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Die Brillenmacherin

Die Brillenmacherin

Titel: Die Brillenmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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dich an, Repton, denk nach! Was ist Cheyne noch wichtig?«
    Repton kratzte sich den Kopf. »Nun, er liebt eine junge Edle.«
    »Wie heißt sie?«
    »Margaret Lovetoft. Cheyne besucht sie oft in Southoe in Lincolnshire. Da ist eine Hochzeit geplant für dieses Frühjahr, wenn ich mich recht entsinne, obwohl sie kaum Besitz |182| hat und nicht zum Hochadel gehört wie er. Aber was wollt
    Ihr tun? Sie entführen?«
    Lovetoft, da hatte er doch … Glas gekauft! Er eilte zur Tür. »Ganz ausgezeichnet. Wo befindet sich Catherine? Wo hat sie das Kind zur Welt gebracht?«
    »In ihrer Werkstatt.«
     
    Sie wollte schlafen, aber es gelang ihr nicht, weil das Herz zu rasch schlug. Es zwang sie, die Augen offenzuhalten, es zwang sie, zu lächeln und das Köpfchen der kleinen Hawisia zu streicheln. Nahm die Kleine nicht alles zum erstenmal wahr? Den Kerzenduft des Calefaktoriums. Das Flüstern der Männer hinter dem Vorhang. Die Märzsonne und ihre goldgelben Lichtpunkte überall in der Werkstatt.
    Sie hatte dunkle blaue Augen. Wenn Catherine gegen den Strich über den Haarflaum auf dem Kopf fuhr, schlossen sie sich ein wenig. Was für ein friedliches Kind! Pralle Wangen, pralle Beine, pralle Arme, und dabei so winzig, daß Catherine sie in einer Hand halten konnte. Die Frau aus dem Dorf hatte der Kleinen die Hände in Leinentuch eingewickelt, damit sie sich nicht kratzte. Fingernägelchen hatte sie schon, Fußnägelchen, alles, was einen Menschen ausmachte.
    Wie hätte Elias sich gefreut, sie zu sehen! Aus Liebe hatte er Catherine verschwiegen, daß er etwas vermißte, aber sie hatte immer gewußt, daß er sich ein Kind wünschte. Er sah kleinen Kindern nach. Wenn er in die Tür der Werkstatt trat, um ein wenig den schmerzenden Rücken zu strecken, und es tobte eine Kinderschar vorüber, dann lehnte er sich hinaus und rief ihnen »Tallyho!« hinterher. Still wurde er, als die Gänsefrau schwanger war, stumm, als sie mit dem Neugeborenen auf dem Arm durch die Straße ging. Manchmal hörte man sie Wiegenlieder singen, wenn das Fenster offenstand. Dann trat Ferne in Elias’ Blick, er wirkte abwesend, er träumte.
    »Dies ist dein Kind«, flüsterte Catherine. »Gefällt sie dir?« Und sie seufzte leise. Sah sie ihm nicht ähnlich? Würde das kleine Näschen nicht seine Nase werden, würden sich die Augen |183| mit der Zeit nicht aufhellen und das weiche, helle Blau seiner Augen annehmen? Sie streichelte Hawisias Gesicht, und es war ihr, als könne sie so Elias streicheln.
    Ohne daß sie wußte, warum, dachte sie plötzlich an Sir Latimer. Auch er hatte blaue Augen, aber sie waren nicht weich und warm wie die von Elias. Es war Grau darin, und sie blickten hart und klar.
    Er war ein Ritter wie Nevill. Wenn nun nicht Nevill für den Mord verantwortlich war, sondern Latimer? Der Mörder hatte die Pergamente mitgenommen, und was hatte Elias gesagt? Sie gehörten Sir Latimer. Ob er sie gestohlen habe, hatte sie gefragt, und er war ihr ausgewichen: Nein, so sei es nicht. Würde Sir Latimer töten wegen eines Diebstahls? Die Kanzlei war immer gut bewacht gewesen, er schien seine Schriftstücke sehr zu schätzen.
    Wenn Hawisia der Muttermilch nicht mehr bedurfte, würde sie den Mörder suchen und ihn zur Strecke bringen. Er war dafür verantwortlich, daß Elias seine kleine Tochter nicht mehr sah. Er war dafür verantwortlich, daß die kleine Hawisia ohne ihren Vater aufwachsen mußte.
    Der Vorhang wurde zur Seite geschoben. Dahinter erschien ein Dutzend Augustiner, die auf sie starrten. Courtenay zog den Vorhang wieder zu. »Es geht der Kleinen gut?« In das ebenmäßige Gesicht des Erzbischofs war Farbe geraten. Die roten Flecken ließen ihn wie einen einfachen Mann erscheinen. »Wie heißt sie?«
    »Hawisia.«
    »Wunderschön. Ich will ihr eine Wiege zimmern lassen. Und eine kleine Wanne, in der sie baden kann.«
    »Das ist sehr freundlich. Wenn ich wieder in der Lage bin zu arbeiten, will ich alles zurückzahlen.«
    »Ich habe die Aufträge für Brillen zurückgehalten, damit du in Frieden das Kind austragen konntest. Es gab viele Nachfragen, du hast einen guten Ruf erlangt bei den Herrschaften. Beinahe täglich erreichen mich Boten und Briefe, man habe von einer Brillenmacherin gehört, die in meinen |184| Diensten stehe, und sei bereit, stattlich zu zahlen.« Er unterbrach sich. »Darf ich sie streicheln?«
    »Gern.« Catherine hob die Kleine in die Höhe, dem Erzbischof entgegen. »Verzeiht, daß ich nicht aufstehen kann.«
    »Aber

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