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Die Bruderschaft Christi

Die Bruderschaft Christi

Titel: Die Bruderschaft Christi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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nach Jericho …
     
    Trotz der unerträglichen Hitze des Tages trug der Mann einen dunklen Anzug. Sein oberer Kragenknopf war geschlossen, und die weinrote Krawatte saß akkurat in der Mitte seines Körpers. Er war kurz vor dem Abendessen in Begleitung eines Polizeioffiziers aufgetaucht und trug eine schwarze Ledertasche unter dem Arm, die er an seinen Körper presste, als wären darin die Kronjuwelen der englischen Königin versteckt. Wortfaul hatte er nach Professor Raful gefragt. Tom hatte ihm zu verstehen gegeben, dass er Chaim Raful schon seit ein paar Tagen nicht mehr gesehen habe und Professor Jonathan Hawke die Grabungen vor Ort leite.
    »Dann bringen Sie uns zu ihm!«, hatte der Polizeioffizier geantwortet. Tom führte sie in das große Zelt, in dem normalerweise die Besprechungen der Crew stattfanden, und machte sich auf die Suche nach dem Professor. Er fand ihn zusammen mit Aaron Schilling am zweiten Grabungsabschnitt.
    »Ein Polizist und ein Beamter?«, sagte Hawke nachdenklich, als ihn Tom zu den Besuchern führte. »Haben sie gesagt, was sie wollen?«
    Tom schüttelte den Kopf. »Keinen Ton.«
    Hawke schaute sich noch einmal um, bevor er das Zelt betrat.
    Der Mann im Anzug stand vor der großen Tafel, auf der ein Luftbild der Grabungsstätte angebracht worden war. Er wandte sich um und warf Hawke einen abschätzigen Blick zu.
    »Sie leiten die Grabung?«, fragte er.
    Hawke nickte. »Das stimmt, was wollen Sie?«
    »Mein Name ist Benyamin Yassau. Ich komme vom staatlichen Amt für Altertümer und bin beauftragt, mich über die Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen dieser Grabungsstätte zu informieren. Es gab einen Unfall, wie ich hörte?«
    Hawke nickte.
    »Wir müssen den Vorfall überprüfen«, fuhr Yassau fort. »Wie ich hörte, war das nicht der einzige Zwischenfall.«
    »Hören Sie, Herr Yassar«, antwortete Jonathan Hawke.
    »Yassau, Benyamin Yassau.«
    »Schön, Herr Yassau«, berichtigte sich Hawke. »Wir hatten hier einen Unfall, weil ein Schalbrett aus unerfindlichen Gründen nachgegeben hat. Zwei meiner Männer wurden verletzt. Dessen ungeachtet versichere ich, dass wir großen Wert auf die Sicherheit unserer Männer legen und niemand die Grabungsstätten betritt, bevor wir sie nicht ausreichend gesichert haben.«
    »Dennoch gab es einen Unfall«, wandte der Beamte ein.
    »Ja, verdammt!«, antwortete Jonathan Hawke verärgert. »Wir können uns den Vorfall nicht erklären.«
    »Vielleicht sind Ihre Sicherheitsvorkehrungen eben doch unzureichend. Wir würden gerne die Grabungsfelder prüfen. Solange müssten Sie die Arbeiten einstellen. Wir haben unsere Vorschriften.«
    Hawkes Gesicht errötete vor Zorn, doch er verbiss sich seinen gehässigen Kommentar. Die Art des Mannes, seine abschätzenden Blicke und der missbilligende Unterton in seiner Stimme brachten Hawke auf die Palme. Er atmete tief durch. Auch wenn Yassaus Worte allein schon einem Vorwurf gleich kamen, so wusste er, dass er nur seine Kraft verschwendete.
    Dieser Mann war ein Beamter, und so, wie er auftrat, betrachtete er die Vorschriften und seinen Auftrag als Gebot Gottes. Nichts würde ihn davon abhalten, seine Untersuchung durchzuführen.
    »Pessima tempora plurimae leges«, seufzte Hawke und schob den Vorhang vor dem Eingang zum Zelt ein Stück zur Seite.

13
    Franziskanerkloster der Flagellatio
    in der Altstadt Jerusalems …
     
    »Natürlich spricht man hier von den Grabungsarbeiten unterhalb des Ölberges im Ausläufer des Kidrontals«, erklärte Pater Phillipo. »Nahe bei den Felsengräbern vermutete man schon lange, auf weitere Artefakte aus der Zeit der römischen Besatzung zu stoßen. Aber wie mir zu Ohren kam, fand man dort die Grabstätte eines christlichen Ritters. Bislang wurde es noch nicht offiziell bestätigt, aber man hört so manches. Jerusalem ist manchmal wie ein Dorf.«
    »Rom ist besorgt«, antwortete Pater Leonardo. »Es heißt, dieser Professor Raful suche nach Beweisen, welche die Grundfeste der Kirche erschüttern könnten. Warum ist er eigentlich so verbohrt?«
    Pater Phillipo lächelte mitleidig. »Chaim Raful ist ein verblendeter und verbitterter alter Mann. Er macht die Kurie für den Tod seiner Eltern verantwortlich, die den Holocaust nicht überlebt haben. Es heißt, seine Familie hätte sich mit einer Gruppe jüdischer Mitbürger vor den Nazis in das Asyl der Kirche geflüchtet, aber der damalige Bischof habe sie allesamt ausgeliefert. Sie seien in einem Nazi-Lager umgebracht worden. Er ist

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