Die Bruderschaft des Feuers
verflog. Er wollte sie gerade beruhigen, als er merkte, dass sich sein Mantel geöffnet hatte. Mit einer unbeholfenen Bewegung versuchte er ihn zu schließen, und Eleonora lächelte ein wenig. »Euer Sohn schien verwirrt, als ich ihm gesagt habe, ich müsste Euch persönlich sprechen, er ist fortgerannt und hat gemeint, Ihr würdet gleich kommen. Vielleicht hat er Euch erzählt, hier würde eine Frau auf Euch warten, die dringend Eurer Behandlung bedarf, und Ihr seid hergekommen, ohne auf Eure Kleidung zu achten, um keine Zeit zu verlieren. War es so?«
»Ja, sicher.« Mondino erzählte lieber nicht, was Gabardino eigentlich gedacht hatte. »Genauso war es.«
»Schließt doch bitte die Tür«, bat Eleonora. »Ich möchte nicht, dass jemand hereinkommt, weil er hier Licht bemerkt. Es ist wichtig, dass mich niemand sieht.«
Mit einem leichten Unbehagen, das mehr durch das schlurfende Geräusch seiner abgetragenen Schuhe auf dem Boden verursacht wurde als durch die erzwungene Nähe, ging Mondino zur Tür, schloss sie und legte den Riegel vor. »So, Madonna«, sagte er. »Jetzt sagt mir, warum Ihr hier seid.«
Eleonora erzählte ihm in wenigen Worten von der Unterredung zwischen Fedrigo und Azzone, die sie vom Flur aus belauscht hatte. Während sie sprach, fühlte Mondino Wut in sich aufsteigen. Als sie erzählte, dass Azzone überlegt hatte, ihn von zweien seiner Handlanger verprügeln zu lassen, verlor er die Beherrschung.
»Euer Gemahl ist verrückt!«, rief er aus. »Er hasst mich wegen etwas, das ich nie getan habe. Jetzt gehen wir gemeinsam zum Capitano del Popolo, und Ihr werdet vor ihm wiederholen, was Ihr mir erzählt habt.«
»Es tut mir leid, aber das kann ich nicht«, erwiderte Eleonora. »Ich konnte Euch nur warnen, mehr nicht, und dies habe ich getan. Jetzt muss ich nach Hause zurückkehren, bevor jemand meine Abwesenheit bemerkt. Ich habe darauf geachtet, sogar von den Dienstboten unbemerkt das Haus zu verlassen.«
»Ihr könnt es nicht?«, bedrängte sie Mondino. »Es gibt jetzt nur eins, was Ihr nicht tun könnt, und zwar auf halbem Wege stehen bleiben! Ihr habt entschieden, Euch auf die Seite der Gerechtigkeit zu stellen, und dafür danke ich Euch. Aber jetzt müsst Ihr diesen Weg bis zu Ende gehen.«
Eleonora sah ihn bestürzt mit ihren grünen Augen an, ihr Kinn zitterte, und Mondino dachte ärgerlich, dass sie jetzt zu Tränen, dieser typisch weiblichen List, Zuflucht nehmen würde. Aber dies geschah nicht. Die Frau nahm sich zusammen, ihr Gesichtsausdruck wurde fest, beinahe hart.
»Ihr habt recht«, stimmte sie zu. »Ist erst einmal der erste Stein ins Rollen gekommen, lässt sich der Erdrutsch nicht mehr aufhalten. Ja, gehen wir zum Capitano del Popolo.« Während Mondino sie verblüfft anstarrte, nahm sie ihren Umhang vom Tresen und legte ihn um ihre Schultern. »Mein Gemahl wird mich töten«, fügte sie ausdruckslos hinzu, »aber vielleicht ist es besser so.«
Mondino wurde bewusst, dass sie die Wahrheit gesagt hatte. Azzone würde sie für diesen Verrat umbringen. Vielleicht würde er es heimlich tun, um einer Verurteilung zu entgehen, aber er würde sie auf jeden Fall töten. Inzwischen hatte er begriffen, was der Seidenhändler für ein Mensch war. Und dennoch schien Eleonora tatsächlich bereit zu sein, ihn zum Capitano del Popolo zu begleiten. Mondino fragte sich, welche Hölle ihr Leben sein musste, dass sie den Tod als Befreiung empfand.
In diesem Moment rüttelte jemand zwei Mal an der Tür, als wäre die Person erstaunt, sie verschlossen zu finden. »Seid Ihr da, Magister?«, fragte eine unverwechselbare Stimme. »Ich möchte Euch etwas zeigen.«
Eleonora sah ihn beunruhigt an. Mondino legte einen Finger auf die Lippen und deutete auf den Vorhang, der den Hinterraum des Ladens abteilte. Sie glitt sofort hinter den Tresen und war gleich darauf verschwunden. Mondino ging zur Tür und öffnete sie.
»Gerardo. Was ist passiert? Das ist nicht gerade der günstigste Zeitpunkt.«
Der junge Mann sah sich um. »Seid Ihr allein? Euer Sohn hat mir gesagt, ich würde Euch sehr beschäftigt finden, und ich habe angenommen, dass Ihr mit einem Patienten hier wärt.«
Mondino unterdrückte einen Anflug von Ärger. Jetzt übertrieb es Gabardino aber. »Der Patient ist gerade gegangen«, log er. »Und das hatte ich ebenfalls vor. Ich werde zu Hause zum Mittagessen erwartet.«
»Auch ich habe es eilig, denn ich habe dem Prior versprochen, den Knaben, die noch kein Latein können, ein
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