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Die Bruderschaft des Schmerzes

Die Bruderschaft des Schmerzes

Titel: Die Bruderschaft des Schmerzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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Omnidren abhängig war, würde über kurz oder lang schlapp und nachlässig werden.
    „Das ist der Stoff“, sagte Fraden und hielt Moro den Plastikbeutel entgegen. „Es ist vermutlich das stärkste Narkotikum, das die Menschheit je gekannt hat. Eine Dosis bedeutet fünf Stunden im Paradies; es macht nicht süchtig, und es gibt keine physiologischen Nebeneffekte. Sie können es schnupfen, essen oder spritzen. Eine Injektion wirkt natürlich am schnellsten; wenn Sie es sofort ausprobieren möchten – ich habe eine Spritze mitgebracht …“
    Moros Augen glitzerten gierig. Er streckte seine feiste Hand nach dem Plastikbeutel aus, dann zögerte er und zog sie zurück.
    „Nicht so hastig“, sagte er und sah Fraden aus schmalen Augenschlitzen an. „Sie haben mir nicht getraut, und ich wüßte nicht, warum ich Ihnen trauen sollte. Schließlich könnte es Gift sein.“
    „Welche Überlebenschance hätte ich, wenn ich Sie vergiftete?“ fragte Fraden.
    „Keine“, gab Moro zu. „Aber ich weiß nichts von Ihnen. Es könnte sein, daß Sie auf eine … äh … exotische Art Ihr Vergnügen suchen. Sie nehmen die Droge zuerst ein.“
    Fraden schluckte schwer. Ein Schuß würde ihn nicht süchtig machen, das wußte er, aber wenn man unter Einfluß von Omnidren Geschäfte machte, konnte es einem passieren, daß man splitternackt nach Hause ging. Zur Abwechslung war in diesem Fall Ehrlichkeit das beste Mittel.
    Er lächelte wissend. „Nicht ungeschickt“, sagte er. „Wir spielen sowieso auf Ihrem Platz, und jetzt wollen Sie auch noch mit mir verhandeln, während ich mit Omnidren vollgedröhnt bin. Ein Schuß Omnidren, und mir wird jedes schäbige Angebot von Ihnen wie ein großes Geschäft vorkommen. Nein, Sir, wenn Sie wollen, daß ich es nehme, dann setzen Sie sich auch einen Schuß. Dann stehen wir wieder gleich.“
    Moros speckiges Gesicht verzerrte sich in wildem Zorn, doch dann entspannte es sich augenblicklich wieder. „Sie sehen ja wohl ein, daß ich Sie einfach zwingen könnte, es einzunehmen“, sagte er mit einem Schulterzucken. „Aber warum sollen wir uns streiten, während hier Mengen von nutzlosen Sklaven herumlaufen, die doch nur für die öffentliche Speisekammer taugen?“ Er drückte eine Taste auf seinem Kontrollpult. „Einen Sklaven!“ kommandierte er. „Einen alten, und zwar sofort!“
    „Während wir warten, können Sie sich ruhig stärken!“ Er zeigte herablassend auf den Braten auf seinem Tisch.
    „Wenn es Ihnen nichts ausmacht“, sagte Fraden. „Soph, wie wär’s?“
    „Was immer es sein mag, wenigstens ist es keine von diesen widerwärtigen R-Rationen. Für richtiges Essen könnte ich sterben, Bart. Schneide mir auch eine Scheibe ab.“
    Mit einem Messer, das neben der Bratenplatte lag, schnitt Fraden zwei dicke Fleischscheiben ab und reichte eine an Sophia weiter. Während er das Fleisch zerteilte, sah er an dem widerwärtigen Grinsen auf Moros Gesicht, daß dieser seine Aufmerksamkeit wieder dem schrecklichen Schauspiel auf dem Bildschirm zugewandt hatte. Fraden hob das Bratenstück an den Mund und vermied es dabei sorgfältig, zu dem Gemetzel hinzusehen. Das Fleisch roch angenehm und schmackhaft. Er nahm einen Bissen. Die Fleischfasern erinnerten ihn an Hammelbraten, doch das Bratenstück war so angenehm zart wie Schweinefleisch – vielleicht ein wenig zu salzig. Insgesamt war es durchaus nicht übel, dachte er. Es ist schade, daß Ah Ming nicht hier ist, der würde es sicher einfallsreicher zubereiten.
    Fraden hatte die erste Scheibe verspeist und wollte gerade eine zweite abschneiden, als die Wachen einen gebeugten, abgemagerten alten Mann mit weißen Haaren hereinführten, der nur mit einem Lendenschurz bekleidet war. Der ganze Körper des Mannes war mit Narben bedeckt. Fraden war der Appetit vergangen, und er sah, daß auch Sophia zu essen aufgehört hatte.
    „Geben Sie ihm einen Schuß!“ befahl Moro.
    Fraden löste etwas Omnidren in einem Röhrchen mit destilliertem Wasser auf, das er in der Tasche gehabt hatte, zog die Lösung auf eine Spritze auf und injizierte sie in eine dick aufliegende Vene am linken Arm des Mannes, der die Prozedur teilnahmslos und ohne zu protestieren über sich ergehen ließ.
    Fast im gleichen Augenblick verzog sich das Gesicht des Mannes zu einer Maske äußerster Glückseligkeit. Er grinste närrisch und wurde so schlaff, daß ein Wächter ihn stützen mußte. Der Alte sah sich im Zimmer um, von den Wachen zum Bildschirm, und strahlte und

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