Die Bruderschaft Christi
wieder.
»Ich sollte vielleicht Yaara anrufen, sie wollte sich melden«, sagte Tom.
»Schick ihr doch einfach eine SMS«, antwortete Moshav und setzte das Fernglas ab.
»War etwas?«
»Nur die Post«, antwortete Moshav.
Tom aktivierte das Display seines Handys und schrieb Yaara eine Nachricht.
Langsam näherte sich die Sonne ihrem höchsten Punkt. Gegen Mittag meldete sich der Hunger, und sie packten das Lunchpaket aus, das sie im Hotel erhalten hatten. Herzhafte Schinkenbrote, Käse und Gurken.
»Weißt du, ob das koscher ist?«, fragte Moshav.
»Koscher?«, wiederholte Tom. »Weiß ich nicht, aber auf alle Fälle ist es gut.« Tom biss herzhaft in sein Schinkenbrot und nahm einen Schluck aus der Wasserflasche.
Moshav zuckte mit der Schulter. »Koscher oder nicht, egal, ich habe einen Mordshunger, und mein Gott wird mir schon verzeihen, wenn ich mich ein wenig stärke.«
»Er wird dich deswegen bestimmt nicht in die Hölle schicken, da gehören ganz andere hin.«
»Schau mal dort!«, unterbrach ihn Moshav.
Eine alte Frau trat aus dem Nachbarhaus, schaute sich mehrfach um, bevor sie die Straße überquerte.
»Wahrscheinlich ist sie es, die uns in der Nacht beobachtet hat«, mutmaßte Tom. »Auf alle Fälle wohnt sie in dem Haus.«
Moshav hob das Fernglas an. Die Frau trug eine blaue Kittelschürze und hatte ihre grauen Haare hochgesteckt.
»Dürfte so um die sechzig sein, schätze ich.«
Sie ging ein paar Schritte an Jungbluts Haus vorbei, und Tom atmete schon aus. »Schade«, murmelte er. Plötzlich blieb die Frau stehen, warf noch einen Blick in die Umgebung, ehe sie sich umwandte und schnurstracks auf Jungbluts Briefkasten zuhielt.
»Schau einmal an«, sagte Moshav.
Sie holte etwas aus ihrer Tasche und kurz darauf öffnete sie den Briefkasten, der neben dem Eingang an einem Zaunpfosten hing, entnahm die Post, schloss wieder ab und ging zurück zu ihrem Haus.
»Das ist doch interessant«, sagte Moshav. »Sie kümmert sich um die Post, während Jungblut weg ist. Bestimmt weiß sie auch, wo er ist.«
Moshav nahm das Fernglas herab und wollte schon das Lunchpaket zusammenpacken.
»Was machst du?«
»Na, ich denke, wir sollten hingehen und fragen, wo sich Jungblut aufhält, wenn er noch am Leben ist.«
Tom lächelte. »Du glaubst, sie wird es uns so einfach sagen?«
»Wieso nicht?«
Tom zog die Lippen schmal. »Überleg mal. Zuerst beobachtet sie uns am Haus, ruft aber keine Polizei. Und so wie sie sich gerade verhalten hat, ihre sichernden Blicke, das komische Manöver, als sie zuerst am Haus vorbeiging. Sie weiß, was los ist. Sie wird uns irgendeinen Mist erzählen und Jungblut warnen. Bestimmt ist der irgendwo in der Nähe. Wir sollten noch eine Weile warten.«
»Warum?«
»Vielleicht spielt sie die Postbotin für ihn.«
Moshav nickte und schaute sich um. Von weitem erstrahlte das graue Gestein des Watzmanns im Sonnenlicht. Vögel zwitscherten und ein paar aufdringliche Fliegen hatten offenbar das Essen gerochen.
»Gut, bleiben wir noch, es ist schön hier.«
Tom lächelte. Die Zeit verstrich. Beinahe eine Stunde zog ins Land, ehe sich ein dunkler Wagen näherte. Langsam fuhr er durch die Straße. Schließlich wendete er und kam zurückgefahren.
»BGL-HA 3344«, sagte Moshav und klebte mit seinen Augen am Fernglas. »Ein schwarzer Renault.«
Tom holte seinen Notizblock heraus und schrieb die Nummer auf. Der Wagen hielt vor dem Haus der Frau. Ein großgewachsener, bulliger Mann stieg aus und betrat das Anwesen. Schließlich verschwand er im Haus.
»Wohl ein Bekannter«, murmelte Moshav.
Fünfzehn Minuten später kam der Mann wieder aus dem Haus. Er ging auf den Renault zu, setzte sich ans Steuer und brauste davon.
»War wohl nichts«, sagte Tom.
»War doch was«, widersprach Moshav. »Hast du gesehen, was er in der Hand hielt?«
»Habe ich das Fernglas oder du?«
»Den gleichen Umschlag wie die Frau vorhin, als sie Jungbluts Briefkasten leerte.«
Tom fuhr auf. Er riss Moshav das Fernglas aus der Hand.
»Verdammt, wo fährt er hin?«
Suchend schwenkte Tom das Fernglas über die Straßen.
»Er ist weg!«, sagte er schließlich mit einer Spur Resignation in der Stimme.
»Was machen wir jetzt?«, fragte Moshav.
»Jetzt werden wir feststellen, wem der Wagen gehört«, antwortete Tom.
42
München, Flughafen Franz Josef Strauß,
im Erdinger Moos …
Pater Leonardo war pünktlich gelandet. Am Flughafen wurde er von einem Vertreter des Erzbistums München und Freising
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