Die Bruderschaft Christi
wir können, vor allem, wenn wir einem guten Bekannten unseres Bezirkshauptmannes weiterhelfen können«, antwortete Hagner spitz.
»Kollege, Sie wissen selbst, wie langsam unsere Bürokratie ist. Wenn wir alles nur noch schriftlich und über unsere Verbindungsstellen regeln würden, dann wären wir alt und grau, bevor wir auch nur einen Schritt vorankämen. Außerdem sind mir die beiden Kerle quasi direkt vor der Nase entkommen, das kratzt ganz schön an der Ehre.«
Hagner lächelte gekünstelt. »Entflogen meinen Sie wohl. Also gehen wir, auch wir werden jetzt fliegen, das geht am schnellsten.«
Strub, Berchtesgadener Land …
Tom klappte sein Mobiltelefon zu und ließ sich mit einem zufriedenen Seufzer neben Moshav auf einem Baumstumpf nieder.
»Ich bin gespannt, ob das klappt«, sagte Moshav und lächelte ungläubig.
»Wieso sollte das nicht klappen«, entgegnete Tom. »Dieter und ich teilten uns während des Studiums eine Bude. Er ist mir noch einen Gefallen schuldig.«
»Ich dachte, unser Aufenthalt hier ist geheim.«
»Dieter ist keine Gefahr für uns. Er ist Anwalt in Bottrop. Vor zwei Jahren hat er mich in einer Unfallsache vertreten. Er ist eigentlich ganz in Ordnung. Ein wenig ungeschickt allenfalls, wenn es um technische Dinge geht. Aber dafür ist er ja auch Jurist geworden.«
»Lügst du alle deine Freunde an?«, fragte Moshav.
»Sagen wir, das mit dem Unfall ist eine Notlüge gewesen. Ich kann ihm wohl schlecht den wahren Hintergrund für unsere Neugier nennen. Schließlich ist er Anwalt und steht hinter dem Gesetz.«
»Hat sich Yaara schon gemeldet?«
Tom schüttelte den Kopf. »Ich hatte vergessen, die SMS abzuschicken. Ich rufe sie heute Abend an.«
Moshav nahm das Fernglas an die Augen und spähte hinunter in die Straßenzüge von Strub.
»Wie ausgestorben, das Nest. Ich glaube, hier passiert nichts mehr.«
Tom schaute in den nahezu wolkenlosen Himmel. »Wir warten noch, bis Dieter zurückruft. Normalerweise ist die Kennzeichenanfrage bei der Versicherungszentrale schnell erledigt. Dann sehen wir weiter.«
Tom und Moshav warteten noch eine ganze Stunde auf der Wiese oberhalb von Strub, bevor Toms Handy klingelte. Es war sein Anwalt aus Bottrop. Das Gespräch dauerte nicht lange.
»Und?«, fragte Moshav, nachdem Tom aufgelegt hatte.
Tom lächelte zufrieden. »Hans Steinmeier, Bischofswiesen, Stangergasse 9a.«
»Und das ist sicher?«
»Zumindest gehört der Wagen dorthin. Der Fahrzeughalter ist um die vierzig, das könnte der Mann gewesen sein, der aus dem Haus der Nachbarin kam.«
»Was machen wir jetzt?«
Tom wies hinunter ins Tal und erhob sich. »Auf nach Bischofswiesen, das wird eine lange Nacht!«
43
Kloster Ettal, Bayern …
Abseits des Refektoriums, gegenüber der kleinen Kapelle, stand das Verwaltungsgebäude, in dem das Dienstzimmer des Priors lag. Pater Leonardo hatte seinem Begleiter zu verstehen gegeben, dass er wohl eine ganze Weile beschäftigt wäre. Daraufhin zog es Bruder Markus vor, in der Küche auf seinen hohen Gast aus Rom zu warten. Pater Leonardo wurde von einem Mönch in schwarzer Kutte in das Büro des Abtes geführt. Bruder Anselmo erhob sich hinter seinem Schreibtisch, als Pater Leonardo das Zimmer betrat.
»Welch unverhoffter Glanz in unseren bescheidenen Mauern«, begrüßte der Abt seinen Gast aus der Heiligen Stadt. Er erhob sich und streckte lächelnd seine Hand aus.
Pater Leonardo erwiderte den freundlichen Gruß und nahm in einem Sessel Platz. »Nun, mein Anliegen ist, mehr über den grausamen Mord zu erfahren, der sich hier hinter diesen Mauern zugetragen hat. Der Kardinalpräfekt hat mich beauftragt, mich der Sache anzunehmen, und mir die arbitratus generalis erteilt. Ich soll überprüfen, ob die Sache sich nachteilig für unsere Mutter Kirche auswirken könnte.«
Der Abt zog die Stirne kraus und blickte erstaunt. »Aber ich habe doch dem Kardinalpräfekt persönlich berichtet«, antwortete er.
Pater Leonardo schluckte seinen aufkeimenden Ärger hinunter. Erneut war ihm der Präfekt zuvorgekommen, ohne ihn in Kenntnis zu setzen. »Der Kardinalpräfekt war hier?«, fragte er.
Bruder Anselmo nickte. »Vor einer Woche. Komisch, dass er Ihnen davon nichts erzählt hat.«
»Leider weilte ich in dringenden Geschäften in Jerusalem, und nun musste der Präfekt nach Südamerika«, antwortete er. »Wir sind uns seit Tagen nicht mehr begegnet.«
Bruder Anselmo schilderte in allen Einzelheiten die Vorkommnisse um den Mord an
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