, könnte man vielleicht die Wanderlust anführen. «
    » Das Vorrecht der Jüngeren «, pflichtete Marcel ihm bei. Er wie s a uf Karle. » Wie mein Neffe hier! Die Gesetzteren unter uns, ich meine unseren Gastgeber und mich selbst, müssen sich damit zufriedengeben, zu Hause zu bleiben und ihren Pflichten nachzukommen. Obwohl ich sicher bin, daß der junge Jacques aufgrund seines hervorragenden Charakters ebenfalls seiner Verantwortung genügen wird, wenn die Zeit kommt. «
    De Chauliac nahm den Scherz mit gutmütigem Schmunzeln hin, denn er und Marcel standen auf recht vertrautem Fuß. Karle lächelte matt und nickte nur. Alejandro konnte sehen, daß er absichtlich den einfältigen Provinzler spielte. Gut, dachte er. Je weniger Aufmerksamkeit er erregt, desto glücklicher kann ich mich schätzen.
    Dann tanzte das Mädchen wieder, und große Platten mit üppigen Speisen wurden gereicht: duftende Rüben und sautierte Gemüse, die einen dampfenden Rinderbraten umgaben, lange Brotlaibe, dicke Stücke weißer Butter. Karaffen mit dunkelrotem Wein wurden auf den Tisch gestellt und die Gäste eingeladen, sich selbst einzuschenken, was sie ungehemmt taten. Sobald eine Karaffe leer war, wurde sie durch eine neue ersetzt, und binnen kurzem war die Stimmung noch ausgelassener als zuvor.
    » Ein hübsches Festmahl, nicht wahr? « flüsterte Chaucer Alejandro zu. » Mein Herr Lionel wird bitter beklagen, daß er gezwungen war, darauf zu verzichten. «
    » Euer Herr hat wahrscheinlich durch zu viele üppige Festmähler den Zustand herbeigeführt, der für seine bedauerliche Abwesenheit verantwortlich ist. «
    Chaucer warf einen raschen Blick in de Chauliacs Richtung, und als er sich davon überzeugt hatte, daß ihr Gastgeber in ein anderes Gespräch vertieft war, sagte er zu Alejandro: » In der Tat. Und de Chauliac sagt, er sei viel zu jung für dieses Leiden. Mein Herr beklagt sich, Monsieur le Docteur habe kein Mitgefühl mit seinen Schmerzen. Er bittet um einen Trunk Laudanum, um sie zu lindern; aber de Chauliac will davon nichts hören. «
    Was weise ist,

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