Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)
Wenn er es nicht getan hätte, wäre alles anders gekommen. Die zweite Dienstzeit war der Hammer. Die zweite Dienstzeit war der Killer.
Aber das war erst Jahre später. Zunächst wurde er nach Fort Benning zu einer vierzehnwöchigen Grundausbildung geschickt, und schon am zweiten Tag hatte er gedacht, er würde sterben. Hinterher durfte er sich zwei Wochen lang auf die faule Haut legen, dann teilte man ihn dem Hometown-Recruiting-Assistance-Programm zu, einer Art Schneeballsystem des Militärs, bei dem er in einer schneidigen Uniform seine Freunde anwerben sollte, aber seine Freunde ließen sich nicht darauf ein. Dabei lernte er Tobias kennen. Schon damals war Tobias ein Macher. Er konnte Bündnisse schmieden, Deals einfädeln, Leuten kleine Gefälligkeiten erweisen, die er später einfordern konnte. Tobias nahm ihn unter seine Fittiche.
»Du hast keinen blassen Schimmer«, erklärte ihm Tobias. »Halt dich an mich, dann bring ich dir alles Nötige bei.«
Und er tat es. Tobias passte auf ihn auf, so wie er irgendwann auf Damien Patchett aufgepasst hatte, bis sich die Situation umkehrte, die Kugeln flogen und er dachte:
Ich bin ein Köder. Ich bin eine angepflockte Geiß.
Ich gehe drauf.
5
Am nächsten Morgen war ich in aller Frühe wieder bei Tobias’ Haus. Statt des Saturn, den ich, wie am Vorabend, manchmal bei Observationen benutzte, musste ich den Mustang fahren, falls Tobias nach unserer gestrigen Begegnung Verdacht geschöpft hatte, dass er verfolgt werden könnte. Der Mustang war nicht gerade unauffällig, aber ich hatte hinter einem Lastwagen auf dem Parkplatz der Big Sky Bread Company geparkt und mich so hingestellt, dass ich Tobias’ Haus an der Revere Street im Blick hatte, er mich aber nur schwer entdecken konnte, es sei denn, er kam her und schaute nach. Sein Silverado stand noch in der Auffahrt, und die Vorhänge im Obergeschoss waren zugezogen. Kurz nach acht kam Tobias, der ein schwarzes T-Shirt und eine schwarze Jeans trug, aus der Haustür. An seinem linken Arm war ein Tattoo, aber ich konnte nicht erkennen, was es darstellte. Er stieg in seinen Pick-up und bog rechts ab. Sobald er außer Sicht war, fuhr ich ihm hinterher.
Auf den Straßen war viel Verkehr, so dass ich mich ein gutes Stück hinter Tobias hängen und ihn trotzdem im Blick behalten konnte. An der Bedford Street hätte ich ihn fast verloren, als die Ampel umsprang, aber zwei Blocks weiter holte ich ihn wieder ein. Schließlich stieß er auf das Gelände eines Lagerhauskomplexes an einer Seitenstraße der Franklin Street. Ich fuhr vorbei und steuerte dann auf den Parkplatz nebenan, von wo aus ich sah, dass Tobias bei einem von drei großen Sattelzügen anhielt, die neben einem Maschendrahtzaun standen. Er brachte die nächste Stunde mit Routinechecks an seiner Zugmaschine zu, stieg dann wieder in den Silverado und fuhr nach Hause.
Ich tankte den Mustang voll, kaufte mir im Big Sky eine Tasse Kaffee und überlegte, was ich tun sollte. Bislang wusste ich lediglich, dass mit Tobias’ Finanzen irgendetwas nicht stimmte und dass er möglicherweise Ärger mit seiner Freundin hatte, wie Bennett angedeutet hatte, aber ich hatte das Gefühl, dass mich das letzten Endes nicht viel anging. Theoretisch hätte ich mich an ihn hängen können, bis er die geplante Fahrt nach Kanada antrat, ihm über die Grenze folgen und dann abwarten und zusehen können, was sich tat. Aber die Chance, dass er mich nicht entdeckte, wenn ich ihn verfolgte, war ziemlich gering. Denn wenn er sich auf etwas Illegales eingelassen hatte, war er wahrscheinlich wachsam, und für eine anständige Observation waren zwei, vielleicht sogar drei Fahrzeuge nötig. Ich hätte Jackie Garner als zweiten Fahrer hinzuziehen können, aber Jackie arbeitete nicht umsonst, es sei denn, man versprach ihm ein bisschen Spaß und die Möglichkeit, jemanden zu schlagen, ohne dass es rechtliche Folgen nach sich zog. Doch einen Lastwagen nach Quebec zu verfolgen entsprach nicht ganz Jackies Vorstellung von Amüsement. Und selbst wenn Tobias schmuggeln sollte, na und? Ich war nicht beim amerikanischen Zoll.
Ob er seine Freundin schlug oder nicht, war eine andere Sache, aber mir war nicht klar, inwieweit diese Situation besser würde, wenn ich mich einmischte. Bennett war eher als ich in der Lage, Karen Emory diskret darauf anzusprechen, vielleicht sogar durch eine ihrer Kolleginnen im Diner, denn vermutlich wäre sie alles andere als begeistert, wenn ein Fremder daherkäme und sie
Weitere Kostenlose Bücher