Die Bruderschaft des Feuers
erteilen, der nichts mit seiner Arbeit in der Arzneimittelhandlung zu tun hatte. Wenn er also eine Arznei für diesen armen Mann holen wollte, dann musste er unverzüglich gehen.
Es gefiel ihm nicht, all diese Fremden unbeaufsichtigt zu Hause zurückzulassen, aber seine jüngeren Brüder waren bei ihrem Präzeptor, also blieb keine andere Wahl. Er versicherte seinen Gästen, er werde so schnell wie möglich zurückkommen, und verließ eilig das Haus.
Während er schnell unter den Bogengängen der Via San Vitale vorwärtsschritt, überlegte er, dass das beste Mittel gegen einen so starken Schmerz wie den des Zimmermanns zweifellos in Wasser eingeweichtes und ausgedrücktes Opium war. Aber in allen Schriften, die er gelesen hatte, von Dioskurides bis Galen, wurde vor den Gefahren dieser Arznei gewarnt. In einer solchen Lage hätte er seinen Onkel Liuzzo oder einen erfahrenen Arzneikundigen um Rat fragen müssen, welche Dosis er verwenden sollte. Aber Liuzzo hielt sich in der Toskana auf, und die Zeit drängte. Er flehte die Heiligen Cosmas und Damian, die Schutzpatrone der Arzneikundigen, an, seine Hand zu führen und rannte los, während er ein Ave-Maria betete.
SIEBEN
M ondino fand die Haustür offen und rief nach Pietro, doch er erhielt keine Antwort. Deshalb führte er seinen Fuchsbraunen selbst in den Stall, sattelte ihn ab und ging nachdenklich in Richtung Haus.
Von der Woche, die ihm der Podestà zugestanden hatte, waren bereits drei Tage verstrichen, und Bertrandos Leiche war noch nicht wieder aufgetaucht. Durch den Tod des Mönchs im Salzmagazin wurde das Rätsel jetzt noch geheimnisvoller, doch ihn kümmerte hierbei nur, inwieweit es ihm bei seiner Suche nach Bertrando Lambertis sterblichen Überresten weiterhelfen konnte, wenn er der Justiz auch in diesem Fall zur Hand ging.
Mondino wollte sich gern allein in sein Arbeitszimmer zurückziehen, um seine Gedanken zu ordnen, mit klarem Verstand das Gesehene zu analysieren und ungestört über diese vermutliche Botschaft nachzudenken, die Giovanni da San Gimignano in seine Hand eingeritzt hatte.
Er hoffte, Gerardo würde von seinen Erkundigungen unter den Baumeistern gute Nachrichten mitbringen, doch der junge Mann hatte sich noch nicht gemeldet, und in der Zwischenzeit würde Azzone bestimmt nicht untätig bleiben.
Er drückte die Tür zum großen Zimmer auf und riss überrascht Mund und Augen auf.
Seit dem Tod seiner lieben Frau, die in der Weihnachtszeit oft ein Bankett mit Freunden und Verwandten ausgerichtet hatte, waren in dem Raum noch nie so viele Menschen versammelt gewesen. Doch die Stimmung erinnerte keineswegs an ein Festmahl. Pietro und Lorenza standen neben dem Kamin und wirkten ziemlich bestürzt, die beiden Studenten, die Mondino zu sich nach Hause eingeladen und die er ganz vergessen hatte, beugten sich über einen Körper, der auf dem Esstisch lag, und untersuchten ihn, und ein ihm unbekanntes Mädchen saß in einer Ecke des Zimmers und rang verzweifelt die Hände. Doch das Unglaublichste an dem Ganzen war der Anblick eines Mannes, der Mondino zwar den Rücken zuwandte, den er aber sofort an seinen langen blonden Haaren und seiner eleganten Kleidung erkannte.
»Azzone!«, wandte er sich ohne Umschweife an ihn. »Was habt Ihr in meinem Haus verloren?«
Azzone Lamberti unterhielt sich gerade leise mit einem düster dreinblickenden Mann in Schwarz, drehte sich aber augenblicklich um und starrte ihn an, und damit war er nicht der Einzige. Plötzlich legte sich Stille über den Raum, und Mondino bemerkte, dass alle Augen auf ihn gerichtet waren.
»Dürfte ich erfahren, was hier vor sich geht?«, fragte er. »Wo ist Gabardino?«
»Euer Sohn holt aus der Arzneimittelhandlung etwas, das den Schmerz dieses Ärmsten lindern soll.« Der Schwarzgekleidete deutete auf den Mann, der auf dem Tisch lag, und kam auf ihn zu. »Ich bin Fedrigo Guidi, Rechtsgelehrter und Anwalt in Bologna, und ich bitte Euch, verzeiht unser Eindringen, aber es handelt sich um einen Notfall. Dieser Mann hat einen schweren Unfall erlitten, als er die mit Wasserkraft angetriebene Seidenzwirnmühle meines Vetters Azzone wieder instand setzen wollte, und wir haben uns daraufhin entschlossen, ihn hierher zu Euch zu bringen. Nur ein so hervorragender Fachmann der ärztlichen Wissenschaft wie Ihr vermag ihn zu retten.«
Mondino kannte Fedrigo Guidis Ruf und wusste deshalb, dass dieser Mann sich jedes einzelne Wort genau überlegte. Wenn Azzone einen Verwundeten in sein Haus
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