Die Bruderschaft Christi
noch im Leben ihre Taten bereuen. Also, Bruder, erinnere dich an die Nacht des Mordes. Erinnere dich an den Mann, den du gesehen hast. Hilf den Beamten, so gut du nur kannst.«
Sanft streichelte der Abt Bruder Franziskus über die Wange.
Jerusalem, Grabungsstätte an der Straße nach Jericho …
»Sie ist nicht hier«, sagte Yaara verwundert. »Ich habe überall nach ihr gesucht. Weder im Zelt noch an einer der Grabungsstätten. Niemand hat sie heute Morgen gesehen, und ihr Schlafplatz ist unberührt. Sie ist offenbar überhaupt nicht aus der Stadt zurückgekehrt.«
Jonathan Hawke zog die Augenbrauen in die Höhe. »Sie wollte nur noch etwas einkaufen und dann mit dem Taxi zurückfahren.«
»Und wenn ihr etwas zugestoßen ist?«
Tom zuckte mit der Schulter. »Ich denke auch, dass wir die Polizei informieren sollten. Wir alle kennen Gina. Sie ist mit ihrer Arbeit verheiratet. Das sieht ihr überhaupt nicht ähnlich.«
»Vielleicht hat sie einen Mann getroffen«, wandte Jean Colombare ein. »Ein amouröses Abenteuer. Sie ist schließlich eine Frau.«
Moshav warf ihm einen missbilligenden Blick zu. »Gina ist Archäologin und erst in zweiter Linie eine Frau. Selbst wenn sie jemanden getroffen hätte, dann wäre sie zumindest pünktlich zu ihrer Arbeit erschienen. Ich glaube auch, dass wir die Polizei verständigen sollten.«
Jonathan Hawke atmete tief ein. »Uns bleibt wohl keine andere Wahl.«
In diesem Augenblick betrat Pater Phillipo das Zelt. Er blickte sich um und sah in die betrübten Gesichter der Männer und Frauen am Tisch. Das Frühstück war längst beendet, und die Arbeiter hatten das Zelt verlassen, um wieder an ihre Ausgrabungsarbeiten zu gehen. Nur noch der Professor und seine Crew waren zurückgeblieben.
»Ich hoffe, ich störe nicht«, sagte Pater Phillipo, als er vor dem Tisch stehen blieb. Hawke erhob sich von der Bank und reichte dem Pater die Hand.
»Wir vermissen eine unserer Mitarbeiterinnen«, erklärte er. »Sie ist gestern in die Stadt gegangen und bislang nicht zurückgekehrt.«
Der Pater runzelte die Stirn. »Sie hat keine Bekannte in der Stadt?«
Jonathan Hawke schüttelte den Kopf.
»Haben Sie bereits mit der Polizei Kontakt aufgenommen?«
»Wir haben es gerade in Erwägung gezogen«, antwortete Jean Colombare.
»Jerusalem ist ein Moloch«, erklärte der Pater. »Tagsüber sind die Straßen Jerusalems voller Touristen, doch in den Nächten wird sie zu einem Sumpf. Diese Stadt ist gefährlich. Und es ist nur ein trügerischer Friede, der hier herrscht. Rufen Sie die Polizei. Es ist besser, wenn nach ihr gesucht wird.«
Hawke nickte und griff in seine Jackentasche. Mit dem Handy in der Hand trat er vor das Zelt.
Pater Phillipo schaute dem Professor nach, bis er das Zelt verlassen hatte. Dann wandte er sich den anderen am Tisch zu. »Es ist vielleicht nicht der rechte Augenblick, aber ich möchte mich Ihnen gerne vorstellen. Mein Name ist Pater Phillipo vom Franziskanerkloster in Jerusalem. Der Dekan der Bar-Ilan-Universität hat mir erlaubt, mich hier ein wenig umzuschauen. Schade, dass der Sarkophag mit dem Leichnam eines Kreuzritters von Professor Raful bereits fortgeschafft wurde. Ich war sehr gespannt darauf, doch leider scheint mir der Anblick des Kreuzritters zuerst einmal verwehrt zu bleiben. Er befindet sich wohl noch immer im Gewahrsam von Professor Raful?«
»Professor Raful ist ebenfalls seit Tagen verschwunden«, antwortete Jean Colombare. Yaara warf ihrem Kollegen einen missbilligenden Blick zu.
Colombare zuckte mit der Schulter. »Was soll’s, stimmt doch. Der Professor hat sich aus dem Staub gemacht, nachdem wir gefunden haben, was wir für ihn suchen sollten.«
»Jean«, sagte Tom scharf.
Jean Colombare schmollte und griff zu seiner Kaffeetasse.
»Entschuldigen Sie«, versuchte Pater Phillipo die Situation zu entspannen. »Ich wollte nicht indiskret sein.«
Tom wies auf den freien Platz am Tisch. Pater Phillipo nickte dankbar und setzte sich zu der kleinen Gruppe.
»Ich bin Tom Stein, das sind Jean Colombare, Yaara Shoam und Moshav Livney. Wir gehören zum Team von Professor Hawke.«
»Ich weiß, ich habe mich informiert, ehe ich hierher kam«, antwortete Pater Phillipo. »Doktor Shoam, vielleicht erinnern Sie sich nicht mehr an mich, aber wir begegneten uns vor einem Jahr an der italienischen Fakultät für Archäologie und Kirchengeschichte in Rom. Und Sie, Herr Stein, sind mir ebenfalls nicht unbekannt. Dies ist bereits ihre vierte
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