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Die Brillenmacherin

Die Brillenmacherin

Titel: Die Brillenmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Ihr diese Ritter braucht. Daß Ihr keine Männer wie sie finden würdet, wenn Ihr sie verstoßt.«
    »Und sie sind dem Ketzerglauben anheimgefallen, diesem Lollardentum, das den Lehren des verstorbenen Professors Wycliffe folgt?«
    »So ist es.«
    »Dann sorgt dafür, daß ich das vergesse und nie wieder daran erinnert werde. Das ist der einzige Weg, sie zu retten. Wie war das doch mit den Weinverkäufen des Earls von Arundel?«
    |333| Sir Burley zögerte, ohne Zweifel, er wußte nicht recht, wie er sich verhalten sollte. Hatte Richard sich nicht eindeutig geäußert? Er wollte keine Verantwortung für diese Ketzerei, und wenn Simon sie für ertragbar hielt, nun, dann mochte er dafür sorgen, daß sie geheim blieb. Im geheimen war so manches ertragbar.
    Endlich fing sich der Lehrmeister. »Der Earl von Arundel hat auf See hundert Schiffe aus La Rochelle erobert, die Wein nach Sluys bringen sollten, achttausend Fässer. Der Wein wird in London verschenkt und in anderen Städten billig verkauft.«
    »Ein Trick, eine Masche, nicht wahr, um das Volk für sich zu gewinnen? Um es mir abspenstig zu machen?«
    »Ein Trick, ganz wie Ihr sagt.«
     
    Die Nacht über dröhnten Hammerschläge, Sägen keuchten durch Holz, Männer riefen sich Maße und Flüche zu, Flüche und Maße. Catherine schlief nicht. Sie kauerte am Boden der Bauernstube, an einen Bettpfosten gefesselt. Hawisia lag auf ihrem Schoß. Catherine wagte es nicht, sich zu rühren, weil sie fürchtete, die Kleine könnte ihr von den Knien rutschen und aufwachen, und dann würde sie daliegen und schreien, unerreichbar für ihre gefesselten Hände.
    Hinter ihr schnarchten im Bett zwei Waffenknechte. Draußen das Sägen, das Hämmern, das Rufen. Was taten Courtenays Männer da?
    Als im Dorf die ersten Hähne schrien, hatte der Spuk ein Ende. Es wurde still. So still, daß sie meinte, das Heer wäre abgezogen und man hätte sie und die Schläfer vergessen.
    Daß ihr Bruder sie auslieferte, damit hatte sie nicht rechnen können. Er mußte gleich nach ihrem Gespräch zum Erzbischof gelaufen sein, um sie zu verraten. Man hatte ihr aufgelauert im Dorf. Wie konnte es Alan über das Herz bringen, seine Schwester preiszugeben? Dachte er, er half ihr damit? Aber wenn es so war, dann wäre er längst gekommen, um sie zu beruhigen und ihr Mut zuzusprechen. Nein, er kam nicht. |334| Courtenay hatte ihn verändert, so daß ihn die Schwester nicht mehr kümmerte, das war es! Warum nur hatte sie nicht eher erkannt, welcher Teufel dieser Erzbischof war? Er verstellte sich wie ein Dämon.
    Hawisia begann zu weinen. Erst wimmerte sie im Halbschlaf, dann wachte sie auf. Sie streckte die kleinen Ärmchen aus, kniff die Augen zusammen und brüllte. Sie hatte Hunger.
    Das Schnarchen verstummte. »Burg und Wall, bring es zum Schweigen, Weib!«
    »Sie hat Durst. Löst mir die Fesseln! Dann stille ich sie, und ihr habt Ruhe.«
    »Du willst dich verdrücken. Das könnte dir so passen.« Der Stoppelbärtige wälzte sich aus dem Bett und kauerte sich neben sie. Er zupfte am Fesselseil. »Hast du daran herumgezerrt in der Nacht?« Fauliger Atem blies ihr in das Gesicht. Der Waffenknecht zückte seinen Dolch und schnitt die Fessel durch. »Also los, tränke das kleine Biest. Aber beeile dich!«
    Hunderte von Ameisen krabbelten durch ihre Finger. Sie fühlten sich geschwollen an und leblos. Mit Mühe öffnete Catherine die oberen drei Knöpfe ihres Kleides und entblößte die Brust.
    »Darf ich nach der Kleinen?« Der Stoppelbärtige grinste.
    Ihr wurde übel. Sie schüttelte den Kopf, zu keiner Antwort fähig, und hob die weinende Tochter an zum Stillen. Dem Waffenknecht drehte sie den Rücken zu, während Hawisia trank. Kleine Tränen glitzerten auf dem Gesicht. Begierig grunzend, saugte Hawisia die Milch aus Catherines Brust.
    Bekam dieser kleine Mensch überhaupt mit, was um ihn herum geschah? Hawisia war glücklich, wenn sie auf dem Schoß der Mutter schlafen durfte und wenn sie Nahrung bekam. Daß sie gefangen waren und daß ihnen der Tod drohte, davon merkte sie nichts.
    Die Tür klappte. Catherine sah aus dem Augenwinkel die Wachen aufspringen, ihre Körper gespannt wie Bogensehnen. Eine Hand winkte. Sie verließen das Haus.
    |335| Courtenays Stimme hob an: »Meine liebe Catherine, hast du gut geschlafen?«
    »Verzeiht«, sagte sie, »ich stille.« Vielleicht verschaffte es ihr noch ein wenig Lebenszeit.
    »Das stört mich nicht.« Er ging um sie herum und strich ihr dabei über den Kopf.

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