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Die Bruderschaft der Runen

Titel: Die Bruderschaft der Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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führen wir diese Unterhaltung?«, wollte er wissen.
    »Sehr einfach, Inspector. Weil ich es als meine Pflicht erachte, als Fürsprecher der Menschen von Galashiels einzutreten, die von Ihren Maßnahmen völlig eingeschüchtert sind. Sie kommen zu mir und klagen darüber, dass ihre Dörfer und Häuser von Dragonern durchsucht werden, dass man unschuldige Männer wie Verbrecher in Ketten legt und abführt.«
    »Werter Abt«, sagte Dellard, sich zur Ruhe zwingend, »ich kann nicht erwarten, dass ein Mann des Glaubens die Notwendigkeiten versteht, die eine polizeiliche Ermittlung mit sich bringt, aber …«
    »Dies ist keine polizeiliche Ermittlung, Inspector, sondern reine Willkür. Die Menschen fürchten sich, weil es jeden von ihnen als Nächsten treffen könnte. Die Männer, die von Ihnen hingerichtet wurden …«
    »… waren allesamt überführte Kollaborateure, die Aufrührer versteckt oder ihnen zugearbeitet hatten.«
    »Auch das ist seltsam«, sagte der Abt. »Mir hat man etwas anderes berichtet. Es hieß, dass diese Männer bis zuletzt ihre Unschuld beteuert und man ihnen nicht einmal zugehört hätte.«
    »Was erwarten Sie? Dass jemand, dem der Strick droht, die Wahrheit sagt? Verzeihen Sie, ehrwürdiger Abt, aber ich fürchte, über die menschliche Natur wissen Sie nicht allzu viel.«
    »Genug, um zu erkennen, was hier gespielt wird«, erwiderte Abt Andrew mit fester Stimme.
    »So?«, fragte Dellard gelassen. »Und was wird Ihrer Ansicht nach hier gespielt?«
    »Ich sehe, dass die Ermittlungen nicht so vonstatten gehen, wie sie sollten. Es fallen Späne, aber ich kann nicht erkennen, dass tatsächlich gehobelt wird. Ich weiß nicht, was Sie vorhaben, Inspector, aber ich kann sehen, dass Sie Ihre eigenen Pläne verfolgen. Wüsste ich es nicht besser, würde ich sagen, dass Sie gar kein wirkliches Interesse daran haben, die Aufrührer zu fassen.«
    Inspector Dellards Gesicht wurde zur steinernen Maske. »Seien Sie froh«, sagte er tonlos, »dass Sie ein Kirchenmann sind, dem ich solche unbedachten Worte großmütig verzeihen werde. Andernfalls würde ich für eine Beleidigung wie diese augenblicklich Satisfaktion verlangen. Meine Männer und ich leisten tagtäglich Schwerstarbeit im Kampf gegen diese Verbrecher, und oft genug riskieren wir dabei Leib und Leben. Unterstellt zu bekommen, dass wir unsere Ziele nicht mit aller Hartnäckigkeit verfolgen, ist eine Böswilligkeit, die meine Ehre als Offizier verletzt.«
    »Verzeihen Sie, Inspector.« Der Abt deutete eine Verbeugung an. »Es lag keineswegs in meiner Absicht, Sie zu beleidigen. Nach allem, was ich gehört habe, sah ich mich lediglich genötigt, bei Ihnen vorzusprechen und Ihnen meine Eindrücke zu schildern.«
    »Und Ihr Eindruck ist, dass ich die Ermittlungen absichtlich verschleppe? Dass mir das Wohl der Menschen von Galashiels nicht am Herzen liegt? Dass ich meine eigenen Ziele verfolge?« Dellards Blick war stechend, aber der Ordensmann hielt ihm stand.
    »Ich muss zugeben, dass ich diesen Verdacht noch immer hege«, gestand er offen.
    »Das ist albern, werter Abt. Welche Ziele könnten das wohl sein?«
    »Wer weiß, Inspector?«, erwiderte Abt Andrew rätselhaft. »Wer weiß …?«
    Quentins geheime Hoffnung, dass der Schlüssel zur verbotenen Kammer niemals auftauchen und es ihnen erspart bleiben werde, unter den alten Fragmenten nach Hinweisen zu suchen, zerschlug sich noch am selben Abend.
    Sir Walter, Lady Charlotte und Quentin hatten gerade zu Ende diniert, als jemand heftig an die Tür des Hauses klopfte. Einer der Diener ging, um zu öffnen. Als er zurückkehrte, hielt er ein kleines Päckchen in der Hand, das er verwundert betrachtete.
    »Wer war es, Bradley?«, erkundigte sich Sir Walter.
    »Niemand, Sire.«
    »Das ist schwerlich möglich.« Sir Walter lächelte. »Jemand muss geklopft haben, sonst hätten wir nichts gehört, richtig?«
    »Sehr wohl, Sire. Aber als ich die Tür öffnete, war niemand da. Dafür lag dieses Päckchen auf der Schwelle. Ich nehme an, es hat sich jemand einen Scherz erlaubt.«
    »Geben Sie es mir«, verlangte Sir Walter, und nachdem er das Päckchen, das in Leder gewickelt war und die Größe einer Zigarrenschachtel besaß, von allen Seiten betrachtet hatte, löste er die Verschnürung.
    Unter dem Leder kam eine hölzerne Kassette zum Vorschein, deren Deckel sich abnehmen ließ. Quentin stockte der Atem, als er sah, was sein Onkel aus der kleinen Schachtel zu Tage beförderte: Es war ein Schlüssel, etwa

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