Die Bruderschaft Christi
einen Archäologen, der behauptet, dass Jesus eine Lüge ist, ohne dass er es beweisen kann. Und ich liebe meinen Beruf.«
»Aber ich sehe, dass es in dir arbeitet«, mischte sich Yaara ein, die die ganze Zeit geschwiegen hatte. »Ich spüre es jeden Tag mehr. Es lässt dich nicht in Ruhe. Nicht einmal in der Nacht.«
Tom wandte sich Yaara zu und gab ihr einen Kuss auf die Wange.
Die Tür wurde geöffnet, und die Schwester trat ein. Sie reichte Moshav ein Päckchen.
»Dann lass uns gehen, alter Freund«, sagte Tom. »Du hast dich jetzt lange genug ausgeruht.«
Moshav erhob sich. »Auf geht’s, zurück nach Jerusalem.«
»Jerusalem, weshalb Jerusalem?«, fragte Tom.
Moshav lächelte. »Hier in Deutschland ist es mir einfach zu gefährlich.«
München, Bayrisches Landeskriminalamt, Dez. 63 …
Bukowski las die Aussage von Thierry Gaumond alias Jean Colombare noch einmal aufmerksam durch. Nachdem ihn Bukowski mit den Neuigkeiten aus Frankreich konfrontiert hatte, war er nach kurzer Zeit zusammengebrochen. Er hatte eingeräumt, dass er am Tod von dem echten Jean Colombare beteiligt gewesen war. Er und Antonio di Salvo, der in der Wohnung in München vom Einsatzkommando erschossen worden war, hatten den Mann betrunken gemacht und in die Seine geworfen. Pierre Benoit hatte sie mit den notwendigen Informationen versorgt und den Auftrag gegeben, weil er hinter den Schriften her gewesen war. Mit den Morden an den drei Kirchenmännern und an Raful sowie an den in Israel getöteten Archäologen hatte er nichts zu tun. Doch er hatte davon gewusst. Er war über alle Entwicklungen informiert worden, so wie er auch seinerseits alle Neuigkeiten umgehend weitergab. Als Raful nach Zürich reisen wollte, hatte man ihn gefangen genommen. Mardin war bekannt für seine sadistische Ader. Er hatte Raful zu Tode gefoltert, doch der Professor hatte geschwiegen. Als sie von Jungblut erfuhren, war es bereits zu spät, Rafuls Freund hatte es vorgezogen, das Weite zu suchen und sich zu verstecken. Und als die Polizei dann eingriff und Mardin und Santini beinahe verhaftet worden wären, kam er als Jean Colombare zum Zug. Tom führte sie schließlich direkt zum Professor. Was dann passierte, war so nicht geplant. Der Angriff ging schief, so blieb nur noch die Geiselnahme, um an die Schriften zu gelangen.
Maxime Rouen hatte kurz vor Mittag angerufen und von Bukowski die Neuigkeiten erfahren. Benoit war flüchtig. Als die Einsatzkräfte in La Croix Valmer das Grundstück stürmten, war Benoit bereits untergetaucht. In aller Eile hatte er offenbar versucht, Beweise zu beseitigen, doch nicht alles wurde vernichtet.
Die aufgefundenen Dokumente bewiesen die Existenz einer Bruderschaft, die sich wie ein Netz über die ganze Welt spannte. Ein Minister in Frankreich, ein Staatssekretär aus Wien, zwei Fabrikanten aus Deutschland, Bankdirektoren aus der Schweiz, aus Luxemburg und aus England, mehrere Geistliche und sogar ein hoher amerikanischer Staatsbeamter gehörten dieser Verbindung an. Gegenseitige Hilfe bei Geschäften sowie Unterstützungen bei Bauvorhaben und noch vieles mehr konnte Benoits Bruderschaft angelastet werden. Steuervergehen waren lediglich ein kleiner Teilbereich. Sie waren auf einen Sumpf gestoßen, und es würde Monate dauern, bis man ihn trockenlegen konnte. Auch vor Mord und Totschlag hatte die Bruderschaft nicht zurückgeschreckt. Europol hatte die Ermittlungen übernommen, und Maxime Rouen war zum Leiter der Sonderkommission ernannt worden.
»Hast du nicht Lust, mit zur Partie zu gehören, wir richten die Zentrale in Paris ein«, hatte Maxime noch gesagt, ehe er das Gespräch beendete.
Bukowski hatte Lisa lange angeschaut, nachdem er ihr von Maximes Vorschlag berichtete.
»Und wie lange wirst du weg sein?«, fragte sie.
Bukowski zuckte mit der Schulter. »Das kann ein ganzes Jahr dauern. Es ist keine leichte Aufgabe. Komplizierte Ermittlungen, verstehst du.«
Hotel Leopold, München …
Yaara nahm ein Bad, während sich Tom und Moshav im Zimmer niedergelassen hatten. Tom saß auf dem Bett, während Moshav in einem Sessel lümmelte. »Es beschäftigt dich wirklich«, sagte Moshav.
»Es ist nicht einfach für mich«, antwortete Tom. »Ich bin Christ, verstehst du? Auch wenn ich nicht viel von der Kirche halte, so ist es dennoch schwer, die Nichtexistenz von Jesus zu akzeptieren. Schließlich ist unser gesamter Glaube auf diese Figur fixiert. Wenn es ihn nicht gab, zumindest nicht als
Weitere Kostenlose Bücher