Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bruderschaft des Feuers

Die Bruderschaft des Feuers

Titel: Die Bruderschaft des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfredo Colitto
Vom Netzwerk:
Macht, die man äußerst vorsichtig einsetzen sollte, wie in dem Brief gestanden hatte. Und das bedeutete, dass Bertrando vielleicht gar nicht von Mithras dafür bestraft worden war, dass er ihn verraten wollte, sondern vom Pater höchstpersönlich, der mit diesem schrecklichen Mord ein Exempel statuieren wollte.
    Die dritte Sache machte ihm am meisten zu schaffen. Wenn er dem Pater den Brief nicht wiedergab und so tat, als hätte er ihn nicht gefunden, würde er sich seinem Zorn aussetzen. Und sollte dieser kleine Mönch eines Tages jemandem entdecken, dass er die Rolle ihm ausgehändigt hatte, konnte Visdomini sich als toten Mann betrachten.
    Doch den Brief jetzt zurückzugeben, konnte eine noch größere, unmittelbarere Gefahr für ihn bedeuten. Der Pater hatte erzählt, er sei der letzte einer langen Reihe von Eingeweihten, die nach Bologna geschickt worden seien, um dort ein altes Mithraeum wiederzueröffnen, dessen Spuren sich seit Jahrhunderten verloren hätten. Was würde er tun, wenn er erfuhr, dass der Capitano del Popolo sein Geheimnis kannte?
    Mit einem Seufzer der Verzweiflung schlug Visdomini mit der Faust gegen die Wand und bewirkte damit, dass ein alter Diener aus dem Nachbarzimmer herbeieilte.
    »Benötigt Ihr etwas, Eure Exzellenz?«
    Vielleicht war er es gewesen, der den Pater neulich hineingelassen hatte, kam Visdomini plötzlich in den Sinn. Er zwang sich, den Brief nicht anzusehen, und antwortete so normal wie möglich: »Ich habe Magenschmerzen. Bereite mir diesen verdauungsfördernden Sud, den du mir schon gestern Abend gegeben hast.«
    Der Diener entfernte sich mit einer knappen Verbeugung. Kaum war er verschwunden, beeilte sich Visdomini, den Brief wieder zusammenzurollen. Er sah sich nach einem Versteck um, stieg auf den Tisch und verbarg die Rolle auf einem Dachbalken. Dann überlegte er, dass sie so wahrscheinlich von Mäusen angefressen würde, und so stieg er wieder herunter, steckte sie in ein Kupferrohr und verschloss das Ganze mit einem Korken und Siegelwachs, auf das er anstatt eines Siegels seinen Ring drückte. Schließlich stieg er wieder auf den Tisch und legte das Rohr auf dem Balken ab. Das war kein besonders raffiniertes Versteck, aber für den Augenblick konnte es genügen.
    Als der Diener mit dem Sud in einem Becher aus Olivenholz zurückkehrte, hatte Visdomini sich entschieden: Fürs Erste würde er dem Pater nicht sagen, dass er den Papyrus gefunden hatte. Das erschien ihm letztendlich nach reiflicher Überlegung die geringere Gefahr. Doch er war weit davon entfernt, beruhigt zu sein.
    »Verzeiht mir, dass ich zu diesem Vorwand gegriffen habe«, sagte Eleonora Lamberti im Licht der Öllampe, die auf einem Bord rechts vom Tresen stand. »Ich wollte Euch treffen, aber es schien mir nicht schicklich, Euch zu Hause aufzusuchen.«
    »Macht Euch keine Gedanken«, erwiderte Mondino knapp und dachte dabei, dass es im Gegenteil viel besser gewesen wäre, wenn sie zu ihm nach Hause gekommen wäre. »Ich kann mir vorstellen, dass Euch ein gewichtiger Anlass dazu bewogen hat, allein auszugehen.«
    Frauen ihres Standes wurden zu ihrem Schutz und als Zeichen ihres Wohlstands immer von mindestens zwei Dienern begleitet. Allerdings hatte sich Eleonora besonders einfach gekleidet, um nicht aufzufallen. Sie trug eine dunkelgrüne Tunika mit weiten Ärmeln, ein cremefarbenes Übergewand und eine gleichfarbige Kopfbedeckung, die ihr Gesicht umrahmte. Ihr Kapuzenmantel lag quer über dem Tresen neben dem Türschlüssel, den Gabardino dagelassen hatte. In diesem schmalen fensterlosen Raum, in dem es nichts gab als den Tresen und Regale mit Glas- und Tongefäßen für die Kräuter und Arzneien, wirkte Eleonora noch viel schöner.
    »Das stimmt«, sagte sie. »Euch droht große Gefahr, was zum Teil auch meine Schuld ist, und ich wollte Euch davor warnen.«
    »Eure Schuld, Madonna?«
    »Ich habe Euch gedrängt, den Auftrag des Podestà anzunehmen«, beharrte sie. »Deshalb fühle ich mich verantwortlich für das, was Euch deswegen zustoßen könnte.«
    Mondino glaubte, sie bezöge sich auf Azzones Anklage, vielleicht wusste sie nicht, dass er bereits darüber unterrichtet war.
    »Das ist richtig«, gab er zu und schickte damit alle Anstandsregeln zum Teufel. »Ich habe zugestimmt, weil Ihr mich darum gebeten habt, und nun wäre mir lieber, ich hätte es nicht getan.«
    Eleonora senkte den Kopf und nahm mit dieser simplen Bewegung alles auf sich, und Mondino spürte, wie sein Zorn auf der Stelle

Weitere Kostenlose Bücher