Die Bruderschaft der Black Dagger
bringt mich auf Schreibregel Nummer sechs: Conflict is king . Konflikte bringen’s.
Was in Ewige Liebe und Bruderkrieg wirklich funktioniert, sind die Konflikte. Mary und Rhage müssen Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um zusammen sein zu können: Sie müssen sich Marys Krankheit stellen, mit der Tatsache umgehen, dass sie ein Mensch ist und er nicht, die Bestie in ihm zähmen und
Mary gegen alle Widerstände in die Welt der Bruderschaft einführen. Und jedes Mal, wenn sie eines dieser Hindernisse überwinden, macht sie das stärker.
Nehmen wir mal Marys Leukämierückfall. Gegen Ende von Bruderkrieg , als klarwird, dass sie nicht mehr lange zu leben hat, sucht Rhage Hilfe bei der Jungfrau der Schrift und bittet sie, die Frau, die er liebt, zu retten. Die Jungfrau der Schrift erhört seine Bitte, hat aber nur eine ziemlich grausame Lösung für das Problem. Sie sagt Rhage, dass sie Mary vor ihrem Schicksal bewahren, sie also vor ihrem sicheren Tod retten kann. Aber das universelle Gleichgewicht muss aufrechterhalten werden, also muss Rhage als Gegenleistung für den Rest seines Lebens mit der Bestie in sich leben und darf Mary niemals wiedersehen. Außerdem wird Mary jede Erinnerung an ihn und ihre Liebe verlieren:
Als er schließlich sprach, zitterte seine Stimme. »Ihr nehmt mir das Leben.«
»Genau darum geht es«, entgegnete sie in einem unendlich sanften Tonfall. »Das ist Yin und Yang, Krieger. Dein Leben gegen ihres. Das Gleichgewicht muss erhalten bleiben, Opfer müssen gebracht, wenn Geschenke dargeboten werden. Wenn ich diese Frau für dich retten soll, musst du mir ein Pfand geben. Yin und Yang.«
- BRUDERKRIEG, Seite 278
Das ist mal ein richtiger innerer Konflikt. Rhage hat zwar die Macht, Mary zu retten, aber er muss dafür ein gewaltiges persönliches Opfer bringen.
Konflikte in einem Buch sind wie Mikroskope. Wenn man sie auf eine Figur richtet, erkennt man, was jenseits der oberflächlichen Erscheinung in ihr steckt. Man erkennt, ob jemand stark oder schwach ist, ob er seinen Prinzipien treu bleibt, ein Held oder ein Bösewicht ist.
In den Gesprächen über Marys Krankheit hat Rhage sowohl mit einem äußeren als auch einem inneren Konflikt zu kämpfen. Denn er wird von der Jungfrau der Schrift zu einer Entscheidung
genötigt - er muss zwischen seiner Liebe für Mary und seinem Wunsch, die Bestie loszuwerden, wählen. Er beweist, dass er ein wahrer Held ist, indem er sein eigenes Glück zum Wohl seiner großen Liebe opfert. Auf einer höheren Ebene macht er damit außerdem eine große persönliche Entwicklung durch - von dem egoistischen Vampir, der er einst war, zu dem mitfühlenden, liebenden Wesen, das er heute ist.
Versteht ihr jetzt, warum ich ihn einfach ins Herz schließen musste?
Die Konflikte gehören in einem Buch zu den wichtigsten Elementen. Und ich sehe sie als eine Art Schachbrett, auf dem sich die Figuren einer Geschichte bewegen müssen: Wie sie sich darauf bewegen und was sie tun, um dorthin zu gelangen, wo sie hinwollen, ist genauso bedeutend wie der Konflikt, der sie in Bewegung gesetzt hat.
Schreibregel Nummer sieben: Glaubhafte Überraschungen.
Glaubhafte Überraschungen sind die Königinnenfiguren eines Autors auf dem Schachbrett des Schreibens. Überraschend kann vieles sein, aber wenn man vorher keinen tragenden Kontext dafür geschaffen hat, wirkt so eine Überraschung leicht total aufgesetzt. Damit eine Auflösung wirklich funktioniert, braucht es also beides - einen wirklichen Konflikt und eine unerwartete, aber glaubhafte Lösung dafür.
Nehmen wir mal das Ende von Bruderkrieg . Als Rhage in den Handel mit der Jungfrau der Schrift einwilligt, um Marys Leben zu retten, sind er und seine Shellan eigentlich geliefert. Und doch sind die Liebenden am Ende wieder vereint (dank des halsbrecherischen Fahrstils von Fritz - wer hätte gedacht, dass in dem Doggen ein kleiner Michael Schumacher steckt?), Mary ist geheilt, und sie kann sich sogar an alles, was sie mit Rhage verbindet, erinnern. Großartig! Fantastisch! Abgesehen von der Tatsache, dass das laut Rhages Abmachung mit der Jungfrau der Schrift eigentlich gar nicht möglich ist.
Und da kommt jetzt die glaubhafte Überraschung ins Spiel. Es stellt sich heraus, dass das Opfer für Marys Rettung bereits
erbracht wurde. Als die Jungfrau der Schrift zu Mary geht, um sie vor ihrem Schicksal zu bewahren, erkennt sie, dass die Frau aufgrund der Leukämiebehandlungen unfruchtbar geworden ist. In den Augen der
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