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Die Bruderschaft der Runen

Titel: Die Bruderschaft der Runen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Epauletten versehene Uniform ließ darauf schließen, dass er einen Offiziersrang bekleiden musste.
    »Sind Sie der Befehlshaber dieser Horde?«, fragte Mary deshalb spitz. »Dann schulden Sie mir eine Erklärung für das rüpelhafte Verhalten Ihrer Leute. Ich wäre um ein Haar von meinem Pferd gestürzt.«
    »Ich bitte Sie, das Verhalten meiner Männer zu entschuldigen«, sagte der Mann. Aufgrund seiner Aussprache schloss Mary, dass er kein Schotte, sondern Engländer war. »Gleichwohl muss ich meine Leute in Schutz nehmen, denn was sie taten, geschah auf meinen Befehl.«
    »Auf Ihren Befehl?« Mary hob die Brauen. »Und wer sind Sie, wenn ich fragen darf?«
    Der Angesprochene lächelte unbeeindruckt. »Denken Sie nicht, dass anlässlich der Gegebenheiten ich derjenige sein sollte, der die Fragen stellt? Ihrer Sprache und Ihrem Auftreten entnehme ich, dass Sie keine Dienstbotin oder Bauernmaid sind, auch wenn Ihre Kleidung und Ihre schamlose Art zu reiten darauf schließen lassen.«
    »Das … ist richtig«, bestätigte Mary und senkte den Blick. Ihr wurde bewusst, dass es unklug gewesen war, so forsch aufzutreten. Möglicherweise hätten die Soldaten sie für ein Bauernmädchen gehalten und sie ziehen lassen. Nun jedoch musste sie ihnen Rede und Antwort stehen.
    »Also?«, fragte der Offizier prompt. »Ich warte auf eine Erklärung.«
    Sein forschender Blick traf Mary bis ins Mark. Fieberhaft überlegte sie, was sie antworten sollte. Die Wahrheit durfte sie auf keinen Fall sagen, sonst war sie schneller wieder in Ruthven, als sie die Namen ihrer unverheirateten Cousinen aufzählen konnte.
    »Mein Name ist Rowena«, nannte sie daher den erstbesten Namen, der ihr in den Sinn kam. »Lady Rowena von Ivanhoe«, fügte sie hinzu.
    »Und weiter?«
    »Ich war auf dem Weg nach Abbotsford, als mein Gesinde und ich von Wegelagerern überfallen wurden. Meinen Dienern gelang die Flucht, während ich von den Gesetzlosen gefangen genommen wurde. Zwei Tage lang befand ich mich in ihrer Gewalt, ehe auch ich fliehen konnte.«
    »Und Ihre Kleider?«
    »Haben die Räuber behalten. Ich kann froh sein, überhaupt etwas am Leib zu tragen.«
    »Ich verstehe«, sagte der Mann und lächelte unbestimmt. Es war unmöglich zu sagen, ob er Marys dreiste Lügengeschichte glaubte oder nicht.
    »Nachdem Sie nun wissen, wer ich bin«, sagte sie deshalb, »würde ich gern wissen, wer Sie sind.«
    »Gewiss, Mylady. Mein Name ist Charles Dellard. Ich bin königlicher Inspector auf Sondermission.«
    »Sondermission?« Mary hob die Brauen. »Welche Art Mission könnte das sein, Inspector? Wehrlosen Frauen im Wald aufzulauern? Sollten Sie sich nicht lieber darum kümmern, dass die Gesetzlosen gefasst werden, die mich überfallen haben?«
    Dellard überhörte sowohl die Beleidigung als auch die restlichen Worte. Überhaupt schien ihn wenig zu kümmern, was Mary sagte. »Sie wollten nach Abbotsford?«, fragte er nur.
    »So ist es.«
    »Um was zu tun?«
    »Um einen lieben Freund zu besuchen«, entgegnete Mary mit triumphierendem Lächeln. »Vielleicht kennen Sie ihn, denn er ist sehr einflussreich in dieser Gegend. Sir Walter Scott.«
    »Gewiss kenne ich Sir Walter«, versicherte der Inspector. »Gewissermaßen ist er sogar der Grund für die Unbill, die wir Ihnen bereitet haben, Lady Rowena.«
    »Wie darf ich das verstehen?«
    »Nicht nur Sie sind von Räubern behelligt worden. Der Wald ist dieser Tage voller Gesetzloser, die den Landfrieden brechen und das Recht mit Füßen treten. Selbst vor Abbotsford machen sie nicht Halt.«
    »Es hat einen Überfall auf Abbotsford gegeben?« Mary war bemüht, sich ihre Erregung nicht allzu sehr anmerken zu lassen.
    »Gewiss. Und aus diesem Grund, Mylady, hält Sir Walter sich auch nicht mehr auf seinem Landsitz auf.«
    »Nein?« Mary hatte das Gefühl, als bräche für sie eine Welt zusammen. »Und wo ist er?«
    »In Edinburgh, auf meine Empfehlung. Ich sagte ihm, dass ich hier auf dem Land nicht mehr für seine Sicherheit garantieren könne, deshalb entschloss er sich, zusammen mit seiner Familie das Stadthaus in Edinburgh aufzusuchen. Offen gestanden wundert es mich, dass er Ihnen dies nicht mitgeteilt hat, wo er doch ein so lieber Freund von Ihnen ist.«
    Der Tonfall des Inspectors gefiel Mary nicht, und sein Blick noch viel weniger. Er enthielt nicht nur Misstrauen, sondern auch ein gutes Maß an Schadenfreude.
    »Es scheint mir«, fuhr Dellard fort, »dass Sie eine Weile nicht in dieser Gegend gewesen sind, Lady

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