Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bruderschaft des Schmerzes

Die Bruderschaft des Schmerzes

Titel: Die Bruderschaft des Schmerzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
Vom Netzwerk:
nur auf seine Stimme hörte, den er führen konnte wie eine Armee. Es sollte keine unkontrollierbare Horde sein.
    Er senkte die Stimme, sprach fast leise: „Der Schmerzenstag wird der Tag des entscheidenden Sieges sein. Dann werdet auch ihr einen Platz in der Geschichte erobern. Am Schmerzenstag werden wir alle – ihr, ich und die Volksarmee – den Propheten und die ganze Bruderschaft töten!“
    Wieder stimmten sie einen Sprechchor an: „Lang lebe die Freie Republik! Tod der Bruderschaft! BART ! BART ! BART ! BART ! BART !“
    „Wartet!“ donnerte Fraden. „Ich habe noch mehr zu sagen!“
    Ein paar Minuten hielt der Tumult noch an, dann trat wieder Ruhe ein.
    „Ich kann euch nicht den ganzen Plan verraten“, sagte er. „Wir müssen ihn geheimhalten. Aber ich werde euch sagen, was ihr tun sollt und wann ihr es tun sollt. Am Schmerzenstag werdet ihr seltsame Geräusche aus dem Stadion hören, den Klang von Gewehrfeuer. Und das ist das Signal! Wenn ihr das Gewehrfeuer aus dem Stadion hört, dann werdet ihr alle, jeder Mann, jede Frau und jedes Kind in Sade, das Stadion stürmen! Habt keine Angst vor den Tötern, um die werden wir uns kümmern. Fragt euch nicht, wie ihr in den Palast kommen könnt – die Tore werden zerstört in ihren Angeln hängen! Wenn ihr die Schüsse hört, dann stürmt in den Palast, erobert das Stadion! Wenn ihr dort angekommen seid, werdet ihr mich dort finden, und ich werde euch sagen, was ihr tun sollt. Ich selbst! Direkt von mir werdet ihr die Botschaft hören! Und ich verspreche euch, die Botschaft wird den Tod für die Bruderschaft und für die Töter bedeuten und Freiheit für alle …“
    Seine Stimme ging in dem Ruf unter: „Tod den Tötern! Tod der Bruderschaft! TÖTEN ! TÖTEN ! TÖTEN ! TÖTEN ! TÖTEN !“
    Vergeblich versuchte Fraden, sie wieder zum Schweigen zu bringen. Er wollte sie daran erinnern, daß sie das Gehörte weitergeben sollten. Aber es hatte keinen Sinn, sie waren nicht mehr in der Lage zuzuhören.
    Die öffentliche Speisehalle hatte sich in ein brodelndes Chaos aus gestikulierenden, springenden, tanzenden Wahnsinnigen verwandelt. Immer wieder schreien sie mit einer einzigen Stimme „ TÖTEN - TÖTEN - TÖTEN “. E S war die Stimme eines blutdürstigen Raubtiers.
    Fraden stieg vom Tisch herab, zögerte, dann drang er umgeben von seinen Wachen in den Mahlstrom ein.
    Sie würden die Kunde verbreiten, das wußte er. In drei Tagen würde die Stadt bereit sein, das Stadion mit den Fingernägeln zu zerreißen, wenn er den Befehl dazu gäbe. Die Falle war gespannt.
    Moro und die Bruderschaft würden niedergemetzelt werden. Die Armee wäre im Stadion, und Willem würde – umgeben von seinen Herogynsüchtigen – glauben, daß er die Lage in der Hand hätte. Dann würde er das versuchen, was er im Schilde führte …
    Doch plötzlich würde die ganze Stadt zum Tor hereinströmen, Menschen, die nur ihm, Fraden, ergeben waren. Er war ihr Held, ihr Präsident – sie würden jedermann, auf den er mit dem Finger zeigte, begierig in Stücke reißen.
    In drei Tagen wird Sangre mir gehören, mir allein!
    Inzwischen hatten die Sadianer in ihrer brüllenden Raserei begonnen, die Körper von den Tischen zu reißen. Sie schwärmten zu den Leichenhaufen herüber wie ein Termitenvolk und taten den toten Körpern all das an, was sie den verhaßten Brüdern am Schmerzenstag anzutun gedachten. Während der ganzen Zeit hallte das durchdringende „ TÖTEN ! TÖTEN ! TÖTEN !“ von allen Wänden des rauchgeschwärzten Raumes wider. Das Flackerlicht der Fackeln beleuchtete Szenen, wie sie sich sonst im untersten Verlies der Hölle abspielen mochten.
    Wieder stieg in Fraden Übelkeit auf, stärker diesmal, fast unüberwindlich. Er trieb seine Wachen schneller und schneller vorwärts.
    „Los, los!“ grunzte er mit angespannten Halsmuskeln. „Wir müssen hier raus!“
    Bereitwillig, fast genießerisch bahnten ihm die Wachen mit den Gewehrkolben einen Weg durch die schreienden, rasenden Sadianer.
    Endlich waren sie draußen. Der Tumult im Speisesaal war nur noch ein fernes Echo, das die dunklen Gassen zurückwarfen. Der Verwesungsgeruch war nur noch eine schwache Erinnerung in Fradens Nasenwurzel.
    Die frische Luft der Straße traf Fradens Magengrube wie ein Schlag.
    Er sprang von seinen Männern weg, würgte, übergab sich. Er blickte zu Boden und stellte fest, daß sein Erbrochenes auf einen widerwärtigen Haufen vermischten Unflats fiel, aus dem ein menschlicher Schädel bleich

Weitere Kostenlose Bücher