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Die Bruderschaft der Runen

Titel: Die Bruderschaft der Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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erwiderte Quentin. »Erinnere dich, wie die Zeichen auf dem Sarkophag angeordnet waren, Onkel. Das Mondsymbol war dem Sonnensymbol untergeordnet. Es könnte also eine Mondfinsternis gemeint sein.«
    »Eine Mondfinsternis?« Sir Walter blickte seinen Neffen erstaunt an und schien sich plötzlich an etwas zu erinnern. Er griff nach der Zeitung, die auf dem Beistelltisch des Ohrensessels lag, und begann darin zu blättern. Als er schließlich gefunden hatte, wonach er suchte, glitt ein zufriedenes Lächeln über seine Züge, und er hielt Quentin die aufgeschlagene Seite hin.
    »Lies«, forderte er seinen Neffen auf – und mit Augen, die sich vor Staunen immer noch weiter öffneten, überflog Quentin die Zeilen des Artikels.
    »›Die astronomische Gesellschaft der Universität Edinburgh gibt bekannt, dass sich am Freitag, dem dreizehnten dieses Monats, eine totale Mondfinsternis ereignen wird‹«, las er leise vor.
    »Das ist in fünf Tagen«, bestätigte Sir Walter.
    »Kann das ein Zufall sein?«, fragte Quentin verwundert.
    »Möglicherweise. Oder eine äußerst glückliche Fügung. Die Druiden der grauen Vorzeit haben Sonnen- und Mondfinsternissen eine besondere Bedeutung beigemessen, und ihre erklärten Nachfolger scheinen das ebenfalls zu tun. Für uns heißt das, dass wir wissen, wann und wo wir die Sektierer fassen können – nämlich in drei Tagen am Kreis der Steine.«
    »Unglaublich«, meinte Quentin. »Aber welcher Steinkreis ist gemeint? Und was genau wird in fünf Tagen vor sich gehen?«
    »Ich nehme an, dass die verbliebenen Zeichen es uns sagen könnten. Leider wissen wir nur von diesem dort, was es bedeutet – es steht für ›Rückkehr‹ oder ›Wiedergeburt‹. Die restlichen Symbole finden sich nicht in unserem Nachschlagewerk. Sie dürften zu den verbotenen Zeichen gehören, deren Bedeutung nur wenigen Eingeweihten bekannt war.«
    »Und den Sektierern«, fügte Quentin hinzu.
    »Allerdings.«
    »Fragt sich nur, was sie damit bezwecken. Wie hängt das alles wohl zusammen? Die Schwertrune, die Bruderschaft, der Kreis der Steine, das Grab des Bruce …«
    »Ich weiß es nicht, mein Junge, aber uns bleibt nicht mehr viel Zeit, es herauszufinden. Einst wurden in mondfinsteren Nächten heidnische Beschwörungen abgehalten und Menschenopfer dargebracht. Ich will nicht, dass noch jemand den Wahnsinn dieser Leute mit dem Leben bezahlt. Außerdem …« Sir Walter unterbrach sich und blickte zu Boden, und Quentin konnte sehen, wie sein Onkel nervös mit dem Unterkiefer mahlte.
    »Du befürchtest noch Schlimmeres, nicht wahr?«, fragte er vorsichtig. »Du denkst an den Besuch des Königs in Edinburgh.«
    Sir Walter nickte. »Der Besuch Seiner Majestät ist für nächste Woche geplant, nur wenige Tage nach der Mondfinsternis – und das, mein lieber Junge, kann kein Zufall sein. Ich denke, dass Inspector Dellard mit seinem Verdacht Recht hatte. Die Sektierer haben vor, sich in jener Nacht zu versammeln, und möglicherweise planen sie einen Anschlag auf das Leben des Königs.«
    »Meinst du?« Quentins Stimme versagte vor Aufregung, sodass er nur ein heiseres Krächzen zu Stande brachte. »Vielleicht ist das die Bedrohung, von der in der Inschrift die Rede ist …«
    »Du lässt die Logik außer Acht, Neffe. Was ist zuerst da gewesen, die Henne oder das Ei? Wie kann eine fünfhundert Jahre alte Inschrift sich auf etwas beziehen, das erst in ferner Zukunft geschehen wird? Natürlich ist das unmöglich. Die Sektierer haben die Inschrift entdeckt und sie in ihrem Sinn gedeutet, das ist alles. Aber nun, da wir anfangen, ihre Pläne zu durchschauen, haben wir die Chance, sie zu verhindern.«
    »Was willst du tun, Onkel? London informieren?«
    »Noch nicht, mein Junge. Der Besuch des Königs ist für Schottland in diesen unsicheren Zeiten wichtiger denn je. Wenn aus Schotten und Engländern je ein Volk werden soll, so muss der König diese Reise antreten. Wir werden unsere Kenntnisse also vorerst für uns behalten.«
    »Hat die Sicherheit des Königs nicht Vorrang vor patriotischen Erwägungen?«
    »Natürlich, mein Junge, und du darfst mir glauben, dass ich nicht vorhabe, die Sicherheit König Georges zu irgendeinem Zeitpunkt infrage zu stellen. Sollte es uns nicht gelingen, den Sektierern das Handwerk zu legen, so werde ich London umgehend informieren, damit der Besuch abgesagt wird.«
    »Du hast nicht nur Freunde am Hof, Onkel. Es wird Stimmen geben, die behaupten, du hättest die schottischen Interessen

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