Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Bruderschaft der Runen

Titel: Die Bruderschaft der Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
Vom Netzwerk:
diese Nachricht muss auf dem schnellsten Weg nach London gelangen«, sagte Dellard und händigte ihm den Brief aus. »Ich möchte, dass Sie sie persönlich überbringen, haben Sie verstanden?«
    »Jawohl, Sir«, bestätigte der Unteroffizier, machte auf dem Absatz kehrt und verließ das Büro. Dellard hörte, wie seine Schritte verhallten, und konnte ein Grinsen nicht unterdrücken.
    Diese Hohlköpfe in London waren so einfach zufrieden zu stellen. Eine gelegentliche Depesche, in der er ein paar allgemeine Auskünfte über den Fortgang der Ermittlungen gab, genügte, damit sie keine überflüssigen Fragen stellen. Unterdessen konnte er in der Grafschaft tun, was ihm beliebte. Seit dieser elende Scott und sein furchtsamer, aber nicht weniger neugieriger Neffe aus Galashiels verschwunden waren, hatte Dellard freie Hand – freie Hand, um seine eigenen Pläne zu verfolgen und das zu tun, weswegen er eigentlich gekommen war.
    Niemand, weder der neunmalkluge Scott noch diese Idioten in London, ahnte, worin seine wahren Pläne bestanden und was er tatsächlich im Schilde führte. Seine Tarnung war vollkommen, die Aktion selbst von langer Hand vorbereitet. Das Schicksal nahm seinen Lauf – und er selbst hatte gehörig dabei nachgeholfen.
    Dellard wollte sich dem Kartentisch zuwenden und wieder zum Tagesgeschäft übergehen, als er vor der Tür eilige Schritte vernahm. Zuerst glaubte er schon, es wäre wieder Sheriff Slocombe, dieser notorische Säufer, dessen Büro er beschlagnahmt hatte und der ihn jeden Tag besuchte, um ihn mit törichten Fragen zu behelligen.
    Aber Dellard irrte sich. Es war nicht Slocombe, der ihn aufsuchte, sondern Abt Andrew, der Vorsteher der Prämonstratenser-Kongregation von Kelso.
    Der Adjutant kam herein und kündigte den Ordensmann an, und noch ehe der Inspector sich entscheiden konnte, ob er den Besucher überhaupt empfangen wollte, stand der Abt bereits auf der Schwelle.
    »Guten Tag, Inspector«, sagte er auf seine seltsam ruhige Art. »Können Sie einen Augenblick Ihrer wertvollen Zeit für mich entbehren?«
    »Natürlich, ehrwürdiger Abt«, erwiderte Dellard, nicht ohne seinen Adjutanten mit einem zornigen Blick zu strafen – hatte er nicht ausdrücklich gesagt, dass er nicht gestört zu werden wünschte? »Setzen Sie sich«, bot er dem Abt einen Stuhl an, während der Adjutant sich rasch aus dem Staub machte. »Was kann ich für Sie tun, werter Abt? Sie sind kein sehr häufiger Gast in meinem Büro.«
    »Glücklicherweise nicht«, erwiderte Abt Andrew mehrdeutig. »Ich wollte mich nur über den Fortgang der Ermittlungen informieren. Schließlich hat mein Orden durch den Umtrieb dieser Gesetzlosen einen nicht unbeträchtlichen Schaden erlitten.«
    »Das weiß ich natürlich, und es tut mir sehr Leid«, versicherte Dellard beflissen. »Ich wünschte nur, ich könnte Ihnen an diesem Morgen eine erfreuliche Mitteilung machen.«
    »Sie sind bei Ihren Ermittlungen also noch immer nicht weitergekommen?«
    »Nicht wirklich«, gestand Dellard mit demütig gesenktem Haupt. »Wir haben einige Spuren, denen wir folgen, aber sobald es darum geht, diese Aufrührer zu fassen, stoßen wir auf eine Mauer des Schweigens. Diese Gesetzlosen scheinen bei der Bevölkerung großen Rückhalt zu genießen. Das erschwert meine Arbeit.«
    »Seltsam«, erwiderte der Abt. »Bei meinen Gesprächen mit den Menschen hatte ich eher den Eindruck, dass sie die Aufrührer fürchten. Zumal Sie und Ihre Dragoner alles unternehmen, um der Bevölkerung klar zu machen, dass Kollaboration mit den Gesetzlosen schwere Bestrafung nach sich zieht.«
    »Höre ich da einen leisen Vorwurf, werter Abt?«
    »Natürlich nicht, Inspector. Sie sind der Gesetzeshüter. Ich bin nur ein einfacher Ordensmann, der nicht viel von diesen Dingen versteht. Allerdings frage ich mich, weshalb mit derartiger Härte gegen die Landbevölkerung vorgegangen werden muss.«
    »Und? Fällt Ihnen dabei eine Antwort ein?«
    »Nun, offen gestanden ist mir der Gedanke gekommen, Inspector, dass es Ihnen nur in zweiter Linie darum geht, die Brandstifter von Kelso und die Mörder von Jonathan Milton zu fassen. An erster Stelle scheint es darum zu gehen, Ihren Vorgesetzten in London das Gefühl zu vermitteln, dass Sie hier nicht untätig sind, während Sie in Wahrheit – bitte verzeihen Sie meine Offenheit – noch nicht die geringsten Ergebnisse vorzuweisen haben.«
    Charles Dellard blieb äußerlich ruhig. In seinen Augen jedoch funkelte es zornig. »Warum

Weitere Kostenlose Bücher