Die Bruderschaft Christi
sich mit der Hand über die Augen. »Wurde sie … wurde sie vergewaltigt?«
»Wir wissen bislang noch nicht viel, die Obduktion wird heute Mittag durchgeführt. Alles, was wir bislang sagen können, ist, dass sie gefoltert und ermordet worden ist.«
»Wie hat man sie umgebracht?«, fragte Tom.
»Sie wurde erstochen«, antwortete der Polizeioffizier. »Ich muss Sie beide bitten, sich zu unserer Verfügung zu halten. Die Kriminalpolizei hat die Ermittlungen aufgenommen. Man wird mit Ihnen reden wollen.«
»Selbstverständlich«, sagte Hawke, der sich langsam gefangen hatte.
Der Polizeioffizier führte sie hinaus an die frische Luft. Selbst als der warme Tag sie wieder empfing, hatte Tom noch immer eine Gänsehaut. Was war bloß geschehen?
Gina war keine naive und sorglose junge Frau gewesen, Gina stand mitten im Leben. Unvorstellbar, dass sie so einfach mit einem fremden Mann mitgegangen war. Bestimmt hatte man ihr aufgelauert. Aber warum? Sie hatte nicht viel bei sich. Eine Geldbörse mit ein paar Dollar und ein paar Schekel. Nicht so viel, dass sich ein Überfall gelohnt hätte. Scheckkarten und Kreditkarten nahm sie grundsätzlich nicht mit in die Stadt. »Mehr als einhundert Dollar hat sie nie eingesteckt«, murmelte Tom.
»Was meinst du?«, fragte Jonathan, als sie in den Wagen stiegen.
»Sie hat immer gesagt, dass sie nie mehr als einhundert Dollar mit in die Stadt nimmt und ihre Scheckkarten zu Hause lässt.«
»Du meinst, es war ein Raubmord?«
»Raubmord, Sexualmord, was weiß ich«, entgegnete Tom. »Es ist nur sonderbar, dass der Polizist sagte, sie sei gefoltert worden.«
»Bestimmt gibt es auch in Jerusalem genügend Perverse. Dies ist im Grunde genommen eine Stadt wie jede andere.«
Tom nickte. »Ich hoffe, dass die Polizei das Schwein findet.«
Hawke startete den Wagen. »Und ich hoffe, dass er für seine Tat bezahlt.«
Jerusalem, Ausgrabungsstätte an der Straße nach Jericho …
Der Rest des römischen Badehauses lag im westlichen Abschnitt des Grabungsfeldes noch immer unter einer beinahe zwei Meter hohen Schutthalde. Im äußeren Bereich hatte Aaron Markierungspfähle eingeschlagen. Nach der Ausdehnung der bislang freigelegten Mauerreste zu urteilen, musste sich das gesamte Areal beinahe bis hin zu der steil abfallenden Böschung erstrecken, die hinab zur Straße nach Jericho führte. In diesem Bereich des Grabungsabschnittes war ohne ausreichende Stützmauern ein Verrutschen der lockeren Pflugschicht auf die tiefer gelegene Straße nicht auszuschließen. Die stratigrafische Begutachtung rund um das Badehaus hatte ergeben, dass hier ein künstlicher Hügel über der eigentlichen Oberfläche aufgeschüttet worden war.
Moshav, Jean und Yaara arbeiteten weiter, was sollten sie auch sonst tun. Die Arbeit lenkte ab und hielt ihre Anspannung in Grenzen. Noch waren Tom und der Professor nicht aus dem Leichenschauhaus zurückgekehrt.
»Wir nehmen den kleinen Bagger und beginnen am westlichen Ende«, sagte Aaron und wies auf das gelbe Arbeitsgerät mit der schmalen Schaufel.
Moshav nickte und zog sein Hemd über den muskulösen Körper. Er warf einen Blick in die Sonne. »Heute wird wieder ein heißer Tag. Wir sollten eine längere Mittagspause machen und die Scheinwerfer platzieren.«
Aaron winkte ab. »Nein, keine Scheinwerfer. Wir müssen die Stützen bei Tageslicht aufstellen. Du weißt nicht, wie das Gelände reagiert. Die Oberfläche ist nur mit leichtem Gras bewachsen. Wir müssen damit rechnen, dass der Boden nachgibt. Ich will sehen, wenn sich die ersten Spalten auftun.«
Moshav atmete tief ein und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Nachdenklich betrachtete er die massigen Vierkantpfähle, die beinahe einen Meter über die Ladefläche des Lastwagens hinausragten.
»Also dann«, sagte er, »fangen wir an, nutzen wir das Sonnenlicht.«
Moshav schwang sich in den Lastwagen und startete den Motor. Aaron fuhr mit dem Schmalspurbagger voraus. Die Arbeiter warteten schon unweit der Böschung, wo zwanzig der fast vier Meter langen Pfähle in den Boden eingelassen werden sollten. Die Arbeit würde bis zum Abend andauern. Aaron hoffte, dass seine Berechnungen stimmten.
München, Bayrisches Landeskriminalamt, Dezernat 63 …
»Frankreich«, wiederholte Bukowski. »Der Schlüssel zur Lösung unseres Falles liegt in Frankreich. Glaube mir.«
»Ich könnte dir vielleicht glauben, wenn du öfter mit mir reden würdest«, antwortete Lisa schnippisch. »Für
Weitere Kostenlose Bücher