Die Bruderschaft Christi
komisch, dass niemand weiß, wo er ist. Nicht einmal in Tel Aviv hat man etwas von ihm gehört.«
»Und wo ist Gina?«, fragte Tom.
»Sie ist in der Stadt geblieben«, antwortete Jonathan Hawke. »Sie wollte noch ein paar Dinge kaufen.«
Jean Colombare wies in die Grube. »Ich weiß, dass es mittlerweile fast nebensächlich geworden ist, aber wir brauchen hier noch Material. Wir müssen die Grube noch um ein paar Meter erweitern. Die Mauern liegen zwei Meter tief. Ich denke, Aaron sollte weiteres Baumaterial besorgen, damit wir morgen anfangen können.«
Jonathan wandte den Kopf und blickte in Richtung der zweiten Grube, wo Aaron und der Beamte vom Amt für Altertümer noch immer mit den Untersuchungen beschäftigt waren. »Ich hoffe, Aaron findet noch Zeit dafür. Dieser Yassau ist sehr penibel. Die Untersuchung kann noch eine ganze Weile dauern, und in ein paar Stunden wird es dunkel.«
»Mein Gott«, protestierte Jean Colombare. »Was passiert ist, das ist passiert. Aaron trifft keine Schuld. Wir alle wissen, dass wir uns auf ihn verlassen können. Bestimmt war es nur ein bedauerlicher Zufall.«
»Das musst du Yassau sagen, nicht mir«, antwortete Jonathan Hawke. »Wir sehen uns dann beim Essen.«
Hyères, Südfrankreich, am Place Massilion.
Er atmete schwer. Der Aufstieg hatte eine Menge Kraft gekostet, und er spürte seine schweren Beine. Seit Jahren hatte er keinen Sport mehr getrieben, was an seinem Bauchansatz deutlich zu erkennen war. Kardinal Borghese trug eine dunkle Hose, ein kariertes Sommerhemd und einen Strohhut. Niemand hätte ihn in dieser Aufmachung für einen hochrangigen Vertreter der katholischen Kirche gehalten.
»Es ist sehr heiß heute, mein lieber Pierre«, seufzte Kardinal Borghese.
Borgheses Begleiter, Pierre Benoit, trug eine leichte beige Sommerhose und ein weißes Hemd. Auch er trug einen Strohhut, der ihn vor den Strahlen der heißen Sonne Südfrankreichs schützen sollte.
»Dann wollen wir ein wenig rasten«, antwortete Benoit und zeigte auf eines der zahlreichen Straßencafés, die vor der Templerkirche ihre Stühle und die großen Sonnenschirme aufgestellt hatten.
»Eine gute Idee«, antwortete Borghese und suchte nach einem freien Platz unter einem der Schirme.
Als sie sich niedergelassen hatten, tauchte eine junge Bedienung auf, die ein bauchfreies Top trug. Borghese betrachtete sie. Benoit beobachtete Borghese, der theatralisch einen Cappuccino bestellte.
»Das junge Fleisch reizt das Alter«, sagte er, nachdem er selbst um ein Glas Wasser gebeten hatte und die junge Frau davoneilte und in einem der angrenzenden Cafés verschwand.
Kardinal Borghese lächelte. »Oh, nein, mein lieber Pierre«, scherzte er. »Verzicht ist mein Gebot, schon seit Jahren. Mich wundert nur, in welcher Freizügigkeit sich die Jugend von heute zeigt.«
»Freizügigkeit ist die eine Sache, aber dass unsere Jugend immer mehr unserer Werte preisgibt, macht mir Sorgen.«
Die Bedienung kam mit einem Tablett wieder. Mit einem freundlichen Lächeln platzierte sie die Bestellung auf dem Tisch.
»Die einzigen Laster, denen ich verfallen bin, sind der rote Lack und das kraftvolle Schnurren meines Wagens.«
»Du bist wieder mit dem Sportwagen gekommen, den ganzen langen Weg?«
Kardinal Borghese lächelte. »Und ich habe es genossen.«
Pierre Benoit blickte zum halbrunden Turm der Templerkirche.
»Die letzten Spuren einer großen Gemeinschaft, von der man sagt, sie habe ihr Leben für den Glauben und für Gott hingegeben«, sagte er.
»Eine Gemeinschaft aus Kriegern, die sich nicht gegen den Verfall und das wachsende Heidentum in der Welt zur Wehr setzte und am Ende selbst ihre Mitte verlor und der Dekadenz frönte. Wie mag es wohl gewesen sein? Damals vor eintausend Jahren.«
Kardinal Borghese nahm einen Schluck aus seiner Tasse. Schmatzend verzog er das Gesicht.
»Bitter, bitter und schlaff. Die Sahne aus der Retorte. Schrecklich. Ihr Franzosen werdet es nie lernen, einen guten Cappuccino zu machen.«
»Was habt Ihr an Eurem Getränk auszusetzen, werter Freund«, fragte Benoit.
»Cappuccino muss stark sein, aber nicht bitter. Er muss ein wenig nach Kakao schmecken und der Kaffee muss sich mit luftigem Milchschaum verbinden, damit es eine Komposition aus herzhaftem Aroma, gepaart mit der Natürlichkeit der Milch und dem Duft der Seeluft wird, so trinken wir Italiener den Cappuccino. Wir erschlagen ihn nicht mit künstlicher Sahne und schütten die Tasse nicht randvoll mit
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