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Die Breznkönigin: Roman (German Edition)

Die Breznkönigin: Roman (German Edition)

Titel: Die Breznkönigin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Sternberg
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Schiene verpasst, ein Hightech-Ding aus Plastik, das die Sache wahnsinnig ernst aussehen ließ. Ich bin natürlich sofort heim und hab seine Schichten übernommen, gutgläubig wie ich bin. Oder was heißt gutgläubig? Konnte ja keiner ahnen, dass der bloß simulierte! Er hatte ja sogar die Krankenkasse hintergangen, der Schlawiner! Und wahrscheinlich wäre die ganze Sache niemals aufgeflogen, hätte es da nicht diese eine Nacht gegeben. Ich konnte partout nicht einschlafen, also bin ich noch mal raus, um mir an der frischen Luft ein wenig die Beine zu vertreten, das kann ja durchaus beruhigend wirken. Einmal bis runter zum Weiher und zurück wollte ich gehen, doch da entdeckte ich zufällig, dass in der Scheune noch Licht brannte. Erst hab ich gedacht, jemand hätte es aus Versehen an gelassen und bin hin, um es zu löschen. Doch als ich näher kam, hörte ich ein Radio, das leise lief. Auf Zehenspitzen hab ich mich der Tür genähert, es hätte ja auch ein Einbrecher sein können oder irgendwelche Trottel aus dem Nachbarort, die an der Tanke nichts mehr zu trinken gekriegt hatten. Aber von wegen. In der Scheune sah ich den Papa auf seiner Trittleiter stehen, völlig versunken in den Blick durch eine der Luken im Feinbrenner. Erst fand ich’s lustig, wie sein Herz noch mitten in der Nacht für die Destille schlägt, für dieses riesige Gerät ganz aus Kupfer, das wie eine Mischung aus Raumschiff und Dampflok aussieht. Aber dann stieg der Papa eine Leitersprosse weiter hinauf und guckte durch die Luke darüber. Und plötzlich fiel mir auf, dass etwas mit ihm nicht stimmte.
    Die Schiene war nicht mehr an seinem Fuß. Sie lag mit geöffneten Schnallen auf dem Sofa, direkt neben einem Stapel ausgelesener Kicker. Im selben Augenblick sprang der Papa mit einem Satz von der Leiter. Und sah mich in der Türe stehen.
    Damals hat er eine ganze Weile gebraucht, bis er mich so weit hatte, dass ich mich wieder mit ihm versöhnen wollte. Diesmal mag ich ehrlich gesagt nicht warten, bis er wieder zum Münchhausen wird. Vorbeugen ist ja bekanntlich besser als heilen.
    » Du, Papa«, sage ich mit freundlicher Stimme. » Meinst ned, dass es schlau wär, jemanden zu suchen, der euch a bisserl hilft? Damit du ned ois alloa machen musst?«
    » Ja, freilich«, sagt er kleinlaut. » Aber mir finden niemand.«
    Na, das erklärt natürlich alles.
    » Wen habt’s ihr denn scho gfragt?«
    » Alle«, behauptet er.
    » Jetz sag scho. Vielleicht fällt mir noch jemand ein.«
    » Die Steinhuber Samantha«, zählt er genervt auf. » Und die Wimmer Vroni. Und die Babsi natürlich. Mir ham sogar beim Brückenwirt angerufen, ob die jemand über haben.«
    » Und die Schaller Iris?«
    » Hat seit zwei Wochen an neuen Job. Bei der Isarbau International, als Projektassistentin.«
    Projektassistentin. Früher hat man, wenn’s mich nicht täuscht, einfach Tippse gesagt.
    » Was is mit der Schwester von der Vroni?«
    » Macht grad a Sprachenjahr. England, Italien, Frankreich.«
    Na pfundig.
    » Und was …«, setze ich an und überlege und überlege, aber jetzt hier so aus der Ferne fällt mir auch keine mehr ein. Ich schweige, und der Papa sagt ebenfalls nix.
    Dann durchzuckt es mich wie ein Blitz.
    » Und die Fleischer Susi, was is mit der?«, frage ich. Die Fleischer Susi ist hin und wieder mal eingesprungen, wenn die Babsi krank war, als ich in Pforzheim gewesen bin.
    » Die is mittlerweil im Ratskeller in München«, sagt der Papa. » Festanstellung.«
    » Oh«, sage ich. » Schön für sie.«
    » Ja«, sagt der Papa. » Sehr schön.«
    Dann schweigen wir wieder.
    » Du wirst ja sicher gebraucht da oben in Berlin, oder?«, fragt er vorsichtig.
    Ich verdrehe die Augen.
    » Ja«, sage ich. » Werd ich.«
    » Blöd«, sagt der Papa.
    » Saublöd«, sage ich.
    » Weil, sonst kanntst ja vielleicht du …«
    Der Papa redet nicht weiter.
    » Du, weißt, ich tät ja, aber der Quirin hat mir unmissverständlich klargemacht, dass er mich echt braucht, weißt?«
    » Der Quirin«, sagt der Papa.
    Also, jetzt nervt er mich doch ein bisserl.
    » Papa«, herrsche ich ihn an. » Mir geht’s echt pfenningguad hier. Ich mag grad überhaupt ned nach Hause, fürs Erste zumindest ned.«
    Der Papa schweigt betroffen.
    » Ach so«, sagt er.
    » Is so«, sage ich.
    » Na gut«, antwortet er und seufzt schwer.
    » Du, Papa, wir finden scho a Lösung, meinst ned? Bis dahin musst halt no a bisserl durchhalten, gell?«
    Er seufzt.
    » Durchhalten, Papa«, ermutige ich ihn noch

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