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Die Brillenmacherin

Die Brillenmacherin

Titel: Die Brillenmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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natürlich.« Er streckte die Hand aus und strich Hawisia über die Wange. »Eine kleine Schönheit, tatsächlich.«
    »Ihr seid sehr gut zu uns. Ich weiß nicht, wie ich Euch danken soll.«
    »Du magst denken, ein Mann wie ich benötigt keine Hilfe, was er will, das bekommt er mit Leichtigkeit. Aber so ist es nicht.«
    »Kann ich etwas tun für Euch?«
    »Durchaus.«
    Ein warmes Freudengefühl durchströmte sie, und sie lächelte. Sie konnte ihrem Gönner helfen. Jetzt erst spürte sie, wie es sie belastet hatte, in seiner Schuld zu stehen. Wunderbar, daß sie etwas davon abtragen konnte! »Was ist es?«
    »Das Unglück, das dich und Alan traf, hängt damit zusammen, daß ihr euch mit düsteren Mächten eingelassen habt.«
    »Mit welchen Mächten? Wie meint Ihr das?« Sie richtete sich ein wenig auf. Die umgedrehten Kerzenflammen kamen ihr in den Sinn, die an der Wand getanzt hatten.
    »Dämonische Mächte haben euch gequält.«
    »Aber wir sind treue Christen, wir haben mit dem Bösen nie etwas zu schaffen gehabt!«
    »Bist du sicher? Alan hat für William Nevill gearbeitet. Nevill beherbergt einen Teufelsanbeter, und ich habe sogar Grund zu der Annahme, daß er selbst sich dunklen Riten hingibt.«
    »Ihr meint –«
    »Nottingham Castle ist zu einer Stätte der Ketzerei geworden.«
    »Davon wußten wir nichts.«
    »Das hat euch offenbar nicht vor der Dunkelheit gerettet, ist es nicht so?«
    Also hatte doch Nevill Elias umbringen lassen. Kein Wunder, daß diejenigen in Nottingham, die den Mörder kannten, |185| ihn nicht zu belangen wagten, wenn man schon munkelte, Nevill sei mit dem Satan im Bunde. Sie sah den Ritterdolch deutlich vor sich, blutbeflecktes Gold. Er war womöglich mit einem Fluch belegt oder in einem finsteren Ritual dem Bösen geweiht worden.
    »Eine junge Frau, sie ist ungefähr in deinem Alter, ist genauso vom Unglück bedroht wie du. Noch können wir sie retten. Sie liebt einen der Teufelsanbeter, Sir John Cheyne, und will ihn in Kürze heiraten. Das gilt es zu verhindern. Du weißt, was sie erwartet, wenn sie sich nicht zurückzieht vom Bösen. Reise zu ihr und warne sie, aber verschweige meine Person. Im Fall, daß sie sich dennoch für die dunkle Seite entscheidet, soll sie Cheyne nicht davon erzählen können, daß ich seine Machenschaften kenne und ihm auf den Fersen bin.«
    »Ist es weit von hier?«
    »Die Lovetofts leben in Southoe in Lincolnshire. Du wirst einige Wochen unterwegs sein.«
    »Hawisia kann noch nicht reisen.«
    »Dann bleibt sie hier.«
    »Ich soll sie allein lassen? Das ist ausgeschlossen.« Catherine zog das kleine Bündel näher an sich heran. »Bitte vergebt mir, aber ich kann meine Tochter nicht im Stich lassen, seht, sie ist erst heute geboren!«
    Courtenay betupfte mit der Fingerspitze die Warze über seinem Auge. »Andere Kinder wachsen auch bei einer Amme auf. Zeigst du so deine Dankbarkeit?«
    »Ich bin wirklich dankbar, und ich möchte Euch helfen und dieser Frau, aber ich kann Hawisia nicht fortgeben, nicht für einen einzigen Tag. Versucht, mich zu verstehen. Schickt jemand anderen!«
    »Das ist nicht möglich. Dir werden die Lovetofts vertrauen. Du bist die einzige, die Margaret retten kann.«
    »Aber ich kenne sie überhaupt nicht!«
    »Richtig, und sie kennen dich genausowenig. Du sollst dort auch nicht anklopfen und sagen, du möchtest sie vor einem Ketzer warnen. Du mußt es klug beginnen. Sie besitzen eine |186| Glashütte, und du bist eine Brillenmacherin. Sage zunächst, du willst ihre Glashütte besichtigen. Deine Kenntnisse werden sie beeindrucken und ihr Vertrauen erwecken. Irgendwann kommt die Sprache auf Cheyne. Dann kannst du erzählen, du habest ihn besucht und ihn versehentlich bei seinen teuflischen Taten beobachtet.«
    »Ich soll lügen?«
    »Haben wir das nicht bereits besprochen? Hast du nicht begriffen, daß es Gelegenheiten gibt, in denen es richtig ist zu töten, und daß es genauso Gelegenheiten gibt, in denen man lügen muß, um das Gute zu tun?«
    »Ich würde für Euch lügen. Aus Dankbarkeit würde ich lügen für Euch. Aber ich werde nicht mein Kind verlassen.«
    »Nun, denke darüber nach.« Er wendete sich um, trat durch den Vorhang hinaus. Als das schwarze Tuch bereits hinter ihm zugefallen war, sagte er noch: »Es wäre auch ein Weg, dem Mörder deines Mannes zu schaden.«
    Ein Schaudern überlief Catherine. Konnte der Erzbischof in ihren Gedanken lesen? Woher wußte er, was sie vor seinem Eintreffen gedacht hatte?
    Er hatte ihr

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