Die Brillenmacherin
er zum Ritter geschlagen war, hat er auch schon in der Bretagne erste Heldentaten vollbracht. Überlegt einmal, ihn hat König Richard nach Rom entsandt in einer geheimen Mission, so sehr vertraut er ihm. John gehört richtig zum königlichen Gefolge. Soll ich Euch erzählen, was sein Wappen ist? Goldene Kreise für das Haus Cheyne und schwarze Holzscheite für das Haus Deincourt, die kennt Ihr doch, die berühmten Deincourts? Kommt! Warum geht Ihr nicht weiter?«
|209| Catherine faßte sich an den Hals. Blut schoß ihr ins Gesicht wegen der bevorstehenden Lüge. »Sir John Cheyne wirbt um Euch?«
»Kennt Ihr ihn?«
»Ihr seid verloren.«
»Wie das?«
»Mit Sir John Cheyne wird es bald ein böses Ende nehmen und mit Euch genauso, wenn Ihr ihm nicht den Laufpaß gebt. Er gehört zu einem Kreis von Teufelsanbetern, er ist einer der schlimmsten Ketzer in ganz England.«
Margaret schüttete sich aus vor Lachen. Als sie bemerkte, daß Catherine nicht mit ihr lachte, bemühte sie sich, die Selbstbeherrschung wiederzuerlangen. Sie wischte sich die Tränen aus den Augen und keuchte: »Ihr müßt schon verzeihen, aber das ist das Absonderlichste, was ich je gehört habe. Ihr verwechselt John.«
»Ist er mit Sir William Nevill, dem Kastellan von Nottingham, befreundet?«
Margaret erbleichte. Ein Nicken.
»Wie sieht Euer Sir Cheyne aus?«
»Er hat glatte schwarze Haare und ein breites Gesicht. Er trägt gern gute Kleider.«
»Er ist es. Ich komme aus Nottingham. Beide, Nevill und Cheyne, habe ich dabei beobachtet, wie sie auf das Kreuz gespien haben. Sie haben eine Schale Blut genommen und einen Pinsel und haben seltsame Dinge auf den Boden gemalt. Gebetet haben sie an dieser Stelle.«
Die junge Herrin schüttelte den Kopf. »Nicht, nicht, bitte!«
»Es wird Euch nicht leichtfallen, aber Ihr solltet ihn nie wieder sehen, wenn Ihr nicht ebenfalls vom Bösen ergriffen werden wollt. Ich weiß, wovon ich spreche. Ein Geistlicher sagte mir einmal: Das Böse geht ein wie süßer Honig, im Bauch jedoch ist es bitter wie Wermut.«
»Ihr lügt!« rief Margaret.
»Ich habe meinen Mann verloren, Elias Rowe. Sir William Nevill hat ihn mit einem dem Teufel geweihten Dolch umbringen |210| lassen. Mein Bruder, Alan, wurde beinahe zu Tode geprügelt, und sein Haus hat man eingerissen und verbrannt. All das, weil wir dem Bösen zu nahe gekommen waren. Erspart Euch das! Ihr dürft nicht zulassen, daß John Cheyne Euch in die Augen sieht.«
»Elias Rowe? Euer Mann heißt Elias Rowe, und ihr kommt aus Nottingham …«
»Man hat ihn umgebracht.«
»Er wurde von Johns Freund … ermordet?« Margarets Blick flatterte, die Wangen zuckten. »Aber John hätte mir davon erzählt«, wisperte sie.
»Seid Ihr da sicher? Würde er Eure Zuneigung gefährden? Er weiß, daß Ihr ein treuer Christenmensch seid und nichts mit dem Teufel zu tun haben wollt.«
»Ich liebe ihn!«
»Ihr werdet eine Entscheidung fällen müssen.«
Mitten im Wald in der Nähe Southoes ließ John Cheyne anhalten. Er stieg aus dem Wagen, zog die enge Schecke straff, so daß sie knapp über dem Gesäß endete und die Knöpfe leise knackten. Den hohen Kragen richtete er nach dem Kinn aus. Den Schmuckgürtel aus kristallbesetzten Metallplatten zog er ein wenig schräg. Er schüttelte die Hände aus, bis die weiten, sich glockenförmig öffnenden Ärmelenden weich um die Handgelenke fielen.
Der Anführer der Waffenknechte trabte heran. Schaum tropfte vom Maul des Pferdes.
»Nehmt mein Schwert.« Cheyne reichte es hinauf. »Einer Eurer Männer soll mir vor dem Tor die Wagentür öffnen. Beim Aussteigen wünsche ich allerdings keine Hilfe, es sieht sonst zu weibisch aus. Sobald ich den Wagen verlassen habe, reicht Ihr mir das Schwert.«
»Ja, Sir.«
»Wie sehe ich aus?«
»Sir, Ihr strahlt wie ein frischgeprägtes Goldstück aus dem Tower.«
|211| Cheyne lächelte. »Gut. Ach, und zur Formation: Sechs Reiter vor dem Wagen, sechs Reiter dahinter. Im Hof der Lovetofts sollen alle Reiter zugleich absitzen, versucht einmal, ob das gelingt. Wir wollen Margaret einen schönen Anblick bieten.«
»Ja, Sir.«
Er stieg wieder ein und verstaute den Obsidianspiegel im Beutel. Es war soweit. Das lange Werben sollte ein Ende haben. Der Verwalter in Langar besorgte bereits alles Notwendige für ein großes Hochzeitsfest. Wenige Wochen würde es nur noch dauern bis dahin. Montagu mußte kommen, Latimer, Nevill, die Drayton Beauchamps aus Buckinghamshire, sein Bruder
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