Die Bruderschaft des Feuers
Hilfe gelegen gekommen, aber bei allem, was geschehen war, hatte er noch nicht die Zeit gehabt, zu ihm zu gehen und ihn darum zu bitten. Gestern hatte er noch ein zweites Mal die Stadtregierung aufsuchen müssen, weil einer von Andrea da Viterbos Angreifern, der bei der Rauferei leicht verletzt worden war, Anzeige gegen den Rektor und seine Helfer erstattet und dabei auch Mondinos Namen genannt hatte. Die Richter hatten ihn für den folgenden Mittwoch, den 15. Dezember, einbestellt, damit er sich gegen die Beschuldigung verteidigen sollte. Als hätte er nicht schon genug Schwierigkeiten am Hals.
Er trank einen Schluck Wein und versuchte, das Buch wieder aufzuschlagen. Leone und Ludovico würden bald zurück sein, und sie sollten ihn nicht mit einem so düsteren Gesicht vorfinden.
Mondino hörte, wie Pietro die Tür zur Straße öffnete, und bereitete sich darauf vor, seine jüngeren Söhne zu begrüßen. Doch kurz darauf stürmte Gabardino mit wutverzerrtem Gesicht in die Küche.
»Das hättet Ihr mir gleich sagen können«, hub er an, ohne auf Lorenzas Anwesenheit zu achten. »Dann hättet Ihr es mir erspart, mich lächerlich zu machen.«
»Was hätte ich dir sagen sollen?«
Diplomatisch nahm Lorenza die Fischabfälle und verschwand in den Hof, um sie den Katzen zu geben.
»Dass diese Frau keine Medizin wollte«, rief sein Sohn.
Mondino begann sich über dessen halbe Andeutungen zu ärgern. »Und was wollte sie dann? Drück dich bitte einmal klar aus.«
Gabardino sah ihm geradewegs in die Augen, ohne seine Verachtung zu verbergen. »Sie wollte Euch! Und als sie mich gesehen hat, hat sie mich höflich gebeten, kehrtzumachen und meinen Vater zu schicken.«
Der Fischkloß brutzelte zischend auf dem Feuer. Mondino stand auf und wendete ihn mit einer großen Holzgabel. Er versuchte, Zeit zu gewinnen, um jetzt nicht das Falsche zu sagen. Er wollte sich nicht mit seinem Sohn streiten, aber er begriff wirklich nicht, was der meinte.
»Ich verstehe nicht.« Mehr fiel ihm tatsächlich nicht ein.
»Dann erkläre ich es Euch«, sagte Gabardino ganz langsam, als könnte er nur schwer an sich halten. »Geht ruhig zu ihr, sie wartet auf Euch. Aber ich bitte Euch, wenn Ihr Euch mit Euren Geliebten treffen wollt, bringt sie von jetzt an in ein Gasthaus und nicht in die Arzneimittelhandlung unserer Familie.«
Darauf verließ er mit langen Schritten die Küche. Mondino begriff, dass es nur einen einzigen Weg gab herauszufinden, was passiert war: Er musste in die Arzneimittelhandlung gehen. Es störte ihn, in Hauskleidung das Haus zu verlassen, mit einer knielangen schwarzen Tunika, einem ausgeblichenen himmelblauen Obergewand ohne Ärmel, Beinlingen aus grober Wolle und alten Schuhen, aber es blieb ihm keine Zeit, sich umzuziehen, wenn er rechtzeitig zum Mittagessen zurück sein wollte. Er stand auf und durchquerte die Küche. In der Eile hatte Gabardino vergessen, ihm den Schlüssel zur Arzneimittelhandlung dazulassen, und es schien ihm nicht angebracht, zu ihm zu gehen und ihn darum zu bitten. Deshalb holte er sich aus dem großen Zimmer den Zweitschlüssel, der dort an einem Nagel an der Wand hing. Dann nahm er zum Schutz vor der Kälte seinen Mantel und verließ das Haus, ohne jemandem Bescheid zu sagen. Auf der anderen Straßenseite entdeckte er seine beiden jüngeren Söhne, die von der Kirche nach Hause kamen. Er winkte ihnen zu, bevor er eilig in Richtung der Arzneimittelhandlung lief.
Die Straßen waren halbleer, alle setzten sich jetzt zum sonntäglichen Mittagessen an den Tisch. Feuchte Schneeflocken schwebten durch die Luft, und der bleigraue Himmel kündigte Unwetter an. Der ideale Tag, um sich im Haus zu verkriechen und in der Wärme des Herdfeuers die angenehme Vorweihnachtsstimmung zu genießen.
Mondino kämpfte sich nach vorn gebeugt durch den Wind, erreichte die Kirche Santa Maria dell’Aurora, bog dort nach links ab und sah, dass die Tür der Arzneimittelhandlung nur angelehnt war. In seiner Wut hatte Gabardino eine unbekannte Frau allein im Laden zurückgelassen. Bei dem Gedanken, wie wertvoll die gläsernen Ampullen waren und welchen unermesslichen Schaden eine flinke Diebin in der kurzen Zeit angerichtet haben könnte, begann Mondino zu rennen und riss die Tür mit einem Ruck auf.
Er war dermaßen verblüfft, als er sah, wer die Frau war, dass ihm nur einfiel, den Mantel fester um sich zu ziehen, um sein Hausgewand zu verbergen.
»Ihr!«, brachte er mit gepresster Stimme hervor.
Der Capitano del
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