Die Brooklyn-Revue
Hoffnung auf eine glückliche gemeinsame Zukunft. Hoffnung auf Kinder. Hoffnung auf Katzen und Hunde. Hoffnung auf Bäume und Blumen. Hoffnung für Amerika. Hoffnung für England. Hoffnung für die Welt.»
Ich wusste selbst nicht, was ich da sagte. Die Worte sprudelten einfach so aus mir heraus, eine unaufhaltsame Flut von dummen Sprüchen und ausgeleierten Gefühlen, und als ich ans Ende meiner grotesken Rede kam, sah ich Rachel lächeln, zum ersten Mal lächeln, seit sie das Restaurant betreten hatte. Vielleicht hatte ich gar nichts anderes erreichen wollen. Sie wissen lassen, dass ich auf ihrer Seite stand, dass ich an sie glaubte, dass die Lage wahrscheinlichnicht so hoffnungslos war, wie sie dachte. Auf jeden Fall sagte mir ihr Lächeln, dass sie sich allmählich beruhigte, und nun versuchte ich das Gespräch vorsichtig auf andere Themen zu bringen, denn das war nach meiner Überzeugung die beste Medizin: Sie sollte Terrence jetzt erst einmal vergessen, nicht mehr an das Problem denken, das sie seit Wochen beschäftigte. Punkt für Punkt unterrichtete ich sie von dem, was geschehen war, seit wir uns das letzte Mal gesehen hatten. Im Prinzip war es eine Kurzfassung all dessen, was ich bis jetzt in diesem Buch erzählt habe. Nein, nicht ganz – denn ich ließ nicht nur die Sache mit Marina und der Halskette weg (zu traurig, zu demütigend), verschwieg nicht nur das hässliche Telefonat mit der Unaussprechlichen, sondern ersparte ihr auch die schmerzlichen Einzelheiten der Geschichte mit dem gefälschten Hawthorne-Manuskript. Aber sonst kam praktisch alles zur Sprache:
Das Buch menschlicher Torheiten
, Vetter Tom, Harry Brightman, die kleine Lucy, die Reise nach Vermont, Toms Abenteuer mit Honey Chowder, Harrys Testament, Tina Hotts Pantomime zu
«Can’t Help Lovin’ That Man»
. Rachel hörte aufmerksam zu, und während sie aß und ihren Wein trank, gab sie sich alle Mühe, möglichst viel von diesen überraschenden Neuigkeiten aufzunehmen. Und mir selbst ging es, je länger ich redete, immer besser. Ich war in die Rolle eines alten Seebären geschlüpft und hätte mein Seemannsgarn den ganzen Abend so weiterspinnen können. Da Rachel viel daran lag, Lucy kennen zu lernen, verabredeten wir, dass sie uns am nächsten Sonntag besuchen sollte – mit oder ohne ihren Mann, ganz wie sie wollte. Sie freue sich auch auf Tom, sagte sie, und dann stellte sie die Vierundsechzigtausend-Dollar-Frage: «Und was ist mit Honey? Meinst du, da wird was draus?»
«Eher nicht», sagte ich. «Tom hat ihrem Vater seine Telefonnummeraufgeschrieben und ihn gebeten, sie ihr zu geben, aber sie hat sich nicht gemeldet. Und soweit ich weiß, hat auch Tom sie nicht angerufen. Wäre ich zum Wetten aufgelegt, würde ich sagen, wir sehen Honey nie wieder. Sehr schade, aber der Fall scheint abgeschlossen.»
Wie üblich lag ich falsch. Genau zwei Wochen nach dem Abendessen mit Rachel, am letzten Freitag des Monats, erschien, angetan mit einem weißen Sommerkleid und einem großen Strohhut, Honey Chowder in der Buchhandlung. Es war fünf Uhr nachmittags. Tom saß vorn im Laden an der Kasse und las eine alte Taschenbuchausgabe der
Federalist Papers
. Ich hatte Lucy bereits vom Camp abgeholt, und sie und ich ordneten hinten im Laden die Bücher im Geschichtsregal. Seit zwei Stunden hatten wir keinen einzigen Kunden gehabt, und vom gedämpften Surren eines Ventilators einmal abgesehen war es vollkommen still.
Lucys Gesicht leuchtete auf, als sie Honey hereinkommen sah. Sie wollte schon auf sie zulaufen, aber ich legte ihr eine Hand auf den Arm und flüsterte: «Noch nicht, Lucy. Lass erst mal die beiden miteinander reden.» Honey, die nur Augen für Tom hatte, hatte uns noch gar nicht bemerkt. Wie zwei Geheimagenten gingen unser Mädchen und meine Wenigkeit hinter einem Regal in Deckung und verfolgten den folgenden Wortwechsel.
«Hallo, Tom», sagte Honey und warf ihre Handtasche auf den Ladentisch. Dann nahm sie den Hut ab und schüttelte ihr üppiges langes Haar. «Wie geht’s?»
Tom sah von seinem Buch auf und sagte: «Du liebe Zeit, Honey. Was machst du denn hier?»
«Dazu kommen wir später. Zuerst will ich wissen, wie es dir geht.»
«Nicht schlecht. Viel zu tun, bisschen gestresst, abernicht schlecht. Es ist einiges passiert, seit wir uns gesehen haben. Mein Chef ist gestorben, und wie es aussieht, habe ich diesen Laden geerbt. Ich bin mir noch nicht im Klaren, was ich damit anfangen soll.»
«Ich rede nicht vom Geschäft. Ich
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