Die Bruderschaft des Feuers
auszulassen. Während er die Treppe hinunterging, überlegte er, dass er bald eine weitere Tür einsetzen lassen musste. Sein Vater hatte gewollt, dass sein Arbeitszimmer nicht vom restlichen Haus getrennt war, aber Azzone zog das Gegenteil vor. Ihre Vorstellungen gingen in jeder Beziehung auseinander, angefangen bei der Raumaufteilung bis hin zu den Methoden der Seidenherstellung. Aber jetzt würde sich alles ändern.
Lorenza lief geschäftig in der Küche herum, sie bereitete einen Fischhackbraten zu, ein Gericht, das Mondinos Vater sie noch wenige Monate vor seinem Tod gelehrt hatte. Mondino nahm kaum Notiz von der Frau, die in einem grauen Gewand mit aufgekrempelten Ärmeln und einer weißen Haube leise auf Filzpantoffeln hin und her eilte. Er hielt das Liber regalis von Haly Abbas in der Übersetzung von Stefano da Pisa in der Hand, das er sich vor Kurzem von einem Kopisten der Benediktinermönche hatte besorgen können, und las begierig darin. Er hatte sich an eine Ecke des Tisches aus rohem Holz gesetzt, an dem Lorenza die gekochten Barben am Bauch aufschnitt, sie häutete und filetierte, wobei sie Gräten, Haut und Kopf auf der einen Seite aufhäufte und das Fischfleisch auf der anderen.
In seinem Arbeitszimmer im ersten Stock hätte er es sicher bequemer gehabt, aber das war eben seine übliche Art, den Sonntag zu genießen. Er hielt sich gern in der Küche auf, trank Rotwein aus einem einfachen Zinngefäß, während die Flammen in der großen Feuerstelle in der Mitte des Raumes knisterten, die Katzen im Hof unruhig auf und ab liefen und auf die Fischabfälle lauerten und Lorenzas kleine Tochter unter den stets wachsamen Augen der Mutter über den Fußboden krabbelte.
Seit dem Tod seines Vaters hatte Mondino sich vorgenommen, zumindest den Sonntag dem Familienleben zu widmen. Schließlich war er nunmehr der einzige Erwachsene im Haus. Liuzzo ließ sich nur selten blicken, selbst wenn er nicht außerhalb der Stadt zu tun hatte, und seine Söhne brauchten einfach einen Vater, der sich häufiger zu Hause aufhielt.
Dennoch war im Augenblick keiner von ihnen anwesend. Leone und Ludovico waren in der Kirche und würden bald zurück sein, Gabardino hingegen hatte in die Arzneimittelhandlung gehen müssen, obwohl heute Sonntag war. Eine Frau hatte nach Mondino geschickt und erklärt, sie bräuchte dringend einige Kräuter, aber sein Sohn hatte gesagt, dass für die Arzneimittelhandlung nun einmal er zuständig war, und darauf beharrt, anstatt seiner zu gehen.
Inzwischen hatte Lorenza das Fischfleisch mit gehackten Kräutern vermischt, alles in ein Leinentuch gewickelt und drückte gerade die verbliebene Flüssigkeit heraus. Mondino stand auf und ging zum Feuer, um es anzufachen, bis das Öl in dem Tontopf zu knacken begann.
Die Frau näherte sich mit dem Bündel, entrollte das Tuch und ließ den Kloß sanft in das heiße Öl gleiten, damit der nicht zerbrach. Sofort verbreitete sich ein angenehmer Bratgeruch im Raum.
»Es wird ausgezeichnet schmecken«, lobte Mondino. »Du bist eine großartige Köchin.«
»Gut kochen ist einfach, wenn man ausgezeichnete Zutaten zur Verfügung hat«, wehrte sie bescheiden ab.
»Die Zutaten sind wichtig, das stimmt, aber das ist nicht alles. Ich würde mir wünschen, dass meine Schüler genauso geschickt mit ihren Händen und genauso auf Sauberkeit bedacht wären.«
Lorenza errötete, weil ihre einfachen Kochkünste mit der Medizin verglichen wurden, sie brummte etwas Unverständliches und beugte sich hinunter, um nach dem Fischkloß zu sehen. Mondino trank einen Schluck Wein und schlug erneut sein Buch auf, aber gleich darauf legte er es mit einer brüsken Bewegung zur Seite. Es war sinnlos, diese Parodie eines guten Familienvaters fortzusetzen, als wäre sein Leben noch dasselbe wie vor zwei Tagen. Das war es nicht, und weiter so zu tun, als wäre nichts geschehen, konnte seine Lage nur verschlimmern. Er hatte den ganzen Vormittag lang versucht, das Problem, das schwer auf ihm lastete, zu vergessen, aber da seine Söhne ihn allein gelassen hatten, konnte er sich genauso gut wieder damit beschäftigen.
Von der Woche, die ihm der Podestà zugestanden hatte, war bereits ein Tag vorüber, und er war nicht den kleinsten Schritt vorwärtsgekommen. In Bezug auf den Dieb, der Bertrandos Leiche aus seiner Schule geraubt hatte, hatte er zwei mögliche Theorien entwickelt, aber er hatte weder Beweise, noch wusste er, wo er nach ihnen suchen sollte. Jetzt wäre ihm Gerardos
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