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Die Bruderschaft des Schmerzes

Die Bruderschaft des Schmerzes

Titel: Die Bruderschaft des Schmerzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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nichts gesagt und …“
    „Wer bin ich denn? Das ahnungslose Rotkäppchen im dunklen Wald?“ schnappte Sophia. „Bin ich vielleicht dein Beichtvater – drei Ave-Maria und einen Konfö-Dollar in den Opferstock, bitte? Eine Sache ist gewiß, und alles andere sind Lügen: Du kannst niemandem etwas erzählen, was er nicht hören will. Mach dich nicht über mich lustig, Bart Fraden! Du siehst einfach lächerlich aus, wenn du dich vor die Brust schlägst und mea culpa schluchzt. Du kannst Schuld nicht einmal dann von deinem eigenen Hintern unterscheiden, wenn du eine Straßenkarte benutzt! Du hast Angst, das ist es! Warst du es nicht, der zu mir gesagt hat: Sieh dich niemals um, es könnte dich etwas einholen? Jetzt hast du dich also einmal umgesehen, und was du da siehst, gefällt dir nicht. Willkommen im Klub, ehrwürdiger Führer! Willkommen in der menschlichen Rasse!“
    „Willst du etwa sagen, daß du es die ganze Zeit gewußt hast und trotzdem …“
    „Trotzdem was?“ schrie sie. „Leg mir keine Wörter in den Mund! Versuch das nicht bei mir! Ich habe mit Mördern und Dieben zusammengelebt, ich habe meinen Körper für eine Mahlzeit verkauft! Wie soll ich über dich richten? Wir haben eine Geschäftsvereinbarung getroffen, Bart Fraden: Du brauchst mich, und ich brauche dich. Wir sind Trophäen auf dem Kaminsims des anderen. Wir leben beide in demselben Dschungel; wenn du ein Ungeheuer bist, was macht mir das aus? Du wußtest doch auch, wer ich bin, als du mich … äh … angeheuert hast: eine Mieze, die einen Mann sucht, der es versteht, oben zu bleiben. Und ich wußte, wer du warst: ein Mann, der sich seinen Weg nach oben mit den Klauen bahnen würde und der oben bleiben würde, auf die eine Art oder die andere! Nur weil ich wußte, daß du getötet hast und trotzdem …“ Ihre Stimme kippte über. „Nur weil ich bei dir geblieben bin, obwohl … Nur weil wir zur selben Rasse der Ungeheuer gehören … Nur weil du der einzige Mann bist, dem ich je begegnet bin, der … Bart …“ Ihre Stimme erstarb zu einem leisen Wimmern.
    „Wer lügt denn jetzt?“ fragte er. „Sophia O’Hara, so hart wie Stahl! Du verlogene Nutte, ich liebe dich, du kleine Lügnerin. Was soll ich tun, ich bin verliebt … Wer kann das schon brauchen, aber ich kann nichts dagegen tun. Ich bin hier so allein, so allein … Plötzlich kenne ich mich nicht mehr aus. Ich weiß nur, daß ich dich liebe, und wenn ich dich verlieren würde … Du kannst mir weh tun, Sophia. Zum erstenmal in meinem Leben gibt es jemanden, der mich verletzen kann …“
    Plötzlich stürzte sie auf ihn zu, schlang die Arme um seinen Nacken und vergrub ihr Gesicht an seiner Brust. „Dich verletzen“, stammelte sie, „ich könnte dich nicht verletzen, wenn du mit einem Schlachtermesser hinter mir her wärst. Oh, was bin ich doch für ein Idiot, was für ein verdammter Einfaltspinsel! Wir hatten eine so schöne Geschäfts vereinbarung getroffen, und jetzt bin ich plötzlich von dir abhängig! Nicht von dem, was ich von dir brauche, so wie jede Frau mit Gefühl, nein, es sind lächerliche Alltäglichkeiten, in die ich mich vergafft habe wie ein dummes Mondkalb: dein Körper, die Art, wie du gehst. Lächerlich! Nichts! Nichts! Nichts! Ein erstklassiger Mann und eine erstklassige Frau, ach was, Pustekuchen! Wir könnten zwei Ungeheuer sein, und es wäre ganz genauso! Du könntest ein Penner sein, und ich könnte dich doch nicht verlassen. Mir ist es egal, was du bist, was du getan hast und was du tun wirst! Ich muß so lange bei dir bleiben, wie du mich haben willst. Ich hoffe, daß du mich ewig brauchen wirst, denn das ist alles, was ich zu geben habe, und das ist alles.“
    „Soph, versuchst du etwa …“
    „Ich erzähle dir gerade, daß ich dich liebe, du Trottel!“ schluchzte sie. „Es ist ein blödes Wort, ich hasse es! Ich hasse es! Ich hasse es! Aber ich kann nichts daran ändern, ich liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich … Hat das überhaupt schon jemals jemand zu dir gesagt?“
    Fraden sah mit einem verschwimmenden Blick zu ihr hinab. Er fühlte sich jung und lebendig, er fühlte sich alt und verbraucht. Er hob ihr Gesicht an und betrachtete es wie einen seltenen Edelstein. Sie weinte, und er hatte sie noch niemals weinen sehen. Niemand hatte je seinetwegen geweint. Er fühlte sich an sie gebunden, und das wollte er nicht fühlen, doch er wußte, daß es überhaupt keine Rolle spielte, was er fühlen wollte.
    Er trug sie zum Bett

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