Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)
Vinyl und Resopal. Die Bedienungen trugen blaue T-Shirts mit dem Namen des Restaurants auf dem Rücken, darunter drei Pferde, die dem Ziel entgegensprengten. Der Name einer jeden Kellnerin war über der linken Brust aufgestickt.
Ich ging nicht hinein, sondern wartete auf dem Parkplatz. Ich sah, wie Karen Emory Rechnungen auf ihren Tischen ablegte und sich auf das Ende ihrer Schicht vorbereitete. Bennett hatte sie mir beschrieben, und sie war die einzige Blondine, die an diesem Abend arbeitete. Sie war hübsch und zierlich, nur knapp über eins fünfzig groß und überwiegend schlank, wenn man einmal davon absah, dass ihr T-Shirt selbst von weitem so aussah, als wäre es um den Busen mindestens eine Nummer zu klein. Vermutlich kamen Typen ins Downs, nur um sich ihr Ei übers Kinn zu kleckern, während sie auf den überdehnten Stoff glotzten.
Um 18:55 Uhr stieß ein schwarzer Silverado mit getönten Scheiben auf den Parkplatz. Zwanzig Minuten später kam Karen Emory heraus, die ein kurzes schwarzes Kleid und Stöckelschuhe trug, die Haare offen auf die Schulter fallen ließ und frisches Make-up aufgetragen hatte. Sie stieg in den Silverado, worauf dieser links auf die Route 1 abbog und in Richtung Norden fuhr. Ich blieb bis South Portland hinter ihm, wo er auf den Parkplatz des Beale Street Barbecue am Broadway stieß. Karen stieg aus, gefolgt von Joel Tobias. Er war mindestens einen Kopf größer als seine Freundin und hatte die dunklen Haare, die ein bisschen zu lang und bereits grau meliert waren, aus der Stirn und hinter die Ohren gekämmt. Er trug Jeans und ein blaues Denimhemd. Wenn er etwas Fett am Körper hatte, hatte er es gut kaschiert. Er humpelte leicht beim Gehen, belastete vor allem den rechten Fuß und hatte die linke Hand in der Vordertasche seiner Jeans stecken.
Ich ließ ihnen zwei Minuten Vorsprung und folgte ihnen dann. Sie saßen an einem der Tische nahe der Tür, deshalb setzte ich mich an die Bar, bestellte mir eine Flasche alkoholfreies Bier und drehte mich so, dass ich sowohl den Fernseher als auch den Tisch mit Tobias und Karen im Auge hatte. Sie schienen sich zu amüsieren. Sie bekamen zwei Margaritas, dazu Bier und eine gemischte Grillplatte. Beide lächelten und lachten, vor allem Karen, aber es wirkte irgendwie bemüht, es sei denn, Bennett Patchetts Meinung färbte auf mich ab. Ich versuchte alles zu verdrängen, was er gesagt hatte, und sie bloß als zwei interessante Fremde in einem Restaurant zu sehen. Nein, Karen bemühte sich immer noch zu sehr, ein Eindruck, der sich bestätigte, als Tobias auf die Herrentoilette ging und Karens Lächeln allmählich verschwand und von einem Gesichtsausdruck abgelöst wurde, der sowohl nachdenklich als auch betrübt war.
Ich hatte mir gerade ein weiteres Bier bestellt, das ich gar nicht trinken wollte, als Tobias neben meinem Ellbogen auftauchte. Ich reagierte nicht, als er sich an die Bar quetschte, den Barkeeper um die Rechnung bat und darauf hinwies, dass die Bedienung offenbar anderweitig beschäftigt sei. Er wandte sich mir zu, lächelte und sagte: »Bitte um Entschuldigung, Sir«, und kehrte zu seiner Freundin zurück. Ich konnte einen kurzen Blick auf seine linke Hand werfen, als er wegging: Zwei Finger fehlten, und die Haut war vernarbt. Etwa ein, zwei Minuten später kam die Bedienung, holte auf Anweisung des Barkeepers die Rechnung an der Bar ab und brachte sie an ihren Tisch. Weitere zwei Minuten später hatten sie bezahlt und gingen.
Ich folgte ihnen nicht. Ich hatte sie zusammen gesehen, das genügte, und außerdem hatte es mich nervös gemacht, als Tobias plötzlich neben mir aufgetaucht war. Ich hatte ihn nicht von der Herrentoilette zurückkommen sehen, was wiederum hieß, dass er durch die Seitentür hinausgegangen und durch den Haupteingang wieder hereingekommen sein musste. Vielleicht hatte er eine Zigarette geraucht, während er draußen war, aber wenn dem so war, konnte er allenfalls zwei Züge genommen haben. Vermutlich war es bloß ein Zufall, aber falls er wegen meiner Anwesenheit Verdacht geschöpft haben sollte, wollte ich ihn nicht dadurch bestätigen, indem ich auf den Parkplatz rannte und ihnen mit quietschenden Reifen hinterherfuhr. Ich trank den Großteil des Biers, das ich nicht gewollt hatte, und schaute mir noch eine Weile das Spiel im Fernsehen an, zahlte dann und verließ die Bar. Der Parkplatz war nahezu leer, der schwarze Silverado längst verschwunden. Es war noch nicht einmal zehn, und am Himmel war
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