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Die brennende Gasse

Die brennende Gasse

Titel: Die brennende Gasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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«
    » Glücklich? Wie kann ein Mädchen, das so lange von seinem Vater getrennt ist, glücklich sein? «
    Der Revolutionär geriet ins Stammeln. » Nun, vielleicht ist sie nicht wirklich glücklich, aber sie scheint zufrieden. « Er suchte nach einer Erklärung. » Sie hat eine Gefährtin, die ihr Gesellschaft leistet, ein Mädchen in Marcels Haus, wo … «
    » Ihr habt sie in Marcels Haus gebracht? «
    » Ja. Und er hat uns freundlich aufgenommen – ohne nachzuforschen, wer sie sein könnte oder warum sie bei mir ist. Ich bin dorthin gegangen, weil es für sie kein anderes sicheres Obdach in Paris gibt. Und für mich auch nicht. «
    » Ein Stall wäre sicherer für sie. In Marcels Haus müssen doch alle möglichen Adeligen ein und aus gehen! «
    Karles Augen verengten sich. Er kam zu dem Schluß, daß die Heimlichtuerei lange genug gedauert hatte. » Ich denke, es ist an der Zeit, mir zu sagen, warum Ihr sie dauernd versteckt. «
    Alejandro wich ein wenig zurück. » Sie hat es Euch also nicht erzählt? «
    » Was denn? « zischte Karle aufgebracht.
    Doch Alejandro blieb stumm. Seine Miene war versteinert und undurchschaubar.
    » Wenn ich zu Marcels Haus zurückkomme, werde ich sie auffordern, mir dieses Geheimnis zu enthüllen. «
    » Das wird sie ablehnen. «
    Jetzt faßte Karle Alejandro beim Kragen und zog sein Gesicht dicht an sich heran. » Seid da nicht so sicher, Arzt! «
    Sie starrten einander an, haßten sich dafür, daß sie sich gegenseitig brauchten. In der Stille dieses Augenblicks hörte Alejandro Schritte auf steinernen Stufen und das Knirschen von Stiefeln. Er sah über seine Schulter. De Chauliac und Flamel kamen die Treppe hinunter, in eine Diskussion vertieft. Er wandte sich wieder an Karle und flüsterte: » Wir können nicht mehr reden. Es müssen Pläne geschmiedet werden, mich hier herauszuholen! Ich werde ständig bewacht; aus diesem Haus gibt es schwer ein Entrinnen. «
    » Wie wollt Ihr dann … «
    » Ich denke, es tut sich vielleicht ein Ausweg auf. «
    De Chauliac schritt durch die Vorhalle. Sein langes, zinnoberrotes Gewand bauschte sich elegant hinter ihm. Der korpulente , rotgesichtige Alchimist watschelte neben ihm her. Der Franzose lächelte, als er näher kam, und Alejandro wußte, daß er ihm Fragen stellen würde, wenn er ihn erreicht hatte.
    » Im obersten Stockwerk gibt es ein vergittertes Fenster nach Westen. Dort werde ich festgehalten. Ich werfe Euch nachher einen Brief hinunter. Kommt morgen nach Einbruch der Dunkelheit. Laßt mich nicht im Stich, Karle, oder … «
    Doch er hatte keine Gelegenheit mehr, Karle irgendwelche Höllenstrafen anzudrohen, denn de Chauliac mit seinem dicklichen Begleiter hatte sie erreicht.
    » Ein so trautes Zwiegespräch! Kommt schon, gebt zu, daß Ihr miteinander bekannt seid. «
    Karle nickte respektvoll und sagte dann: » Nein, Herr, wir haben uns eben erst kennengelernt – aber da der Herr ein Arzt ist und mein lieber Onkel Etienne darauf hinwies, daß es davon heutzutage so wenige gibt – nun ja, da habe ich es für klug gehalten, ihn nach gewissen Beschwerden zu fragen, unter denen ich leide und die möglicherweise mit einer Frau zu tun haben. «
    » Ah! « sagte de Chauliac mit einer Handbewegung. » Solche Beschwerden sind eine Plage. Sprecht nicht weiter! «
    » Das brauche ich zum Glück auch nicht, denn der gute Doktor hat mir einen Rat gegeben, der mir ungemein einleuchtet. «
    » Er ist ein ausgezeichneter Arzt. Ihr tut gut daran, seinem Rat zu folgen. Darf ich auch etwas Persönliches hinzufügen? «
    » Oh, ich möchte bitten. Ich bin begierig, in dieser Angelegenheit jeden Spezialisten zu konsultieren. «
    De Chauliac lächelte. » Dann empfehle ich Euch, junger Mann, die Frauen, mit denen Ihr Euch zusammentut, sorgfältig auszuwählen. «
    Karle und Alejandro warfen einander einen kurzen Blick zu. Dann sagte Karle: » In diesem Falle, Herr, hat das Mädchen mich ausgesucht. « Und mit einer höflichen Verbeugung entfernte er sich.
    Es dauerte einen langen Augenblick, bis Alejandro sich genügend gefaßt hatte, um zu merken, daß Flamel mit ihm sprach. Er erbat sich eine Wiederholung der Frage. Und dann mußte er sich rasch eine passende Antwort auf die Frage ausdenken, wie er in den Besitz des Journals gelangt war.
    » Ein Apotheker hatte es erworben. «
    » Wo, wenn ich fragen darf? «
    » Ich erinnere mich nicht genau. Zu der Zeit war ich auf Reisen, und ich kannte die Namen der Dörfer, durch die ich streifte, nicht

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